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Der Verband ist eine mächtige Stimme im Kampf um die politische Deutungshoheit in der hitzigen Wohnungsdebatte.

© Thilo Rückeis

Update

Mietendeckel-Debatte: Linke sollen den Verband der Wohnungsunternehmen unter Druck gesetzt haben

Der BBU kritisiert den Mietendeckel. Prompt soll die Linke mit dem Rückzug der Landesfirmen aus dem Verband gedroht haben. Das gefällt nicht allen.

Im Kampf um ein neues Mietengesetz greifen Vertreter der Linkspartei und des linken Flügels der Grünen zu harten Bandagen. Sowohl in aller Öffentlichkeit als auch hinter den Kulissen. Nach Informationen des Tagesspiegels soll es zu mehreren „intensiven Gesprächen“ mit einzelnen Vertretern der Wohnungswirtschaft gekommen sein, in der diese unter Druck gesetzt worden sein sollen. So zumindest der Vorwurf. Vonseiten der Wohnungswirtschaft ist deshalb von einem „mangelnden Verständnis von Pluralismus“ die Rede.

Im Zentrum der Offensive stehen der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und dessen Vorsitzende Maren Kern. Sie hatte die Pläne des Senats für einen Mietendeckel kritisiert und als „Schlag ins Gesicht für die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft“ bezeichnet. Daraufhin soll Kern von führenden Politikern der Linkspartei damit gedroht worden sein, die landeseigenen Wohnungsunternehmen aus der Interessengemeinschaft abzuziehen. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ berichtet.

Ein Rückzug der landeseigenen Unternehmen aus dem Interessenverband wäre für den BBU ein finanzielles Problem, da Howoge, Gesobau und Co einen erheblichen Teil der Beiträge einzahlen. Der Verband vertritt die Interessen von privaten, öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in Berlin und Brandenburg. Seine Mitglieder bewirtschaften rund 1,1 Millionen Wohnungen in Berlin und Brandenburg, etwa die Hälfte des Angebots. Was den Verband zu einer mächtigen Stimme im Kampf um die politische Deutungshoheit in der aufgeheizten Wohnungsdebatte macht.

Die landeseigenen Unternehmen sind eine mächtige Stimme im BBU

Café Einstein, 22. August 2019. Die BBU-Vorsitzende Maren Kern steht umringt von Politikern der Linkspartei. Minutenlang reden sie auf Kern ein, berichten Teilnehmer des Abends. Es sind nicht irgendwelche Politiker, sondern fast die halbe Parteispitze der Linken. Der Tenor: Kern solle sich künftig zurückhalten mit öffentlicher Kritik.

Nach Tagesspiegel-Informationen hatte sich zuvor auch Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) eingeschaltet. Sie habe, so heißt es, bereits im Juli klar zu verstehen gegeben, dass die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus Austrittspläne der landeseigenen Wohnungsunternehmen befürworten würde. Und Lompscher habe dem Verband dementsprechend Zurückhaltung in der politischen Debatte „empfohlen“, heißt es. Lompschers Sprecherin Katrin Dietl widersprach den Vorwürfen vehement: „Es wird seitens der Senatsverwaltung kein Druck auf den BBU ausgeübt, sich in irgendeiner Art pro Mietendeckel zu positionieren.“

Öffentlich mit Kritik am BBU trat vor allem die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katalin Gennburg, in Erscheinung. Auf Twitter fragte sie: „Wozu braucht es den BBU überhaupt aus Sicht der kommunalen Wohnungswirtschaft?“ Gennburg sagte dem Tagesspiegel am Sonnabend: „Wenn wir sehen, was für Kampagnen der BBU fährt, gibt es da eine ganz klare Unvereinbarkeit mit den Zielen der landeseigenen Unternehmen.“ Es stelle sich deshalb naturgemäß die Frage, warum diese weiterhin Mitglied bleiben sollten. Den Vorwurf, sie und andere Linke-Genossen würden den Verband unter Druck setzen, wies die Abgeordnete als „zynisch“ zurück.

Bei der Grünen-Fraktion ist Katrin Schmidberger für Wohnen und Mieten zuständig. Sie gehört dem linken Parteiflügel an und steht dem BBU ebenfalls „konstruktiv-kritisch“ gegenüber, wie sie sagte. Das habe sie bereits mehrfach in Diskussionen mit der BBU-Vorsitzenden zum Ausdruck gebracht. Der Verband könne kaum die Interessen renditeorientierter Unternehmen und gleichzeitig die der landeseigenen vertreten, sagte Schmidberger. Sie hält die aktuelle Debatte deshalb für wichtig – eine Position, die im Realo-Lager der Grünen auf wenig Gegenliebe stößt.

In der Wohnungswirtschaft erhofft man sich, dass der Regierende Bürgermeister, SPD-Mann Michael Müller, ein Machtwort spricht und den linken Flügel der Koalition einfängt. Denn bei den Sozialdemokraten herrschte Unverständnis über die Art und Weise, wie ihre Koalitionspartner teils mit dem BBU umgehen.

SPD und FDP kritisieren Linkspartei

Daniel Buchholz, Sprecher für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, erklärte, dass politischer Druck auf den BBU der falsche Weg sei. Die Koalition müsse die verschiedenen Akteure vielmehr zusammenbringen „Wir leben in einer Demokratie, da müssen wir auch kritische Stimmen aushalten“, sagte Buchholz. Er verwies darauf, dass sich auch die Wohnungsbaugenossenschaften kritisch geäußert hatten. „Die haben ihre Kritik sogar deutlich schärfer formuliert.“ Selbst die Betriebsräte der landeseigenen Wohnungsunternehmen kritisierten kürzlich öffentlich den Mietendeckel. Ihre Sorge: Personalabbau.

Am Sonntag reagierte Berlins FDP-Chef Sebastian Czaja auf die Vorwürfe gegen Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher. Auf Twitter schrieb er: „Der BBU fungiert als Brückenbauer. Sollte der Vorwurf stimmen, den Verband bei unerwünschter Kritik mundtot machen zu wollen, wäre das eine skandalöse politische Einflussnahme.“ Das kenne man aus anderen Systemen, fügte er an.

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