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Strassenschildi m Graefekiez in Berlin-Kreuzberg.

© IMAGO/IPON

Nur ein bisschen parkplatzfrei: Modellprojekt im Berliner Graefekiez fällt deutlich kleiner aus

Nach und nach sollten im gesamten Kiez, private Parkplätze im öffentlichen Straßenraum wegfallen – zumindest war das der Plan. Jetzt sind es nur noch zwei Teilabschnitte.

Das Modellprojekt „Parkplatzfreier Graefekiez“ in Kreuzberg wird deutlich kleiner ausfallen als ursprünglich vorgesehen. Anstatt im gesamten Graefekiez, in dem rund 20.000 Menschen leben, sollen nur noch in zwei Teilabschnitten der Böckh- und Graefestraße fast alle Parkplätze wegfallen. Das gab das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Dienstag bekannt.

In den Straßenabschnitten, die insgesamt rund 400 Meter umfassen, sollen „schrittweise die meisten oder – je nach Engagement der Nachbarschaft – alle Kfz-Parkplätze umgenutzt“ werden, heißt es. Dies betrifft laut Stadträtin Annika Gerold (Grüne) rund 80 Parkplätze.

Zudem sollen im übrigen Graefekiez, der sich zwischen Landwehrkanal, Hasenheide, Kottbusser Damm und Urban-Krankenhaus erstreckt, weitere rund 320 Parkplätze durch die Einrichtung von 13 Jelbi-Stationen für Sharing-Angebote sowie die Einrichtung von Lade- und Lieferflächen für den Wirtschaftsverkehr wegfallen. Die Maßnahmen sollen ab Ende April schrittweise umgesetzt werden und zunächst bis Anfang 2024 gelten. Dann soll sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) erneut mit der Weiterentwicklung des Projekts beschäftigen.

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Ursprünglich sollte der Modellversuch um einiges größer ausfallen und die Umnutzung von bis zu 2000 Parkplätzen umfassen. Im Juni 2022 beschlossen SPD und Grüne in der BVV, dass im Rahmen eines Feldversuchs zur Neugestaltung des öffentlichen Raums im Graefekiez „keine privaten Pkw im öffentlichen Raum abgestellt werden“ sollen. Der Beschluss hatte berlinweit für Aufmerksamkeit und Kritik, unter anderem von Linken und CDU, gesorgt. Einen Einwohner:innenantrag, der sich gegen den Beschluss von SPD und Grüne wandte, unterschrieben mehr als 1600 Betroffene. Eine Entscheidung der BVV darüber steht noch aus.

Rechtliche Unsicherheiten

Laut Stadträtin Gerold war die „kontroverse Debatte“ mit ein Grund dafür, dass der Feldversuch nun deutlich kleiner ausfalle. Ein anderer Grund waren rechtliche Unsicherheiten. Eine Überprüfung der Verkehrssicherheit habe ergeben, dass „in Anführungszeichen nur eine durchschnittliche Gefährdungslage“ bestehe, so Gerold. Um Klagen vorzubeugen, habe man sich für eine schrittweise Umsetzung entschieden.

Gerold selbst ist von dem Projekt weiter überzeugt. „Wir erhöhen die Verkehrssicherheit, reagieren auf den Klimawandel, verbessern die Situation für Gewerbe und Lieferdienste und schaffen einen verbesserten Zugang zu geteilten Mobilitätsangeboten“, sagte sie bei der Vorstellung der Maßnahmen am Dienstag. Als Niederlage wollte sie den deutlich verringerten Umfang nicht verstehen. „Wenn ich das Projekt vom Ende her denke, bin ich zufrieden mit dem abgewandelten Verfahren“, sagte Gerold.

Begleitet wird der Feldversuch vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), das Einwohner:innen vor, während und nach dem Projekt befragen will und zudem die Verkehrsentwicklung während des Versuchs auswertet. Zusammen mit dem Verein Paper Planes sollen Einwohner:innen außerdem in die Gestaltung der frei werdenden Flächen einbezogen werden.

Laut Gerold stehen dem Bezirk für die Umsetzung keine eigenen Projektmittel zur Verfügung. Die Begleitung durch das WZB und Paper Planes wird mit 500.000 Euro von der Mercator Stiftung, Climate Change Center und der Deutsche Bundesstiftung Umwelt unterstützt.

Kritik an dem Vorhaben äußerte der CDU-Fraktionsvorsitzende in der BVV, Timur Husein. „Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Einwohner:innenantrag vom Bezirk mit keinem Wort erwähnt wird“, sagte Husein dem Tagesspiegel. Er kritisierte zudem, dass er von der Präsentation der Maßnahmen über Medienanfragen erfahren habe und die Bezirksverordneten vorab nicht informiert worden seien. Husein, der als Vertrauensperson der Einwohner:innen agiert, die sich gegen den Beschluss richten, kündigte an, gegebenenfalls Klage gegen das Vorhaben des Bezirks einzureichen.

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