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Wegners Reise aus Warschau.
Bei dem Foto mit der Skyline ist der Credit Senatskanzlei und der Herr in Olivgrün ist der Bürgermeister von Konotop Artem Semenikhin.

© Senatskanzlei

Kai Wegners neue Städtediplomatie: Berlin bekommt eine Bedeutung, die Giffey der Stadt nicht gegeben hat

Der Fokus von Franziska Giffey lag stark auf Berlin – wohl oft zu stark. Kai Wegner will die Strahlkraft der Stadt künftig öfter im Ausland nutzen. Im Idealfall stößt er einen wichtigen Wandel an.

Ein Kommentar von Christian Latz

Vor der Kulisse der vorbeifließenden Weichsel standen sie beim Pressetermin der Konferenz des Pakts der Freien Städte in Warschaus Zentrum zusammen – und in ihrer Mitte Kai Wegner. Es war ein Termin ganz nach dem Geschmack des CDU-Politikers: Berlins Regierender umgeben von mehr als einem Dutzend Stadtoberhäuptern aus ganz Europa. Und immer wieder richteten sich alle ihre Blicke auf ihn, den Bürgermeister einer der wichtigsten Städte des Kontinents.

Es ist diese Strahlkraft Berlins, die der frisch ins Amt gewählt Wegner nun öfter nutzen möchte, um auch international Zeichen zu setzen – und damit eine Rolle ausfüllen will, die seine Vorgängerin Franziska Giffey (SPD) vernachlässigt hat.

Es war Zufall, dass Wegner ausgerechnet am Sonntag zu seiner ersten Auslandsreise nach Warschau aufbrach, dem Tag der größten Proteste gegen die rechtspopulistische polnische Regierung seit vielen Jahren. Doch in seine Erzählung passte es perfekt.

Während das Verhältnis zwischen Deutschland und dem politisch nach rechts driftenden Polen in den vergangenen Jahren immer weiter abgekühlt ist, versucht Wegner mit seinem Besuch des liberalen Warschaus eine neue Verbindung in Deutschlands zweitgrößtes Nachbarland aufzubauen.

Neue Dimension über die Stadt hinaus

Ein Muster, das Wegner nun weiter nutzen will: Als Nächstes plant er eine Reise in die Berliner Partnerstadt Istanbul. Auch zur Türkei ist das Verhältnis in den vergangenen Jahren abgekühlt. Wegner will durch ein Wiederaufleben der Beziehung zwischen den beiden modernen Metropolen zeigen, dass Deutsche und Türken trotz der schwierigen politischen Situation vieles verbindet.

Dass man das zuletzt übersehen konnte, liegt laut Wegner auch an einer Städtepartnerschaft, die „nicht die am besten gepflegte“ sei. Ein indirekter Vorwurf an die ehemalige Regierende Franziska Giffey.

Tatsächlich lag der Fokus der Sozialdemokratin stark auf Berlin – wohl oft zu stark. Als Regierende, die auch mal über der Tagespolitik stehen könnte, begab sie sich in jede noch so kleine, lokale Debatte. Eine über die Stadt hinausreichende Dimension ihres Amts füllte Giffey nicht aus.

Genau diese Leerstelle hat Wegner erkannt und will sie seinerseits nun füllen. Er hat ein Gespür für das Symbolhafte. Es erfordert oftmals nur eher einfache Schritte. Und ob sie nachhaltig etwas verändern, bleibt zunächst offen.

Doch der neue Regierende transportiert damit eine Menge. Im Idealfall stößt er damit tatsächlich einen wichtigen Wandel an. Womöglich gibt er Berlin damit international eine neue Bedeutung.

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