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Auch das noch: Jetzt könnte es auch noch wegen der Flugrouten Ärger mit Brüssel geben.

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Update

Deutschland droht Ärger mit Brüssel: Jetzt auch Verschiebung der Flugrouten?

Dem BER und seinen Planern droht jetzt auch noch Ärger aus Brüssel, der EU-Umweltkommissar will juristisch gegen Deutschland vorgehen. Die Begründung: Die Folgen der neuen Flugrouten für Natur und Umwelt seien nicht geprüft worden.

Neuer Paukenschlag um den Schönefelder Pannen-Flughafen: Diesmal geht es um ohnehin umstrittenen An- und Abflugrouten des künftigen BER, besonders im Südosten Berlins. Die EU droht der Bundesrepublik Deutschland mit der Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens, weil etwa die neuen Flugrouten über den Müggelsee oder über die Nuthe-Nieplitz-Niederung im Beelitzer Raum gegen EU-Recht verstoßen. Das geht aus internen Brüsseler Dokumenten hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen.

Der Grund: Behörden der Generaldirektion Umwelt halten die 2012 vom Bundesamt für Flugsicherung festgelegten, teils vom Planfeststellungsbeschluss abweichenden Flugrouten, die jetzt über EU-Vogelschutzgebiete (FFH) mit dort lebenden Fischadlern, Kranichen, Weißstörchen oder Fledermäusen führen, nicht für EU-rechtskonform. Und zwar, weil es anders als bei den Ursprungsrouten hier keine Umweltverträglichkeitsprüfung gab. Hintergrund ist eine Beschwerde des Anti-Fluglärm-Bürgervereins Friedrichshagen und der Berliner Grünen Liga bei der EU.

Die Formulierung im Brüsseler Dokument vom 8. Januar 2013 ist eindeutig: „Die Kommissionsdienststellen sind der Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung der endgültigen Flugrouten in der Umweltverträglichkeitsprüfung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung für den Ausbau des Berliner Flughafens gegen die Richtlinien 2011/92/EU und 92/43/ EWG verstößt und beabsichtigen, die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vorzuschlagen“. Ob es dazu kommt, hat die Kommission aber noch nicht entschieden. Der Vorgang bringt mitten im BER-Fiasko weitere Unruhe. Welche Konsequenzen eine solche EU-Intervention haben könnte, ist umstritten. Brandenburgs Verkehrsministerium und die Flughafengesellschaft verwiesen auf den für die Flugrouten zuständigen Bund. Das Bundesverkehrsministerium wollte die EU-Drohung „nicht kommentieren, da dem Bund seitens der EU offiziell nichts vorliegt“, sagte Sprecher Sebastian Rudolph. Regierungskreise im Bund gehen aber davon aus, dass ein EU-Vertragsverletzungsverfahren sich über Jahre hinziehen würde und bis dahin die Routen geflogen werden dürfen.

Die Routen sind „nach geltendem nationalem Recht festgelegt“, betont Axel Raab, Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS). Danach sei bei Flugrouten keine Umweltprüfung nötig. Wie es weitergehe, hänge von der Bundesregierung ab. Sollte die EU sich durchsetzen, hätte das weitreichende Folgen. Dann müssten nach Worten von Raab entweder Umweltverträglichkeitsprüfungen für die Routen nachgeholt oder „die Flugrouten um den BER noch einmal neu festgelegt, das Prozedere der Abstimmungen mit der Fluglärmkommission wiederholt werden“. Er wies darauf hin, dass es ein austariertes Gesamtsystem sei, nicht einzelne Flugrouten gestrichen werden könnten, zumal man Belastungen verschiebe. Es sei kaum sinnvoll, wenn am Ende „noch mehr Leute betroffen wären, um die Natur zu schützen.“

Dagegen rügte der Berliner Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer, dass die „zuständigen Behörden Berlins, Brandenburgs und des Bundes erneut schwere Fehler bei der Planung des BER gemacht“ haben. Dass man bei der einseitigen Veränderung der Flugrouten die Umwelt nicht berücksichtigt habe, „stehe in krassem Widerspruch zu europäischem Recht“, so Cramer. Er erinnerte daran, dass schon beim Lärmschutz gegen den

Planfestellungsbeschluss verstoßen worden war, was erst durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestoppt wurde. Nun habe man bei den Flugrouten offenbar „Kosten sparen“, „Widerstände in der Bevölkerung vermeiden“ wollen und daher wieder einen Rechtsbruch in Kauf genommen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wies die Vorwürfe in der „Abendschau“ zurück. Die Flugrouten seien allein von den Bundesbehörden festgelegt worden.

Die Rechtsanwälte Wolfgang Baumann und Franziska Heß, die die EU-Beschwerde ausgearbeitet haben, schließen im Fall eines Bescheides aus Brüssel weitere Verzögerungen am BER durch nachzuholende, Jahre dauernde Prüfverfahren nicht aus. Sie setzen darauf, dass die EU die Aufnahme der Flüge auf diese Routen verbietet.

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