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„Mit der Regionalbahn in den Bundestag“: Heute Bezirksbürgermeister, morgen Bundespolitiker
Himmel, was für Fragen! Wo ist sein Büro? Wie kommt er zur Arbeit? Und wer ist im Rathaus von Berlin-Spandau jetzt die Übergangs-Lösung? Helmut Kleebank, SPD, spricht hier über die zähe Wahlnacht, den vollen Bundestag und den BVV-Krimi.
Stand:
Der Bürgermeister packt die Kisten. Nach zehn Jahren ist Schluss im Rathaus von Berlin-Spandau – aber noch nicht Feierabend. Helmut Kleebank, 56, kann Familienfoto, Teekanne, Yoga-Matte und Spandau-Fahne zurechtlegen. Denn Kleebank zieht es als Direktkandidat in den Bundestag. Ob er den Kuchenteller aus dem Rathaus mitnimmt (ein Gastgeschenk aus der Türkei)? Das ist eine andere Geschichte.
Bis 2 Uhr auf der Party - und jetzt?
„Es war keine krasse Zitterpartie in der Nacht zu Montag, aber die letzten Ergebnisse kamen einfach nicht rein“, erzählte Kleebank nach dem Wahl-Wochenende dem Tagesspiegel.
„Ich war bis 2 Uhr nachts auf der SPD-Wahlparty im „Café Charlotte“, in der Altstadt, dann bin ich nach Hause gefahren. Um halb vier kam der erlösende Anruf. Dann habe ich drei Whatsapp-Nachrichten geschrieben und bin in die Koje gefallen.“

© Kai-Uwe Heinrich
Das Ergebnis um 5.27 Uhr sah so aus für Spandau (und Charlottenburg-Nord): Kleebank kommt auf 32,8 Prozent (+0,7%).
Bundestag ist voll - er wird erst mal ein Büro anmieten
Wie geht es jetzt weiter, Herr Kleebank? „Wann mein erster Tag im Bundestag ist, weiß ich nicht so genau. Am 26. Oktober findet die konstituierende Sitzung statt, aber bis ich ein Büro habe, wird das bestimmt noch ein, zwei Monate dauern – die Platzlage ist im Bundestag beengt, wie Sie wissen. So lange kann ich aber die alten Räume von Swen Schulz in unserer Kreisgeschäftsstelle nutzen, die er angemietet hatte.“ Der SPD-Politiker aus Gatow hatte 2018 angekündigt, den Platz im Bundestag frei machen zu wollen. Was der jetzt macht? Erzählt er hier im Tagesspiegel.
Mit dem Auto zum Bahnhof, dann weiter mit der Regio
„Wie ich in den Bundestag im Berufsalltag fahre? Ich denke mal, dass ich im Alltag auch die Regionalbahn nehme“, sagt Kleebank. Klar, bei Terminen gibt es auch mal den Fahrdienst des Bundestags. Aber im Alltag die Regio - warum nicht? Machen noch andere Politiker , auch aus dem Abgeordnetenhaus. „Dann stelle ich mein Auto ins Parkhaus und laufe rüber zum Zug.“ Kleebank wohnt am Berliner Stadtrand. Vom Bahnhof in Spandau sind es nur 20 Minuten bis zum Hauptbahnhof.
Am 26. Oktober gibt er sein Amt ab im Rathaus
Bis 26. Oktober wird Kleebank offiziell noch Bezirksbürgermeister in Berlin-Spandau sein (245.000 Einwohner), dann wird sein Amt als Bürgermeister in Spandau ruhen. Bis zur ersten Bezirksverordnetenversammlung am 4. November führt sein Stellvertreter Gerhard Hanke, CDU, die Geschäfte. Der hat auch schon Pläne für die Zeit danach: „Ich will den Opa-Tag einführen.“ Hier spricht Hanke über seine Zukunft.

