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Hundert-Euroscheine – meist fließt Geld bei Korruption.

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Licht in den Berliner Sumpf: Polizei soll Lagebild zur Korruption liefern

Andere Bundesländer und das Bundeskriminalamt haben ein Lagebild zu Korruptionstaten – Berlin nicht. Das soll sich nach dem Willen des Innenausschusses ändern.

Die Berliner Polizei soll ein Lagebild zur Korruption in der Hauptstadt erstellen. Das hat der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einer Stellungnahme an den Petitionsausschuss beschlossen, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Die Führung der Polizei soll sich dem Vernehmen nach hinter verschlossenen Türen gegen ein eigenes Lagebild ausgesprochen haben. Es sei wenig aussagekräftig, vorhandene Erkenntnisse würden in das Lagebild Korruption des Bundeskriminalamtes (BKA) einfließen. Dort würden auch nur jene Fälle erfasst, die überhaupt bekannt werden, heißt es aus dem Landeskriminalamt.

Im BKA-Papier wird die Kriminalitätslage aber nicht nach Bundesländern aufgelistet – anders als beim BKA-Lagebild „Organisierte Kriminalität“ (OK). Berlin hat seit 2018 wegen der Debatte um Clankriminalität ein eigenes OK-Lagebild.

Einen solchen Bericht hält der Innenausschuss auch für Korruption für nötig und verweist auf andere Bundesländer, die derlei bereits erstellen, etwa Brandenburg. Durch Korruption könnten nicht nur schwere finanzielle Schäden entstehen, sondern auch „politische und rechtliche Verfahren unterminiert werden“, heißt es im Beschluss.

Man weiß im Grunde nichts über das Ausmaß der Korruption in Berlin.

Jiri Kandeler, Vorstand des Antikorruptionsvereins Berlin.

Nun muss der Petitionsausschuss über das Votum des Innenausschusses befinden. Der Petent, der Antikorruptionsverein Berlin, hatte seine Eingabe 2019 beim Abgeordnetenhaus eingereicht und verweist auf den bekannten „Berliner Sumpf“. „Bisher gibt es praktisch keine Daten zur Korruption in Berlin. Man weiß im Grunde nichts über das Ausmaß“, sagt Vereinsvorstand Jiri Kandeler. „Ein Lagebild wäre ein erster Schritt, das Dunkelfeld überhaupt einmal ein wenig zu erhellen und die Korruptionsbekämpfung zu optimieren.“ Das bisherige System zur Korruptionsbekämpfung sei vielfach wirkungslos.

Transparency International: Berlin ist Deutschlands Korruptionshauptstadt

Ein Vertreter von Transparency International hatte kürzlich erklärt, Berlin sei nicht nur Hauptstadt, sondern auch Korruptionshauptstadt. Gelegenheit zu Korruption liefert laut LKA-Ermittlern der desolate Zustand der Berliner Verwaltung: Als Beispiele werden Fälle in der KfZ-Zulassungsstelle, in Bezirksämtern sowie die laxe Genehmigungspraxis bei Teststellen genannt.

Korruptionsdelikte sind Bestechung und Bestechlichkeit sowie Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme. Dabei werden Amtsstellen, Posten in der Wirtschaft oder politische Mandate ausgenutzt, damit andere einen Vorteil bekommen. Das BKA erfasste 2021 bundesweit 7433 neue Ermittlungsverfahren, der Schaden belief sich auf 61 Millionen Euro.

1370 Tatverdächtige sind als Geldgeber erfasst, 1089 als Geldnehmer, davon sind mehr als die Hälfte Amtsträger. Die Geber kamen meist aus den Branchen Bau, Dienstleistungen, Automobile, Medizin und Pharma sowie Immobilien. Am häufigsten ging es um Aufträge in der Wirtschaft, behördliche Genehmigungen, Wettbewerbsvorteile und Informationen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin leitete 2021 insgesamt 169 Verfahren gegen 256 Beschuldigte ein – der höchste Stand seit fünf Jahren. 127 Verfahren, teils aus den Vorjahren, wurden eingestellt, in 24 Fällen gab es Anklagen.

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