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Berlin: Mit Hut und Wut

Rapper Jan Delay trat beim „New Faces Award“ auf Im Juni will er gegen den G-8-Gipfel protestieren

Gelegentlich muss der Protest ohne ihn auskommen. Am 1. Mai zum Beispiel. Den Tag verbrachte Jan Delay in diesem Jahr ganz ruhig, bei seinen Eltern auf dem Land in der Nähe von Hamburg. Zurzeit muss der Rapper seine Kräfte gut einteilen. Im Juni will er mit Künstlern wie Herbert Grönemeyer, Wir sind Helden oder Kettcar nach Heiligendamm reisen, um auf dem Protestkonzert gegen den G-8-Gipfel aufzutreten. „Jeder sollte etwas tun, um zu zeigen, dass er mit bestimmten Sachen nicht einverstanden ist.“ Etwa mit Patenten, die günstige Medikamente für arme Länder verhindern. Oder mit zu wenig Entwicklungshilfe.

Diese Woche kam Jan Delay erst mal nach Berlin. Am Donnerstagabend trat er im Congress Center am Alexanderplatz bei den „New Faces Awards“ auf. Nachdem Hannah Herzsprung und Kostja Ullmann als beste Nachwuchsdarsteller geehrt wurden, gab der Rapper ein Konzert mit Songs aus seinem aktuellen Album „Mercedes Dance“. Und zeigte, was die Protestteilnehmer in Heiligendamm zu erwarten haben: eine schweißtreibende Show mit Message. Dass linksextreme Gruppen Randale angekündigt haben, begrüßt der 31-Jährige. „Sonst wäre es doch langweilig. Ich hab’ Bock auf Action, ich will, dass es Stress gibt. Da bin ich auch eher Hooligan.“

Der Hamburger ist seit jeher ein Mann der klaren Worte. Das war schon auf seiner ersten Solo-Platte „Searching for the Jan Soul Rebels“ so, die veröffentlichte der Rapper 2001 in einer Kreativpause seiner Hip-Hop-Gruppe Beginner. Für das Album schrieb er Stücke wie „www.hitler.de“ oder „Söhne Stammheims“. In Letzterem rappte Delay: „Nun kämpfen die Menschen nur noch für Hunde und Benzin, folgen Jürgen und Zlatko und nicht mehr Baader und Ensslin.“ Nicht wenige stießen sich an diesen Zeilen. Deshalb hat er auf dem aktuellen Album „das Textliche bewusst ein bisschen zurückgehalten, was linke Aussagen angeht“. Warum? „Weil mich das ankotzt, immer dieser Polit-Heini zu sein.“

Für linke Dogmatiker ist Jan Delay allerdings nicht nur ein „Polit-Heini“, sondern jemand mit Doppelmoral. Weil er einerseits das sogenannte System anprangert, aber andererseits Dutzende Paare Nike-Turnschuhe besitzt. Die Firma wird von Globalisierungsgegnern für ihre Produktionsbedingungen kritisiert. An dem Rapper, der bürgerlich Jan Eißfeldt heißt, prallen solche Anfeindungen ab: „Ich bin kein Schuh-Veganer, ich mag halt schöne Sneaker.“ Wenn es sein muss, trägt er aber auch Hut und Anzug.

Mangelndes Stilbewusstsein kann man Jan Delay also nicht vorwerfen. Er selbst tut sich allerdings schwer mit dem musikalischen Stilempfinden der Deutschen. Nachdem er im Februar bei Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“ gegen die Proll-Rocker Oomph das Nachsehen hatte, grantelte er: „Deutschland hat keinen Style.“ Vielleicht ist es aber auch überfordert von intelligenter Musik. So ließe es sich zumindest erklären, dass Jan Delay seit Beginn seiner Karriere Anfang der 90er keinen einzigen wichtigen Musikpreis bekommen hat – trotz etlicher Nominierungen. „Ich bin eben der Typ, den sie für die Kredibilität rausholen, damit habe ich mich abgefunden.“ Nur einmal zeichnete der Lokalsender Hamburg 1 die Beginner mit dem „Hamburger 99“ aus. Weil die TV-Station die Trophäen im Restposten-Ausverkauf erwarb, bekam jedes der drei Beginner- Mitglieder einen anderen Pokal. Die Dinger waren nicht mal ordentlich graviert. Der Preis erhielt bei Jan Delay trotzdem einen Ehrenplatz.

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