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Modellversuch „parkplatzfreier“ Graefekiez in Berlin: Ein Eingeständnis der Grünen, wie Verkehrspolitik nicht funktioniert
Statt im ganzen Graefekiez verschwinden nur in zwei Straßenabschnitten die Parkplätze. Das dürfte auch an der Einsicht der Grünen liegen, dass man mit maximaler Konfrontation nicht weiter kommt.

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Leuchtturmprojekt herunter gedimmt. So lässt sich zusammenfassen, was der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Graefekiez vollzieht: Statt wie zunächst angekündigt in einer deutschlandweit einmaligen Aktion alle Parkplätze im Viertel zu streichen, entfallen die Abstellflächen nun lediglich in zwei begrenzten Straßenabschnitten von 400 Metern Länge.
Auch wenn das Projekt gestutzt wurde, bleibt es vorerst einzigartig. Und noch immer lässt sich viel daraus lernen. Über die Grünen, die Hürden der Verkehrswende – und wie diese am Ende doch gelingen kann.
Dass das Pilotprojekt nun deutlich kleiner ausfällt, begründet der Bezirk unter anderem mit der Sorge vor fehlender Rechtssicherheit. Es ist das alte Problem: Wer auf Deutschlands Straßen Neues wagen will und sei es nur in einem Modellversuch, bekommt schnell die engen Grenzen der Straßenverkehrsordnung zu spüren.
Das ist und bleibt ärgerlich. Doch solange die Rechtslage besteht, macht es als öffentliche Verwaltung wenig Sinn mit der Brechstange dagegen zu handeln, wenn die eigenen Zweifel schon so groß scheinen.
Apropos Brechstange: Es ist einer der zentralen Vorwürfe, der den Grünen im vergangenen Abgeordnetenhauswahlkampf immer wieder gemacht wurde. Ob bei der Friedrichstraße oder beim Ziel, die Zahl der Parkplätze zu halbieren. Geht es um ihre Ziele in der Verkehrspolitik, verliert die Partei zuweilen das Maß. Zumindest schaffen es die Grünen nicht, die Bürger beim zweifellos nötigen Umbau der Stadt ausreichend mitzunehmen.
In diese Kategorie fielen auch die Pläne des grüngeführten Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, alle Parkplätze im Graefekiez ersatzlos zu streichen. Mehr Fläche entsteht dadurch für Fußgänger und Pflanzen. Und sicherer wird der Verkehr auch noch. Trotzdem ist die Maximalforderung auch bei Anwohnern auf Ablehnung gestoßen, die selbst gar kein eigenes Auto besitzen.
Der Plan, das Projekt nun zunächst kleiner zu dimensionieren und nur Schritt für Schritt in Absprache mit den Anwohnern auszuweiten ist daher nicht zuletzt als Eingeständnis der Partei zu verstehen. Soll Verkehrspolitik nachhaltig erfolgreich sein, darf sie die Bürger nicht zu sehr vor den Kopf stoßen.
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