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Mieten runter steht an einer Hausfassade in Berlin.

© Müller-Stauffenberg/Imago

Linke will „Mietenwahnsinn zurückdrängen“: Private Wohnungsunternehmen sollen in Berlin künftig günstig vermieten müssen

Die Fraktion will, dass gewerbliche Wohnungsunternehmen einen bestimmten Anteil von Menschen mit geringem Einkommen berücksichtigen müssen. Sie plant ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“.

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Die Berliner Linke will große Wohnungsunternehmen dazu verpflichten, einen Teil ihrer frei werdenden Wohnungen günstig an Menschen mit vergleichsweise niedrigem Einkommen zu vermieten. Demnach sollen Unternehmen mit über 1000 Wohnungen 35 Prozent der frei werdenden Wohnungen an Menschen mit einem Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) vermieten müssen. Private Vermieter, die nur wenige Wohnungen besitzen, sollen von der Regel nicht betroffen sein.

„Wir wollen dafür sorgen, dass Normal-Berlinerinnen und -Berliner mit durchschnittlichen Einkommen wieder eine bezahlbare Wohnung finden können und der Kündigungsschutz gestärkt wird“, sagte Niklas Schenker, Sprecher für Mieten und Wohnen der Linksfraktion, am Mittwoch. „Wir fordern, dass gewerbliche Vermieter einen erheblichen Anteil der frei werdenden Wohnungen mit einem festgesetzten Mietpreis an Menschen mit niedrigen bis mittleren Einkommen vermieten.“

Die Grenze, ab der eine verpflichtende Vermietungsquote greift, soll bei 50 Wohnungen liegen. Bei einem Besitz von bis 150 Wohnungen soll mindestens jede vierte Wohnung an einen WBS-Berechtigten gehen. Wohnungsunternehmen zwischen 150 und 1000 Wohnungen sollen 30 Prozent der neuen Mietverträge mit WBS-Berechtigten abschließen.

Auch die Miete soll in diesen Fällen anfangs gedeckelt sein und sich an den Bestimmungen der Wohnungsbauförderungen orientieren. Das heißt, dass die Nettokaltmiete für Berechtigte eines WBS 140 bei maximal 7 Euro pro Quadratmeter liegen darf, für Berechtigte mit einem WBS 220 bei maximal 11,50 Euro. Die Vorgaben will die Linke in einem „Sicher-Wohnen-Gesetz“ festhalten.

„Der Mietenwahnsinn auf dem Berliner Wohnungsmarkt kann durch landesrechtliche Regelungen zurückgedrängt werden“, sagte Linken-Fraktionsvorsitzende Anne Helm. „Indem er sich nur auf den Schlachtruf ,Bauen, bauen, bauen!’ fokussiert, befindet sich der schwarz-rote Senat auf einem fatalen Irrweg, den die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt teuer bezahlen.“

Extremer Anstieg der Angebotsmieten in Berlin

Die Mieten in Berlin haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt. Während die Bestandsmieten im Schnitt nur moderat gestiegen sind und laut der Investitionsbank Berlin (IBB) 2023 im Durchschnitt bei 6,59 Euro pro Quadratmeter lagen, steigen die Angebotsmieten seit vielen Jahren extrem an. Der Median aller Angebotsmieten lag laut IBB 2023 bei 13,99 Euro pro Quadratmeter.

Zudem herrscht Wohnungsmangel in Berlin. Experten gehen davon aus, dass nur 0,3 Prozent der rund zwei Millionen Mietwohnungen in Berlin für Neuvermietungen zur Verfügung stehen. Berlinerinnen und Berliner, die umziehen wollen oder müssen, finden daher nur schwer eine bezahlbare Wohnung.

Vorbild für die vorgeschlagene Vermietungspraxis sind die landeseigenen Wohnungsgesellschaften (LWU). Die Kooperationsvereinbarung des Landes Berlin mit den sechs LWU sieht vor, dass 63 Prozent der jährlich zur Wiedervermietung kommenden Wohnungen an WBS-berechtigte Haushalte vermietet werden.

Klar ist, dass der Vorschlag der oppositionellen Linken aktuell keine Chance auf Umsetzung hat. Die Koalition aus CDU und SPD setzt insbesondere auf den schnellen Neubau von Wohnungen, um den Markt zu entspannen, und verweist zudem auf die in Berlin geltende Mietpreisbremse.

Hohe rechtliche Hürden

Neben dem wohnungspolitischen Gehalt des Vorschlags dürften rechtliche Fragen für Diskussionen sorgen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Land Berlin 2021 schon einmal einen Eingriff in die Vermietungspraxis untersagt und den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt. Das Gericht argumentierte damals, dass die Vermietungspraxis vom Bund im Bürgerlichen Gesetzbuch abschließend geregelt sei, das Land Berlin demnach keine Gesetzgebungskompetenz hatte.

Die Rechtswissenschaftlerin Pia Lange, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Bremen, weist jedoch darauf hin, dass das Gericht im gleichen Urteil festgestellt habe, dass die Länder die Kompetenz haben, wenn sie die Vermietungspraxis umfassend durch öffentlich-rechtliche Vorschriften „überformen“, etwa was Auswahl der Vertragspartner, Dauer des Mietverhältnisses und Höhe der Miete betrifft.

Zwar wären dann noch immer Abwägungen zwischen den Eigentumsinteressen der Vermieter und dem Grundrecht auf Gewährleistung einer menschenwürdigen Unterkunft zu treffen. Lange, die im Auftrag der Linksfraktion ein entsprechendes Rechtsgutachten erstellt hat, kommt jedoch unter anderem zu dem Schluss: „Je angespannter sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt darstellt, desto eingriffsintensivere Maßnahmen lassen sich [...] rechtfertigen.“

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