
© KPM Stefan Szczesny
„Junger Wilder“ im Porzellanladen: Künstler Stefan Szczesny bemalt jetzt KPM-Vasen
Eigentlich ist Stefan Szczesny Bildhauer und Maler, er schreckt aber auch vor dem Kunsthandwerk nicht zurück. Exklusiv durfte ihn der Tagesspiegel bei einem Ausflug in die Werkstätten der KPM begleiten.
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Keramik ist kein Neuland für den Bildhauer und Maler Stefan Szczesny, immer wieder arbeitete er mit dem Material. Eines seiner bekanntesten Werke etwa, der Beitrag zur Expo 2000 in Hannover, ist die „Weltkarte des Lebens“, eine riesige Installation aus zwölf großformatigen Keramikwandbildern. Glaubt man dem Künstler, ist es das größte jemals geschaffene Werk dieser Art.
25 Jahre später sitzt der inzwischen in Saint-Tropez lebende Szczesny in den Berliner Werkstätten der Königlichen Porzellanmanufaktur (KPM) am Tiergarten und arbeitet großflächig an Kleinformatigerem. Für das Traditionshaus bemalt er aktuell Vasen und Schalen mit Szczesny-typischen Motiven: mit reduzierten Blüten, lachenden Sonnen und Umrissen des weiblichen Körpers. Schwungvoll, monochrom und scheinbar spontan bepinselt er die ikonischen Porzellanobjekte.
Bewusst dekorativ nennt der studierte Archäologe seine Arbeitsweise. Er ziehe die Grenze zwischen Kunst und Kunsthandwerk anders, als viele es tun: „Ich kenne keine Tabus“. Letztlich durchdringt dieses Kredo sein gesamtes Oevre, ihm geht es um eine lebensbejahende Einstellung zur Kunst, Szczesny hat den intrinsischen Anspruch, die Welt schöner zu machen.
„Was bei der Musik normal ist, den Rezipienten aufzubauen, scheint in der Bildenden Kunst schwierig“, stellt er fest, „oft behandelt sie Abgründe und Probleme“. Da möchte er sich mit seinem Werk nicht mehr einreihen. Die Leichtigkeit, die seine Herangehensweise heute ausmacht, musste er sich erst erarbeiten: „Mit 27 habe ich zwar auch schon viel und intensiv gearbeitet, aber da fiel mir das Loslassen noch schwerer“.
Abstrakte Renaissance
Man mag es zunächst kaum glauben – seine schnelle, reduzierte Pinselführung scheint dem zu widersprechen –, aber Szczesny orientiert sich an den Künstlern der Renaissance. Zumindest sagt er das. Auch den alten Meistern sei es um die Perfektion von Schönheit gegangen und auch sie hätten sich auf kein Medium beschränken lassen. Malerei, Textil, Skulptur, Architektur und Mode, ein guter Künstler musste und wollte in allen Formgestaltungen bewandert sein. Fast schon poetisch fasst Szczesny seine künstlerische Verankerung zusammen: „Ich möchte in der Geschichte leben und nicht aus ihr herausfallen“.

© KPM Stefan Szczesny
Tatsächlich ist er selbst Teil der jüngeren Kunstgeschichte: Zunächst gilt der 1951 in München geborenen als einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten „Jungen Wilden“, einer Gruppe Künstler, die sich in den späten 70ern und frühen 80ern als Gegenbewegung zur damals vorherrschenden konzeptuellen und minimalistischen Kunst formierten. Als Schlüsselmoment der neuen Strömung gilt die Ausstellung „Rundschau Deutschland“ 1981 in München, die von Szczesny initiiert wurde.
In seiner späteren künstlerischen Entwicklung wandte er sich von der abstrakten Kunst ab und setzte stattdessen auf eine expressive, farbenfrohe Figuration mit mediterranem Einfluss. Zur lebensbejahenden, dekorativen Form, die, da sind wir wieder, keine Tabus kennt. Und so reiht sich die Kooperation mit der KPM in eine Vielzahl ähnlicher Projekte ein, die Szczesny mit den unterschiedlichsten Modemarken, Architekten und Unternehmen realisierte.

© KPM Stefan Szczesny
Auch bei KPM ist er nicht zum ersten Mal: Im Rahmen einer Geschichte für Fernsehen habe er 2013 einen Tag hier gearbeitet, so Sczcesny. Die Zusammenarbeit heute, deren Ergebnisse ab dem 20. Juni im KPM-Showroom am Kurfürstendamm 32 der Öffentlichkeit präsentiert werden, entstand ganz unbürokratisch, erzählt er: „Ich kenne den KPM-Chef Jörg Woltmann schon länger, er kommt oft zu meinen Vernissagen. Auf der letzten haben wir uns danach getroffen und das Projekt vereinbart“.
Mit Berlin verbindet ihn viel: Abgesehen davon, dass er viele Jahre ein Atelier in der Hauptstadt führte, widmete ihm kürzlich das Kunsthaus Artes eine umfangreiche Ausstellung. Außerdem, natürlich unvergessen, sein gigantisches Deckengemälde im restaurierten Lindencorso.
Und wer sich schon vor der großen KPM-Ausstellung Szczesnys Werk widmen möchte, dem sei zum Gallery Weekend (2. bis 4. Mai 2025) ein Besuch in der Galerie Mond in der Bleibtreustraße 17 empfohlen.
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