© André Görke
Auch im Bundestag war es ein Duell zwischen CDU und SPD. Und Kleebank hatte auch ein bisschen Glück. Normalerweise tritt in Spandau sein Ortsnachbar Kai Wegner, CDU, an – doch der will ja in die Landespolitik. Seinen Platz hat er dem Musikmanager Joe Chialo vererbt. Der ist Mitglied im achtköpfigen „Zukunftsteam“ von Armin Laschet, smarter Typ, viel Ahnung von Kultur und Digitalisierung – aber von Spandau? Die Wähler blieben vorsichtig.
Der CDU-Konkurrent gratulierte mit Anstand
CDU-Politiker Chialo kam auf 23,5% (-7,5%), gratulierte aber noch in der Nacht mit Anstand: „Das Direktmandat im Wahlkreis 78 Spandau/Charlottenburg Nord – geht klar an Helmut Kleebank. Herzlichen Glückwunsch, es war ein fairer Wahlkampf!“
Die Grüne Bettina Jarasch trat hier 2017 an
Und die Grünen? Werden am Stadtrand bei all den Pendlern skeptisch beäugt. Ein bemerkenswertes Ergebnis erzielte dennoch Steffen Laube, 25, Bundestagskandidat der Spandauer Grünen. Der Student kam bei den Erststimmen auf 11,9 Prozent und steht damit fast doppelt so gut da wie seine Vorgängerin 2017. Wie hieß die noch mal? Ach ja, das war eine gewisse Bettina Jarasch, die 2021 Bürgermeisterin von ganz Berlin werden wollte.

© André Görke
Kleebanks Vorteil: Er kann mit Haushaltszahlen, kennt Paragrafen, Fördergeld-Tricks, hat Stärken im Bereich Schule, Sport und Grundstücksdeals – was alles kein Nachteil im Bundestag sein kann. Er selbst sieht seine Interessen noch im Bereich Verkehr, wobei er da in Spandau noch nicht groß aufgefallen ist.
Er war auch mal als Staatssekretär im Gespräch
Er war bisher Stadtrat für Schule, Sport, Personal und Finanzen. Dass er was kann, hat sich auch in der Berliner Politik rumgesprochen: Vor zwei Jahren war er mal als Schulstaatssekretär im Gespräch, entschied sich aber dagegen.

© Kitty Kleist-Heinrich
Vor seinem Amt als Bürgermeister war Kleebank Leiter einer Oberschule im Spandauer Nordwesten, in der Heinrich-Böll-Schule.
Als er damals zur Wahl antrat, kannte man ihn höchstens in der Spandauer Schulszene. Aber Kleebank - feiner Humor, kein humpeliger Grußonkel - setzte sich gegen die CDU durch und wurde zwei Mal Bürgermeister.
Wird seine Nachfolgerin eine Frau, die 1. im Rathaus?
Sein Wort hat in Spandau weiter Gewicht, deshalb verfolgt er auch die Koalitionsverhandlungen in Spandau, oder besser: die Bildung einer Zählgemeinschaft. „Die BVV-Wahl war ein Krimi. Und ein sehr gutes Ergebnis, zumal in Spandau nicht jeder Frau Carola Brückner kannte“, sagt Kleebank und meint damit seine mögliche Nachfolgerin.
Carola Brückner, ebenfalls SPD-Politikerin aus Kladow, landete knapp auf Platz 1 der Stimmen und wäre nach 100 Bürgermeistern die erste Frau. Der CDU-Kandidat Frank Bewig - bisher Stadtrat für die Top-Ressorts - hatte gegen den Bund- und Berlin-Trend zugelegt, aber am Ende liegt er 399 Stimmen hinter Brückner (deren SPD aber stark verlor).
„0,3 Prozentpunkte mehr als die CDU ist natürlich hervorragend, aber damit hat man am Ende noch nicht das Amt der Bürgermeisterin. Das werden jetzt die Sondierungsgespräche zur Bildung einer Zählgemeinschaft zeigen.“ Die SPD wird jetzt mit den Grünen, den Linken, der FDP und auch der Tierschutzpartei reden, die in Spandau auf 2 Sitze kommt. Die CDU führt Gespräche mit den Grünen, FDP und Tierschutzpartei - auch das würde zur Mehrheit reichen.
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