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150 Elektrofahrzeuge will das Unternehmen Enuu auf Berlins Straßen stellen.

© enuu

„Innenstadtwege drohen noch öfter zu kollabieren“: Mit diesem fahrenden Ei will ein Start-up Berlin erobern

Mit einem neuen Mini-Auto drängt das Mobilitäts-Start-up Enuu auf Berlins Straßen. Der Fußgängerverband schimpft über verstopfte Gehsteige.

Ist das ein Auto? Ganz klar wird auf den ersten Blick nicht, was sich hinter den neuen Fahrzeugen verbirgt, die seit vergangener Woche auf Berlins Straßen stehen. Sie stammen vom Schweizer Start-up Enuu. Das Unternehmen will damit die nächste Form der Mikromobilität in der Hauptstadt etablieren. „Für uns ist die Vision gewesen, das Beste von einem Fahrrad mit dem Besten von einem Auto in einem Produkt zusammenzubringen“, sagt Co-Gründer Luca Placi.

Herausgekommen ist ein Mini-Auto, eine Kapsel auf vier Rädern mit Platz für eine Person. Im Innern gibt es eine Lenkerstange, der Elektromotor lässt das Gefährt auf bis zu 30 Stundenkilometer beschleunigen. Wer mit dem Fahrzeug unterwegs sein will, muss daher einen Führerschein der Klasse AM besitzen und mindestens 18 Jahre alt sein, erklärt Placi.

Der Mitgründer will mit dem Vehikel eine Lücke im Angebot städtischer Sharing-Dienste schließen und für neue Gruppen öffnen: „Mit so einem Fahrzeug können nicht nur junge, dynamische Leute fahren, sondern auch ältere Personen und Menschen mit Behinderung.“ Zur Sicherheit trage bei, dass die Fahrzeuge über Sicherheitsgurte, Blinker und Spiegel verfügen. Die Kosten liegen pro Minute bei 19 Cent.

Verfügbar ist der Dienst derzeit nur in Mitte und Kreuzberg. „Das Ziel ist, die Flotte bis Ende Juni auf 165 Fahrzeuge zu expandieren“, sagt Placi. Bis zum Frühjahr 2022 sollen es dann schon 500 der fahrenden Eier sein, die in der ganzen Stadt angeboten werden sollen.

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Allerdings sorgt das Angebot bereits nach wenigen Tagen auf den Berliner Straßen für Ärger. Über Probleme berichtet der Fußgängerverband FUSS e.V. Anders als E-Scooter zählen die Vehikel nicht zu den Elektrokleinstfahrzeugen und dürfen daher nicht auf Gehwegen abgestellt werden. Das jedoch geschehe zuweilen.

In der Schweiz hat sich Enuu aus drei Städten wieder zurückgezogen

„Enuu-Fahrzeuge stehen illegal und geballt auf Gehwegen, mal fünf Fahrzeuge am Potsdamer Platz, mal drei am Tempelhofer Ufer oder auf den Askanischen Platz“, sagt der Vorsitzende Roland Stimpel. Auch in seiner App verschweige das Unternehmen, dass die Fahrzeuge nicht auf Geh- und Radwegen fahren und parken dürfen. „Die ohnehin mit Leihfahrzeugen und Gastronomie verstopften Innenstadt-Gehwege drohen so noch öfter zu kollabieren“, urteilt Stimpel.

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Angesprochen darauf gibt sich Enuu-Gründer Placi problembewusst. „In den ersten Monaten gibt es immer die Lernphase der Nutzer, wo sie parken dürfen. Wir investieren so viele Ressourcen wie möglich, dass die Leute wissen, wie sie damit umgehen müssen.“ Das Thema Parken werde von den beauftragten Dienstleistern regelmäßig angeschaut. „Sollte es ein Problem geben, können wir innerhalb von 24 Stunden reagieren, in Notfällen in einer halben Stunde.“

Korrektur: In einer früheren Version hieß es, dass die Fahrzeuge über Pedale verfügen. Das ist nicht zutreffend.

In der App gebe es zudem eine Anleitung, wo erklärt werde, wie und wo die Fahrzeuge abgestellt werden dürften, zudem befänden sich Sticker mit den wichtigsten Informationen in den Vehikeln. Auf der Internetseite findet sich unter dem Punkt „Sicherheit und Respekt“ dazu jedoch lediglich der Satz: „Halten Sie sich immer an die Straßenverkehrsgesetze.“ Auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet sich kein Hinweis dazu, wo das Fahren und Parken verboten ist.

In der Schweiz, woher das Unternehmen stammt, hat es bereits einige Probleme gegeben. Die Stadt Zürich ordnete im vergangenen Jahr die Beseitigung von 130 der 150 Enuu-Fahrzeuge in der Stadt an. Mittlerweile hat sich die Firma aus allen drei Schweizer Städten zurückgezogen, in denen sie zuvor aktiv war. „Die drei Standorte sind im Moment pausiert“, sagt Placi. Man wolle das Betriebsmodell umstellen. Die volle Konzentration des Unternehmens liegt jetzt erst einmal auf Berlin.

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