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Rund 25 Jahre nach dem Verschwinden eines Mannes hat ein Mordprozess begonnen.

© Jens Kalaene/dpa

Mordprozess ohne Leiche: 51-Jähriger steht nach 25 Jahren vor Gericht

Ein Mann kommt aus dem Urlaub zurück und verschwindet kurz darauf aus Berlin. Sein Koffer steht in der Wohnung, sein Pass liegt da. Viele Jahre später führen Hinweise zu einem Strafverfahren.

Stand:

An einem Sommertag vor 25 Jahren verschwand Ali R. aus Berlin. Vermutlich fuhr er mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Falkensee, dort soll es aus Sicht der Staatsanwaltschaft zu einer tödlichen Hammer-Attacke in einem Auto gekommen sein. Eine Leiche aber wurde nie gefunden. Auch kein Tatort. Ein mutmaßlicher Täter allerdings steht seit Montag vor dem Berliner Landgericht. „Zu Unrecht“, erklärte der Verteidiger. Andreas E. bestreite den Vorwurf „vollumfänglich“. Und Äußerungen, die er damals machte, bedauere er.

Er wollte wieder als Kellner arbeiten

Der damals 26-jährige Ali R. kehrte am 14. Juli 1999 von einem Urlaub im Libanon zurück, dort lebte auch seine Verlobte. Kurz nach 9 Uhr war seine Maschine auf dem Berliner Flughafen Tegel gelandet. Der Mann brachte sein Gepäck zu seiner Wohnung, ließ auch seinen Pass dort. Er begab sich zunächst in ein Restaurant in Zehlendorf – er hatte dort früher als Kellner gearbeitet und plante, diese Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Ermittlungen ergaben: Er telefonierte wahrscheinlich mit E., es sei um den Verkauf einer Pizzeria in Falkensee gegangen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Ali R. eine Summe von 30.000 D-Mark erwartete. Er habe den Zehlendorfer Wirt auch gefragt, ob er bei ihm einen größeren Geldbetrag aus einem Geschäftsabschluss hinterlegen könnte, berichtete im Prozess eine Kriminalbeamtin.

Ali R. kehrte jedoch nicht zurück. Zwei Wochen später meldete ihn ein Bruder als vermisst. Auch E. wurde befragt – als Zeuge. Er habe zu Protokoll gegeben, dass er R. am 14. Juli 1999 nicht gesehen habe. Im Oktober des Jahres ging das Vermisstenverfahren an eine Mordkommission. Auch das Grundstück der Eltern von E. wurde durchsucht, es gab Telefonüberwachungen – „es erbrachte nicht viel“, so eine Ermittlerin. Die Akten wurden vorläufig geschlossen. Ein Cold Case.

Tatvarianten widersprechen sich

Nun die Anklage, die sich auf Angaben der Ex-Verlobten des Angeklagten stützt. Erst 2018 sagte sie bei er Polizei aus. Auch ein Bekannter von E. wurde zu einem Zeugen. Die angeblichen Tatvarianten widersprechen sich stark. In einer ist von einem Mittäter die Rede, in der anderen ist E. in der Rolle eines Einzeltäters.

Der 51-jährige Angeklagte, ein siebenfacher Vater, soll zunächst als Auslieferfahrer für die Pizzeria tätig gewesen sein. Dann habe er das Restaurant übernehmen wollen. Um für einen Kauf an einen Bankkredit zu kommen, soll er einen Fake-Vertrag aufgetischt und tatsächlich 30.000 D-Mark erhalten haben. Doch er habe das Geld nicht an R. zahlen wollen, so der Staatsanwalt.

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Im Juli 2019, genau 20 Jahre nach dem mutmaßlichen Mord, wurden E. und der in einer der Varianten genannte Mann festgenommen. Vier Monate später wurden die Haftbefehle aufgehoben. Im Verfahren gegen den zunächst Mitbeschuldigten lehnten Richter die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab – ein Tatnachweis könnte voraussichtlich nicht geführt werden.

Der Verteidiger von E. sagte, bei dem einen Zeugen handele es sich um einen Sauf-Kumpan. Bei einer Zecherei sei es wohl zu Äußerungen seines Mandanten gekommen, es sei aber nichts dran an den Schilderungen. War es Angeberei? Der Prozess geht am 11. Oktober weiter.

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