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Logo der Berliner Polizei mit Schriftzug in Nahaufnahme.

© IMAGO/Maximilian Koch

Raub, Drogenhandel, Schutzgeld: Berliner Polizei erfasst weniger Fälle von Clan-Kriminalität – kontrollierte aber auch weniger

In Berlin wurden 2024 weniger Taten dem Clan-Milieu zugerechnet. Es gab allerdings auch weniger spezifische Einsätze in der Szene.

Stand:

Berlins Polizei hat vergangenes Jahr 851 Straftaten und 296 Verdächtige der Clan-Kriminalität zugerechnet. Insgesamt zählte sie 616 Personen zur Szene. Das teilte die Senatsinnenverwaltung am Mittwoch in einem Lagebild mit.

Damit wurden weniger Fälle als im Vorjahr registriert. Für das Jahr 2023 hatte das Landeskriminalamt in 1063 Fällen auf Clan-Kriminalität erkannt, bei ebenfalls circa 300 Verdächtigen. Dem aktuellen Lagebild zufolge gab es vergangenes Jahr mit 74 jedoch erheblich weniger gezielte Einsätze im Clan-Milieu, 2023 fanden noch 126 Kontrollen bekannter Treffpunkte der Szene statt.

Raub und Körperverletzung

Die wenigen Einsätze wurden vor einigen Monaten in Politik und Öffentlichkeit thematisiert. Wie berichtet, waren Beamte diverser Abteilungen notgedrungen mittelbar mit den Großlagen vergangenes Jahr befasst, darunter Ausschreitungen pro-palästinensischer Demonstranten und der hierzulande ausgetragenen Fußball-Europameisterschaft.

Bei den registrierten Taten im Clan-Milieu sind erneut Rohheitsdelikte, meist Körperverletzungen und Raub, mit 29 Prozent der Fälle vorn. Dazu kommen vor allem Vermögens- und Fälschungsdelikte sowie Verkehrsstraftaten, Nötigungen und Betäubungsmittelhandel. Es wurden drei Tötungsdelikte gezählt, worunter auch Versuche fallen.

Verdächtige aus Schweden

Unter den Verurteilten und Verdächtigen überwiegt wie in den letzten Jahren die deutsche, gefolgt von offiziell „ungeklärter“, libanesischer, türkischer und syrischer Staatsbürgerschaft. Laien dürften sich wundern, dass 2024 neun Männer schwedischer Staatsangehörigkeit im Berliner Clan-Milieu aufgefallen sind. Schon in den Vorjahren beobachteten Ermittler, dass Angehörige namhafter Großfamilien in Berlin aktiv sind, die zuvor in Schweden lebten.

Im Lagebild heißt es, dass in Berlin „relevante Personen krimineller Strukturen“ überwiegend Bezüge zu Mhallami-Gemeinden und in den libanesischen oder palästinensischen Raum hätten. So wird etwa die durch diverse Strafverfahren bekannte Großfamilie Remmo den Mhallami zugerechnet, einer aus dem Süden der Türkei stammenden Volksgruppe mit eigenem arabischem Dialekt.

Lehrer und Sanitäter bedroht

Über den Term der „Clan-Kriminalität“ wird in Politik und Medien gestritten. So lehnen ihn Funktionäre von Grünen und Linkspartei als „rassistisch“ ab. Polizeilich bezeichnet Clan-Kriminalität regelmäßige Straftaten durch Angehörige abgeschotteter Subkulturen, in denen die Täter oft verwandt sind. „Sie zeichnet sich insbesondere durch eine hierarchische Struktur, ein ausgeprägtes Zugehörigkeitsgefühl und ein gemeinsames Normen- und Werteverständnis aus“, heißt es im Lagebild. Man beobachte „mangelnde Integrationsbereitschaft“ sowie „das Provozieren von Eskalationen auch bei nichtigen Anlässen“.

Dem Tagesspiegel berichten Lehrer, Bezirksbeamte und Sanitäter, dass auch sie regelmäßig von Angehörigen bekannter Großfamilien bedroht würden. Immer wieder spielten „Ehrverletzungen“, rigide Sexualmoral und religiöser Eifer eine Rolle.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte mit, neben bekannten Clans seien in Berlin bezüglich Rotlichtgeschäften, Schutzgeld sowie Waffen- und Drogenhandel auch andere, „global agierende Banden“ aktiv.

Neben mehr Personal und technischer Ausstattung plädiert die GdP für eine Beweislastumkehr, um verdächtige Summen und Güter leichter einziehen zu können: Wer die legale Herkunft seines Vermögens nicht ausnahmslos darlegt, dem kann es der Staat wegnehmen, so wie seit Jahren in Italien möglich. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hatten sich für entsprechende Verschärfungen ausgesprochen.

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