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Viel Geld steht für Investitionen in Berlin zur Verfügung, doch genutzt wurde bisher nur ein Bruchteil davon.

© Jens Wolf/Zentralbild/dpa

Sanierungsstau in Berlin: Landes-Investitionsfonds wird weiter nicht ausreichend genutzt

Auch in diesem Jahr wird der Bau-Investitionsfonds Siwana nicht ausgeschöpft. Nur in seltenen Fällen liegt das an geschützten Kleinreptilien.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die flinke Zauneidechse blockiert das tolle Projekt. Eigentlich wollte der Bezirk Spandau am Brunsbütteler Damm kurz vor der Stadtgrenze zwei große Sportplätze bauen – für Schulen und Vereine. Denn Berlin wächst auch in Staaken West, also wurden aus dem landeseigenen „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds“ (Siwana) 1,25 Millionen Euro locker gemacht. Aber es stellte sich heraus, dass diese „sehr grobe Kostenschätzung“, wie der Bezirk eingesteht, nach „umfangreichen Untersuchungen des Bodens und der Fauna“ nicht haltbar war. Auch weil das streng geschützte Kleinreptil dort wohnt.

Jetzt müssen die Kleinechsen umgesiedelt werden, und aus artenschutzrechtlichen Gründen kann der Bezirk nur noch ein Sportfeld bauen. Trotzdem wird das halbierte Baufeld mehr als doppelt so teuer wie geplant. Um die zusätzlichen Kosten von 1,7 Millionen Euro aufbringen zu können, strich der Lenkungsausschuss für Siwana-Projekte an anderer Stelle das Geld für den Kauf eines Schulgrundstücks in der Jungfernheide. Für diese Immobilie wurde glücklicherweise noch ein anderer Finanztopf gefunden.

Am Mittwoch hat der Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus den Sportplatz genehmigt, die umgeschichteten Finanzmittel wurden kurz vor der Sommerpause freigegeben. Die Haushälter des Parlaments schlagen sich regelmäßig mit solchen Vorlagen aus Senats- und Bezirksverwaltungen herum. Teurer als gedacht werden viele Sanierungsprojekte. Manchmal liegt das am Schwammbefall, der plötzlich entdeckt wird – wie beim Heimatmuseum Wedding. Oder es wird ein Kita-Neubau in Mahlsdorf noch während der Ausschreibung des Bauauftrags kostspielig umgeplant. Oder es fehlt für Planung und Ausführung das Personal – in der Verwaltung und bei den Firmen.

Baufortschritt sei im Winter nicht sehr groß

Das kostet alles nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Dabei sollte es ein besonderer Vorzug der Siwana-Projekte sein, schnell und effektiv den Sanierungsstau in Berlin abzubauen. Seitdem der Investitionsfonds Ende 2014 ins Leben gerufen wurde, ist aus den jährlichen Überschüssen des Landeshaushalts die gigantische Summe von 2,75 Milliarden Euro in den großen Topf geflossen. Davon wurden bis Ende 2017 erst 393 Millionen Euro ausgegeben, also gerade mal 15 Prozent. Der Senat versprach, Siwana zu beschleunigen: In diesem Jahr sollen 350 Millionen Euro verbaut werden. Bis Ende Mai waren es aber erst 61 Millionen Euro.

Den zähen Abfluss der Finanzmittel begründet Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) damit, dass „Baufortschritte im Winter häufig nicht sehr groß sind“. Entsprechend gering seien die tatsächlichen Ausgaben in den folgenden Monaten. Aber im Laufe dieses Jahres, da sei er optimistisch, werde der „Mittelablauf stark anziehen“. Dass es Probleme gibt, leugnet Kollatz-Ahnen nicht. So seien viele Dienststellen in den vergangenen Monaten damit befasst gewesen, die neueste Tranche (Siwana IV mit 1,2 Milliarden Euro) intern zu belegen, das habe Kräfte gebunden. Außerdem hätten Ausschreibungen neu gestartet werden müssen, weil die Preisangebote der Firmen bis zu 30 Prozent über den amtlich errechneten Baukosten lagen.

Nur jedes vierte Projekt ist vollendet

Von den mehr als 300 Investitionsvorhaben, die in den vergangenen drei Jahren auf die Siwana-Listen gesetzt wurden, ist laut Statistik der Finanzverwaltung nur jedes vierte Projekt vollendet. Dazu gehören beispielsweise die Wlan-Ausstattung öffentlicher Bibliotheken, bezirkliche Bolzplätze und Wanderwege, die Sanierung einiger Schulen und der Ausbau von Rettungswachen der Freiwilligen Feuerwehr. Meistens handelt es sich um kleine Vorhaben, nur für den Bau von Flüchtlingsunterkünften wurden jeweils zweistellige Millionenbeträge ausgegeben. Mit einer Ausnahme gehören alle fertigen Bauprojekte zu den ersten zwei Tranchen von Siwana, die bereits 2015/16 aufgelegt wurden.

Von der dritten Tranche des Investitionsfonds weiß man bisher nur, dass daraus die Kombiwache am Alexanderplatz finanziert wurde. Die vierte – und vorerst letzte – Tranche ist noch im frühen Planungsstadium. Weitere Informationen über den Abfluss der Siwana-Mittel erwartet die Finanzverwaltung von einer behördeninternen Abfrage, die im Juli gestartet wird. Wo sich Verzögerungen ergäben, werde man gezielt nachhaken, sagt Kollatz-Ahnen. Aber jetzt droht erst einmal die parlamentarische Sommerpause.

Das bedeutet, dass zwischen Juli und September der für öffentliche Finanzen zuständige Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses pausiert. In dieser Zeit bleiben normalerweise auch die Anträge für eine Siwana-Finanzierung liegen. Um das zu vermeiden, schlägt der Finanzsenator Kollatz-Ahnen eine Notlösung vor. Wenn im Sommer bei vielen Bau- und Sanierungsvorhaben Mehrkosten auftreten oder Geld umgeschichtet werden muss, soll die Finanzverwaltung anstelle des Parlaments darüber entscheiden dürfen – „unter geringstmöglicher Einschränkung der zu beachtenden Vorgaben und Berichtspflichten“. Die Haushälter der Regierungsfraktionen haben diesem provisorischen Verfahren am Mittwoch zugestimmt.

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