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Berlin: Madonna: Sie kam nicht

Anfang August 1993 versetzte die Agentur AP mit einer Nachricht aus Hongkong Berliner Lokalpatrioten einen gehörigen Schrecken. Madonna wolle in China auftreten und damit Pekings Kandidatur für die Olympischen Spiele 2000 unterstützen, auf die sich auch die Stadt an der Spree glaubte, Hoffnungen machen zu dürfen.

Anfang August 1993 versetzte die Agentur AP mit einer Nachricht aus Hongkong Berliner Lokalpatrioten einen gehörigen Schrecken. Madonna wolle in China auftreten und damit Pekings Kandidatur für die Olympischen Spiele 2000 unterstützen, auf die sich auch die Stadt an der Spree glaubte, Hoffnungen machen zu dürfen. Angeblich würden die chinesischen Behörden, denen Madonna wegen ihrer freizügigen Auftritte immer suspekt war, mit dem Gastspiel liebäugeln, um so ihre Liberalität unter Beweis zu stellen.

Die Berliner Landesregierung reagierte betont gelassen. Senatssprecher Michael-Andreas Butz, vom Tagesspiegel nach seiner Bewertung des Vorgangs befragt, sah jedenfalls keine Minderung der Berliner Chancen: "Es können ja nicht alle für uns sein." Und an eine Anwerbung der Sängerin als Berliner Olympia-Botschafterin wollte der Senat gar nicht erst denken: "Was ist Madonna gegen Harald Juhnke!"

Bekanntlich machten weder Berlin noch Peking das Rennen, aber die Episode aus dem letzten Jahrhundert ist doch symptomatisch für das bisher gebrochene Verhältnis zwischen Madonna und Berlin. Nie zuvor ist sie hier aufgetreten, der bislang einzige Versuch scheiterte kläglich.

Immerhin, sie war schon mal da, in den späten Achtzigern, nicht in eigener Sache, sondern als Begleitung ihres ersten Mannes Sean Penn, der in Berlin einen neuen Film vorstellte. Zufällige Besucher im Filmpalast am Kurfürstendamm erinnerten sich später freudig, wie ein Raunen durch den Saal lief, als der blonde Engel nah, doch unnahbar vorüberschwebte.

Erste Gerüchte, sie würde hier auftreten, tauchten dann Anfang 1990 auf. Peter Schwenkow, damals noch Lokalmatador, hatte mit seiner Agentur Concert Concept eigens am 4. Juli die Waldbühne reservieren lassen. Die offizielle Bestätigung kam im Mai. Nun hieß es: 1. Juli, Olympiastadion, allerdings organisiert von Schwenkow-Konkurrent Downtown. Der alte Fritze Rau war eigens aus München nach Berlin gejettet, um der hiesigen Presse gehörig einzustimmen auf die "Blonde Ambition"-Tour. Nur 46 Mark sollte eine Karte kosten. Die dafür offerierte Show hatte sogar Berlin-Bezug, war doch gleich das erste Bühnenbild zu ihren damaligen Hit "Express Yourself" eindeutig von Fritz Langs "Metropolis" inspiriert. Die Berliner wollten sie dennoch nicht sehen, jedenfalls nicht genug: Der Vorverkauf lief schleppend, eine Woche vor dem Termin wurde das Konzert abgesagt, angeblich gab es "technische Probleme". Geglaubt hat das wohl keiner.

Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt...

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