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Klimaproteste in Berlin: Innensenatorin, Polizeipräsidentin und GdP-Landeschef wollen längeren Polizeigewahrsam für Aktivisten
In Berlin darf polizeilicher Gewahrsam nicht länger als 48 Stunden dauern. Spranger und Slowik wollen die Möglichkeit zur Verlängerung. Dafür müsste ein Gesetz verändert werden.
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Berlins Innensenatorin Iris Spranger plädiert für die Möglichkeit einer längeren Verwahrzeit für demonstrierende Klimaaktivist:innen. „In Berlin darf eine Person maximal 48 Stunden in polizeilichen Gewahrsam genommen werden“, sagte die SPD-Politikerin am Dienstag im RBB-Inforadio. Sie würde eine Verlängerung begrüßen. „Aber dafür müsste man das entsprechende Gesetz im Abgeordnetenhaus verändern.“ Eine Regelung wie in Bayern lehnte Spranger ab. „30 Tage finde ich verfassungsrechtlich bedenklich“, sagte sie.
Die Senatorin berichtete von bisher 300 Fällen von Gewahrsamvorführungen in Berlin. In Folge der Proteste auf Straßen oder in Museen seien 2000 Strafanzeigen ausgestellt worden. Bei der Staatsanwaltschaft gebe es knapp 800 Vorgänge. Zudem seien fast 500 Gebührenbescheide ausgestellt worden.
Gleichzeitig betonte Spranger ihr Verständnis für die Ziele der Klimaproteste. „Das Thema ist uns überhaupt nicht egal. Das Thema ist allen wichtig“, sagte sie. „Aber wie es gemacht wird, dafür habe ich natürlich überhaupt kein Verständnis.“
Auch Polizeipräsidentin fordert längere Gewahrsamsdauer
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte schon am Wochenende die Möglichkeit gefordert, die Protestierenden länger in Gewahrsam zu nehmen: „Es muss nicht gleich wie in Bayern sein“, sagte Slowik der „Welt“. „Aber Berlin hatte bis 2021 auch vier Tage Gewahrsam zur Gefahrenabwehr vorgesehen. Das würde uns schon helfen. Wir sind das Bundesland mit der kürzesten Gewahrsamsdauer nach Polizeirecht.“
Slowik hat eine „extreme zusätzliche Arbeitsbelastung“ durch die Klimaproteste der Initiative „Letzte Generation“ beklagt. „Die Polizei Berlin arbeitet auf der Straße und im Landeskriminalamt mit allen Mitteln, die uns rechtsstaatlich zur Verfügung stehen, um unsere Stadt aus dem Würgegriff dieser Protestaktionen freizubekommen“, betonte sie.
Seit dem Beginn der Proteste, bei denen sich die Aktivist:innen immer wieder auf Straßen festkleben, um den Verkehr zu blockieren, seien mehr als 570 Verfahren an die Staatsanwaltschaft übergeben worden, sagte Slowik.
In Berlin müssen keine bayrischen Bedingungen herrschen, aber vier, fünf Tage würden den präventiven Handlungsrahmen spürbar erweitern.
Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei
Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, unterstützt die Forderung nach längerem Gewahrsam: „In Berlin müssen keine bayrischen Bedingungen herrschen, aber vier, fünf Tage würden den präventiven Handlungsrahmen spürbar erweitern.“ Grundsätzlich müssten gesetzliche Regeln zur Gefahrenabwehr stetig novelliert werden, weil sich Protestformen stetig verändern und weiterentwickeln.
„Was wir nicht brauchen, sind härtere Strafen, weil das StGB hier bereits sachgerechte Möglichkeiten bietet.“ so Weh. Wichtig wäre es ihm zufolge jedoch, dass der Rahmen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz „dann auch mal entsprechend genutzt wird“.
Für die Bewegung „Letzte Generation“ verwies einer der Organisatoren, Theodor Schnarr, auf die Folgen der Klimakatastrophe. „Wir reden davon, dass unsere Gesellschaft zusammenbricht. Das ist die Alternative.“ Dafür würde auch längeres Gewahrsam in Kauf genommen. „Wir machen das ja nicht gerne“, sagte Schnarr im RBB-Inforadio, „ich bin Naturwissenschaftler. Ich bin verheiratet und würde jetzt gern meine Familie planen.“ Stattdessen müsse er auf den Straßen Berlins sein, „weil die Zukunft der Kinder, die ich gern in die Welt setzen möchte, sehenden Auges verspielt wird“. (Tsp, dpa)
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