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Berlin: Karneval der Spielkultur

Die Brasilianer sind da – Fans des Fußball-Weltmeisters haben Partys organisiert und fürchten, dass es am Mittwoch kälter wird

Als eigentlich schon alles vorbei war, wurde es noch mal sehr laut vor Flugsteig 8. In gelben Trikots kamen Frauen in die Wartehalle getänzelt, gefolgt von vielen Männern, die wild auf ihre Trommeln einhämmerten. Die Samba-Band „Terra Brasilis“ hatte am Abend also auch den Weg zum Flughafen Tegel gefunden, nur leider saßen die Fußballer der brasilianischen Nationalmannschaft längst im Bus.

Doch auch ohne die Samba-Tänzer aus Berlin war es ein großer Empfang für die Fußballer. 200 Fans hatten sich am Flughafen eingefunden. Die Brasilianer mit ihren Stars Ronaldinho und Roberto Carlos waren via Frankfurt nach Berlin geflogen, wo sie morgen Gegner der deutschen Nationalmannschaft sind.

Als die Fans noch vor dem Flugsteig warteten, wurden die Fußballer durch einen Seitenausgang zum Bus geschleust. Ein wenig Enttäuschung machte sich breit, genauso wie anfangs am Hotel „Ritz Carlton“ am Potsdamer Platz. Als der Mannschaftsbus dort später um die Ecke bog, jubelten viele Fans – und wieder versuchten die Spieler, durch den Seiteneingang zu entkommen. Diesmal aber waren die Fans schneller und feierten ihr Team vor dem Hotel.

Knapp 2000 Brasilianer leben in Berlin. Und trotzdem werden all die Brasilianer im Olympiastadion in der Minderzahl sein, zumal nicht alle eine Karte bekommen haben. Ein kleiner Trost bleibt immerhin: In der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg findet morgen von 19 Uhr an die „Festa do Brasil“ statt. Das Spiel wird auf einer Großleinwand übertragen, dazu gibt es Samba, Capoeira und Musik. Der Eintritt kostet vier Euro.

Die brasilianische Party in Berlin ist aber nicht erst seit gestern im Gange, sondern schon seit Sonntag. Da konnten sich die Fans des brasilianischen Fußballs auf das Spiel einstimmen. Im Eiszeit-Kino in Kreuzberg lief der Film „Pelé und Garrincha“, mehr als 100 Zuschauer waren gekommen. Die Dokumentation versucht zu erklären, weshalb Pelé weltweit als der beste Fußballer aller Zeiten gilt, in Brasilien aber Garrincha weitaus mehr verehrt wird. „Pelé steht fürs Gewinnen, Garrincha aber für das Spielen“, sagt Alex Bellos, der im Kino auch sein Buch „Futebol, die brasilianische Kunst des Lebens“ vorstellte.

Zwei Jahre lang hat der Journalist in Brasilien über den Fußball recherchiert, und er sagt, brasilianischer und deutscher Fußball seien völlig verschieden: „In Deutschland heißt es immer, die Mannschaft gewinnt ein Spiel“, sagt er. „In Brasilien geht man ins Stadion, um tolle Dribblings und Finten der Spieler zu sehen.“

Doch nicht nur im Fußball gebe es große Unterschiede zwischen Deutschen und Brasilianern. Der größte etwa sei, dass Deutsche selbst bei den für Mittwochabend prognostizierten 15 Grad „noch immer im T-Shirt herumlaufen werden“. Brasilianer hätten bei solchen Temperaturen schon ihre dicken Rollkragenpullover ausgepackt – und würden völlig lethargisch werden. Kaum vorstellbar, angesichts der gestrigen Party in Berlin.

Stéphanie Souron

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