zum Hauptinhalt
Thorsten Willenbrock, Co-Chef der Buchhandlung" Kisch & Co.", steht vor seinem Laden. 

© dpa

Update

Kampf um Berliner Kiezbuchladen: „Kisch & Co.“ in Kreuzberg soll am 24. August geräumt werden

Der Buchladen in der Oranienstraße wurde vor Jahren zu einem Symbol im Kampf gegen die Gentrifizierung. Nun sieht es so aus, als müsste er endgültig weichen.

Der Termin für die Räumung des Buchladens „Kisch & Co.“ in der Kreuzberger Oranienstraße steht fest: Der Gerichtsvollzieher hat den 24. August ab 8.15 Uhr festgelegt, sagte Inhaber Thorsten Willenbrock dem Tagesspiegel. Den Laden von sich aus zu übergeben, kommt für „Kisch & Co.“ nicht infrage.

„Wir werden nicht freiwillig gehen“, sagt Willenbrock, der seit über einem Jahr für den Verbleib kämpft. Seit 24 Jahren ist die traditionsreiche Filiale in der Oranienstraße ansässig. Zum Räumungstermin hofft der Inhaber auf die Unterstützung und den Protest von Mietinitiativen und Anwohner:innen. „Bisher ist der Zuspruch so, dass unsere Kundinnen und Kunden kommen wollen.“ Bücher und Einrichtung aus dem Laden räumen wollen die Inhaber allerdings schon vorher – eine vom Gerichtsvollzieher veranlasste Räumung sei zu teuer.

Bereits Ende April wurde der Klage des Eigentümers – der Fonds „Victoria Immo Properties V S.a.r.l.“ mit Luxemburger Adresse – vom Landgericht Berlin stattgegeben. Ein Räumungstermin stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Die Zivilkammer begründete ihre Entscheidung damit, dass der Buchladen seit Juni 2020 ohne Mietvertrag sei.

Der Anwalt von „Kisch & Co.“ hatte im April vergeblich versucht, das Gericht davon zu überzeugen, das Kündigungsrecht für Mieter:innen einer Wohnung auf jenes von Gewerbetreibenden anzuwenden. Für Kleingewerbetreibende fehle bisher ein ausreichender Schutz vor Mieterhöhung oder Entmietung. Es sei allerdings Aufgabe der Politik, zum Schutz von Gewerbetreibenden tätig zu werden und Gesetze zu ändern, sagte ein Richter der Kammer. 

Gerichtsverhandlung im April unter hohen Sicherheitsvorkehrungen

Berufung gegen das Urteil hatte Kisch & Co. nicht eingelegt. „Das war komplett aussichtslos“, sagt Willenbrock und verwies auf seinen Anwalt – das hätte die Räumung nicht aufgeschoben und in der Regel entscheide das Oberlandesgericht nicht anders als das Landesgericht.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die Verhandlung im April fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen im Kriminalgericht Moabit statt – unüblich für einen Zivilprozess. Die Wilsnacker Straße, die an den Eingang des Saals grenzt, wurde von der Polizei gesperrt. Eine angemeldete Kundgebung von Unterstützer:innen des Buchladens mit Straßen-Oper konnte stattfinden, in den Saal durften sie allerdings nicht. 

Auch die Zahl der Journalist:innen und anderer Teilnehmer:innen im Saal wurde auf etwa 15 Personen beschränkt. „Der Prozess führt zu großem Aufruhr in der Öffentlichkeit und wir müssen darauf reagieren“, sagte ein Richter der Kammer und führte auch die Pandemie als Grund für die Beschränkungen an.

Der Widerstand von Anwohner:innen und Initiativen wie Bizim Kiez oder GloReiche Nachbarschaft ist bislang friedlich. Seit Anfang 2020, als die Verhandlungen zwischen den Buchladeninhabern und der Hausverwaltung sowie den Anwält:innen des Immobilienfonds über einen langfristigen und bezahlbaren Mietvertrag gescheitert waren, protestierten Unterstützer:innen von „Kisch & Co.“ für den Verbleib des Ladens. 

Mit der Aktion „Volle Breitseite für die Oranienstraße 25“ machten sie wiederholt mit mehreren Protesten, Lesungen und Musik vor dem Buchladen auf dessen Verdrängung aufmerksam. Für den 24. August sei bereits eine Kundgebung angemeldet, teilte die Initiative Bizim Kiez auf Twitter mir.

Zur Startseite