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Marode U-Bahn-Brücke muss ersetzt werden: Berliner Gleisdreieckpark wird jahrelang zur Baustelle
Seit Jahren verzögert sich der Neubau der Brücke über den Gleisdreieckpark. Erst jetzt hat die BVG den Bauantrag gestellt: Der Park wird für zweieinhalb Jahre gesperrt.
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Seit neun Jahren wissen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), dass die Hochbahnbrücke über den Gleisdreieckpark schrottreif ist. Im Juli 2016 wurden bei einer turnusmäßigen Bauwerksprüfung „gravierende Schäden an der Stahlkonstruktion“ entdeckt, wie es damals hieß. Die Note: 3,9.
Der Rost frisst so stark am Stahl, dass Nieten herausspringen können. Damit die niemanden verletzen können, sind die Spielplätze unter der Brücke im Park seitdem mit Bauzäunen versperrt. Und die werden noch viele Jahre stehen.
Zuletzt war der Zeitraum Februar 2028 bis Juni 2030 als Bauzeit für den Neubau angekündigt worden. Dies wird sich nach Informationen des Tagesspiegels verschieben. Denn die Unterlagen der BVG für die Planfeststellung sind erst Anfang Oktober bei der Verkehrsverwaltung eingegangen – sieben Monate später als geplant.
Dies geht aus einer Bekanntmachung des Senats hervor, die am Freitag in Berliner Tageszeitungen veröffentlicht wurde. Demnach werden die Pläne ab dem 3. November öffentlich ausgelegt – und sie dürften auf Protest stoßen. Denn für die Bauarbeiten müssen im Park 15 Bäume gefällt werden, 10.720 Quadratmeter des neun Hektar großen Parks werden jahrelang für die Baustellenlogistik benötigt. Betroffen ist der zentrale Teil des Parks.
In den vergangenen Jahren hat sich der Park zu einer wichtigen Verkehrsachse für Radfahrer zwischen Potsdamer Platz und Südkreuz entwickelt. Pendler werden während der Bauphase behindert: Einer der beiden Hauptwege durch den Park wird komplett gesperrt, der andere immer dann, wenn Teile der Brücke abgebaut oder eingesetzt werden. Der Parkeingang von der Kurfürstenstraße wird Baustellenzufahrt.
Wie immer bei Planfeststellungsverfahren sind Einwendungen und anschließend Klagen gegen das Projekt möglich. Diese können das Projekt längere Zeit blockieren. Am Ostkreuz torpedieren Anwohner seit vielen Jahren erfolgreich den Bau einer Straßenbahnstrecke. Zwei Planfeststellungsverfahren sind bereits gescheitert, es läuft das Dritte. Die nur wenige hundert Meter lange Strecke gilt als Paradebeispiel für das Scheitern wichtiger Verkehrsprojekte.
Im günstigsten Fall dauert ein solches Verfahren in Berlin mittlerweile zwei Jahre. Dass für einen Ersatzneubau überhaupt dieses aufwändige Verfahren erforderlich ist, liegt am Denkmalschutz. Denn durch den Abriss geht die unter Schutz stehende Brücke „unwiederbringlich verloren“, wie es in der Bekanntmachung heißt, eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist deshalb Pflicht.
Die Zeit beim Neubau drängt
Ob der Bau 2028 starten kann, ist deshalb nicht sicher. Die Zeit drängt. Würde sich der Zustand nur um eine Zehntelnote verschlechtern, müsste die Brücke sofort gesperrt werden. Die Note 3,9 ist das Ende des Erlaubten, 4,0 bedeutet das Aus. Um die Brücke zu schonen, gilt seit Jahren ein Tempolimit für die Züge der U1 und U3, diese schleichen nur noch.
Dass eine Zwangssperrung über Nacht keine Fantasie ist, weiß Berlin spätestens seit dem Drama um die mittlerweile abgerissenen Autobahnbrücken am Dreieck Funkturm. In Charlottenburg-Wilmersdorf ist kein Planfeststellungsverfahren erforderlich, es kann sofort gebaut werden.
Für Fahrgäste aus Friedrichshain-Kreuzberg wäre eine Sperrung über Nacht eine Hiobsbotschaft. Denn das Umfahrungsgleis am Bahnhof Gleisdreieck ist immer noch nicht fertig. Während der mit 26 Monaten angesetzten Bauphase ab 2028 sollen die Züge der U1 aus Kreuzberg kommend über eine Kurve in Richtung Bülowstraße und weiter in die City West fahren.
Dies würde den Fahrgästen das Umsteigen am Gleisdreieck ersparen. Zwar wurde das vor Jahrzehnten abgerissene Gleis wieder gelegt. Da es nicht an ein Stellwerk angebunden ist, kann es aber nicht genutzt werden.
Die Brücke über den Park wurde 1913 gebaut, intern heißt sie „Bauwerk XII“. Der Neubau wird seit Jahren immer weiter verschoben. Angekündigt hatte die BVG die Arbeiten bereits im November 2018. Damals ging man von 17 Monaten Bauzeit ab 2021 aus. Es folgten weitere Ankündigungen, passiert ist nichts.
Planungsbüro soll Pannen verhindern
Mittlerweile ist Bauwerk XII Teil einer geplanten Generalsanierung unter dem Namen „U1-U4 Streckensanierung West“. Diese Abschnitte gehören zu den ältesten im Berliner Netz und sind teilweise mehr als 120 Jahre alt. Parallel mit der Brücke über den Park wird die direkt dahinterliegende Brücke über die Dennewitzstraße abgerissen und neu gebaut.
Zudem muss der Tunnel der U1 unter dem Kurfürstendamm bis Uhlandstraße saniert werden und der U2-Viadukt von Mendelssohn-Bartholdy-Park bis Nollendorfplatz. Für die Sanierung des ruinösen Bahnhofs Nollendorfplatz und der angrenzenden Tunnel kalkuliert die BVG die Zeit von Oktober 2027 bis Juni 2032.
Obwohl das alles seit Jahren geplant wird, muss ab Januar der U-Bahnhof Nollendorfplatz gesperrt werden. Vier Monate lang können U1, U3 und U4 nicht fahren. Der Zustand der Tunneldecke ist so katastrophal, dass nicht bis zur ab 2028 geplanten Sanierung gewartet werden kann. Dies war im Juli durch einen Artikel im Tagesspiegel bekannt geworden. Nur die oberirdische U2 kann fahren.
Für diese Generalsanierung hat die BVG ein Planungsbüro für das „Projektmanagement“ beauftragt. Das Büro soll verhindern, dass es ähnliche Pannen gibt wie aktuell bei der U6 nach Tegel. Die Strecke ist seit nunmehr drei Jahren gesperrt, aus geplanten 30 Monaten Bauzeit werden mindestens vier Jahre.
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