
© Tilmann Warnecke
Iftar im Hoven in Berlin-Neukölln: „Ein muslimisches Fastenbrechen in einem queeren Café – das gab es noch nie“
Ein besonderer Abend in Neukölln: Zum ersten Mal fand am Montag im queeren Café „Das Hoven“ das traditionelle Fastenbrechen statt. 120 Menschen kamen.
Stand:
Eine Dragqueen steht am Eingang des queeren Restaurants „Das Hoven“ in der Pflügerstraße 19 in Neukölln. An ihr läuft eine Frau mit Kopftuch vorbei. In ihren Armen trägt sie eine Aluschale mit Essen. Sie bahnt sich ihren Weg durch das bereits gut gefüllte Restaurant Richtung Buffet. Viele Anwohner*innen und Stammgäste sind da. Denn an diesem Montagabend findet im Hoven ein Iftar, das traditionelle Fastenbrechen im Ramadan, statt – zum ersten Mal.
„Hier kommen heute alle zusammen – liberal, jüdisch, christlich, muslimisch, konservativ. Wir zeigen, dass es geht“, sagt Imamin und Frauenrechtlerin Seyran Ateş von der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee. Sie hat das queere Fastenbrechen gemeinsam mit Hudhaifa Al-Mashhadani von der säkularen Deutsch-Arabischen Schule Ibn Khaldun organisiert. Die beiden Einrichtungen wollen sich solidarisch mit dem queeren Restaurant und Café zeigen.

© Masha Slawinski
Das Hoven wurde in der Vergangenheit wiederholt Ziel queerfeindlicher Angriffe. Mehrfach erlebten die Mitarbeiter*innen Anfeindungen. Es wurde eingebrochen, die Räumlichkeiten verwüstet, Scheiben eingeschlagen und das Gebäude mit Nazi-Parolen beschmiert. Für den Betreiber Danjel Zarte und sein Team bedeutet das nicht nur Angst im Arbeitsalltag, sondern auch erhebliche Umsatzeinbußen. Deswegen haben Moschee und Sprachschule die 400 Euro, die ihnen für die Veranstaltung vom Bezirksamt zur Verfügung gestellt wurden, an das Hoven gespendet.

© Masha Slawinski
Der Besitzer Zarte zeigt sich gerührt von der Unterstützung und dem großen Andrang an diesem Abend. 120 Leute hätten sich vorab angemeldet. Innerhalb von zehn Tagen hätten sie die Feierlichkeiten auf die Beine gestellt. „Ich bin ganz nervös“, sagt er.

© Masha Slawinski
Um 18.08 Uhr eröffnet Seyran Ateş das Buffet. „Moment, noch nicht essen! Iftar ist doch erst um 18.20 Uhr“, sagt sie mit einem Blick auf ihr Handy. Denn während des Fastenmonats Ramadan darf erst gegessen werden, wenn die Sonne untergegangen ist.
Traditionell brechen Muslim*innen ihr Fasten während des Ramadans mit Datteln. Güner Yasemin Balci, die Integrationsbeauftragte des Bezirksamts Neukölln, nimmt sich ein Dattelbällchen von einem Teller. „Ein muslimisches Fastenbrechen in einem queeren Café – das gab es noch nie. Das ist etwas ganz Besonderes“, sagt sie.
Neben Dattelbällchen stehen auf den Buffet-Tischen Schalen mit Salaten, Teigtaschen, Köfte und Weinblättern. Sich einen Weg zum Essen zu bahnen, ist an diesem Abend gar nicht so leicht.
Hinter einem der Tische steht die 18-jährige Shireen. Sie macht gerade ein Praktikum an der Deutsch-Arabischen Schule. „Ich bin selbst queer und für mich ist es schön zu sehen, dass heute diese beiden Welten zusammenkommen“, sagt sie. Sie selbst sei Atheistin.
Dass sie queer und atheistisch ist, habe sie in der Sprachschule mit einem guten Gefühl erzählen können. „Für mich ist es ein Safe Space“, sagt sie. Mit ihrer eigenen Familie sei es allerdings nicht so leicht – die sei gegen die LGBTQ-Community. So richtig unterstützen würde sie nur ihre Schwester, die an diesem Abend ebenfalls anwesend ist.

© Masha Slawinski
Atheistisch und queer sein und ein religiöses Fest feiern, muss sich nicht zwangsläufig widersprechen – das findet auch Kaey. Sie ist die Assistentin der Geschäftsführung des Hoven und aus der Berliner Dragszene bekannt. „Ich habe gar keine Verbindung zur Religion – aber man kann sich trotzdem respektvoll begegnen“, sagt sie. Und dieser Abend ist der beste Beweis, dass aus solch einer Begegnung etwas Wunderschönes entstehen kann.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: