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Gorillas liefert seit Ende 2019 Lebensmittel an die Haustür. Das Start-up expandierte während der Coronapandemie. Aktuell steckt die Branche jedoch in einer Krise.

© IMAGO/Michael Gstettenbauer

Getir könnte Berliner Wettbewerber Gorillas kaufen: Konsolidierung und angebliche Mäuse bei Lieferdiensten

Hinter den Kulissen sollen die Unternehmen einen Deal verhandeln. Gorillas wehrt sich derweil gegen Ekel-Vorwürfe. Und die Rechtsstreits beim Arbeitsgericht gehen in die nächste Runde.

Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge könnte der Berliner Lieferdienst Gorillas vom türkischen Wettbewerber Getir übernommen werden. Der Bericht beruft sich auf Insider. Nach Tagesspiegel-Informationen finden Verhandlungen statt. Weder Gorillas noch Getir wollten sich jedoch am Dienstag dazu äußern. Die Branche der Online-Supermärkte erlebt aktuell weltweit eine Konsolidierungswelle. In Berlin gehen außerdem die Rechtsstreitigkeiten um Betriebsratswahlen weiter.

Dem Bericht zufolge soll Getir angeboten zu haben, das Start-up mit einer Mischung aus Barmitteln und Eigenkapital zu kaufen. Noch im Februar hatte Gorillas-Gründer Kagan Sümer ganz andere Pläne: „700 Millionen Dollar oder mehr“ wolle er mit einer Finanzierungsrunde einsammeln, sagte er derselben Nachrichtenagentur damals. Das Vorhaben scheiterte offenbar ebenso wie diverse weitere Versuche, in der angespannten Situation am Finanzmarkt Kapitalgeber zu finden.

Angebliche Mäuse in Gorillas-Filialen

Gorillas musste massiv sparen und Hunderte Beschäftigte entlassen. Im sozialen Netzwerk Instagram ist das Unternehmen außerdem mit dem für einen Lebensmittelhändler schweren Vorwurf konfrontiert, es spare an der Hygiene.

Getir-Geschäftsführer Karthik Harith (l.) und Chef-Justiziar Alexander Steinbrecher
Getir-Geschäftsführer Karthik Harith (l.) und Chef-Justiziar Alexander Steinbrecher

© Tagesspiegel/Christoph M. Kluge

Ein Account namens „Gorillasriderlife“ veröffentlichte Fotos und Videos, die einen Wasserschaden oder Mäuse in Warenlagern zeigen sollen. Beschäftigte bestätigten dem Tagesspiegel, dass zumindest ein Teil dieser Aufnahmen Innenräume von Berliner Filialen zeige.

Der anonym betriebene Account kritisiert die Geschäftsführung bereits seit Mai vergangenen Jahres mit sarkastischen Beiträgen, verbreitet aber auch Gerüchte. Mehrfach stellten sich Leaks im Nachhinein als authentisch heraus.

Die Geschäftsführung von Gorillas weist die Vorwürfe allerdings entschieden zurück - und sieht sich als Opfer einer Kampagne. „Der anonyme Instagram-Account Gorillasriderlife veröffentlicht seit Monaten wissentlich Falschinformationen, um unserem und anderen Quick-Commerce-Unternehmen zu schaden“, teilte eine Sprecherin mit. „Die Gewährleistung höchster Hygienestandards hat für Gorillas zu jedem Zeitpunkt Priorität.“ Das Unternehmen habe ein spezielles Kontrollsystem entwickelt und führe „alle zehn bis zwölf Wochen interne Lebensmittelsicherheitsaudits“ durch.

Gerichte müssen über Betriebsratswahlen entscheiden

Bei Getir wurden derweil die umstrittenen Betriebsratswahlen abgeschlossen. Am Donnerstag werde bei einer konstituierenden Sitzung der oder die Betriebsratsvorsitzende gewählt, sagte der Wahlvorstand Levent Isli dem Tagesspiegel.

Andere Beschäftige hatten diese Betriebsratswahl kritisiert und den Initiatoren vorgeworfen, der Geschäftsführung zu nahe zu stehen. Mindestens ein ehemaliger Mitarbeiter will gerichtlich dagegen vorgehen. Er behauptet, aufgrund seiner kritischen Haltung gefeuert worden zu sein. Das Unternehmen bestreitet das.

Beim möglichen Übernahmekandidaten Gorillas gibt es bereits seit Ende 2021 einen Betriebsrat. Die Geschäftsführung war seinerzeit mit dem Versuch gescheitert, die Gründung durch Klagen beim Arbeitsgericht zu verhindern.

Der dritte Wettbewerber, das Berliner Start-up Flink, geht momentan gerichtlich gegen eine laufende Betriebsratswahl im eigenen Unternehmen vor. Die Flink-Anwälte werfen dem Organisationsteam Regelverstöße und sogar Straftaten vor – und wollen die Wahl insgesamt abbrechen lassen. Am Freitag entscheidet das Berliner Arbeitsgericht über einen Antrag auf Einstweilige Verfügung.

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