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Ein Wagen mit einer Parole ist in das Tor des Kanzleramts gefahren.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Update

„Mörder“-Parole auf den Türen: Auto rammt Tor des Kanzleramts – Fahrer ist ein Wiederholungstäter

Ein Auto mit Parolen auf den Türen hat das Tor des Kanzleramts gerammt. Die Polizei nahm den Fahrer fest, Ermittler gehen von einem psychisch Erkrankten aus.

Während in der Regierungszentrale das Kabinett tagte, ist in Berlin am Mittwochmorgen ein Auto in das Tor des Bundeskanzleramts gefahren. Auf den Türen des dunklen VW-Kombis waren in Weiß die Parolen "Stop der Globalisierungs-Politik" und "Ihr verdammten Kinder- und alte Menschen-Mörder" zu lesen.

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Der Wagen trug das Kennzeichen "LIP" für den Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen. Die Polizei nahm den 54-jährigen Fahrer fest. Aus Sicherheitskreisen hat der Tagesspiegel erfahren, dass es sich bei dem Mann um denselben handelt, der schon vor mehr als sechs Jahren das Tor des Kanzleramts gerammt hat. Im Februar 2014 fuhr der damals 48-Jährige mit seinem Wagen an derselben Stelle gegen das Portal.

Offenbar handelte es sich seinerzeit um denselben VW-Kombi wie vom Mittwoch. Eine der Parolen damals: "Schluß mit dem Menschen tötenden Klimawandel". Dem "Spiegel" zufolge stand auf der anderen Seite: "Nicole, ich liebe dich".

"Der Fahrer fuhr mit sehr geringer Geschwindigkeit gegen das Tor", sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz. Der Mann sei allein in dem Auto gesessen und habe sich bei der Aktion nicht verletzt, an Tor und Wagen habe es "marginale" Schäden gegeben. Der Mann wurde ins polizeiliche Gewahrsam genommen und habe sich anfänglich kooperativ in seiner Befragung gezeigt.

Zu den Motiven konnte die Polizei zunächst keine Angaben machen. Nach Tagesspiegel-Information gehen die Ermittler aktuell aber von einer psychischen Erkrankung bei dem Mann aus. Außerdem sitzt er im Rollstuhl.

Zu etwaigen Verbindungen zu Protestbewegungen wie "Querdenken" konnte eine Polizeisprecherin zunächst nichts sagen, auch Cablitz wollte sich später nicht festlegen. Das Fahrzeug und die Parolen könne man aber als Indiz werten.

Direkt nach dem Vorfall hatte die Bundespolizei den Mann festgenommen und den Wagen auf Sprengstoff oder ähnliches durchsucht. Dabei kamen auch Hunde zum Einsatz - sie fanden aber nichts auffälliges, sondern nur private Gegenstände des Mannes. Diese werden nun von Ermittlern gesichtet.

Auf dem Beifahrersitz lag ein verschwörungsideologischer Artikel

Auf dem Beifahrersitz befand sich ein Zettel, auf dem in Kopie ein Auszug des verschwörungsideologischen Magazins „Wochenblick“ aus Österreich zu sehen war, wie ein vor Ort anwesender Fotograf dem Tagesspiegel berichtete.

Bei dem Ausdruck handelt es sich mutmaßlich um einen Artikel des Mediums aus dem September, in dem der plötzliche Tod einer 13-jährigen Schülerin in Verbindung mit dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gebracht wird. Immer wieder behaupteten führende Köpfe der "Querdenken"-Bewegung wie der Sinsheimer HNO-Arzt Bodo Schiffmann, dass etliche Kinder in Deutschland bereits durch das Tragen von Masken ums Leben gekommen sind. Beweise gibt es dafür keine.

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Besonders viel Aufsehen erregte der tragische Tod einer 13-Jährigen in einem Schulbus in Rheinland-Pfalz. Da die Schülerin zu dem Zeitpunkt ihres Todes eine Maske getragen haben soll, verbreiteten verschwörungsideologische Medien wie der österreichische "Wochenblick" das Gerücht, dass das Kind aufgrund einer CO2-Vergiftung gestorben sein könnte. Vonseiten der Behörden hieß es jedoch zu dem Vorfall, dass es keinerlei Beweise gäbe, die für die Alltagsmaske als Todesursache sprechen würden.

Aufrufe zu Protesten vor Bundestag und Kanzleramt

Währenddessen verbreitet sich in verschiedenen Telegram-Gruppen von Verschwörungstheoretikern und Anhängern der sogenannten "QAnon"-Bewegung das Gerücht, dass es sich bei dem heutigen Vorfall vor dem Bundekanzleramt um eine "inszenierte Aktion" handeln könnte, um die "Querdenken"-Bewegung weiter zu diskreditieren. Einige User sprechen von einer, angeblich von der Regierung vorbereiteten, "False-Flag"-Aktion.

Seit Tagen hatten verschiedene Kanäle der Corona-Bewegung zu Protesten am Mittwochmorgen vor Bundestag und Bundeskanzleramt aufgerufen. Anlass war eine für Mittwochnachmittag geplante Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder, um neue Pandemie-Maßnahmen zu beschließen.

Ein Dutzend Corona-Kritiker demonstrierten vorm Bundestag

Angemeldet war nach Angaben der Polizei eine kleine Versammlung gegen eine angebliche "Merkel-Diktatur". Während sich die Stuttgarter Initiative "Querdenken 711" nicht mit dem Aufruf gemein machte, rief der antisemitische Verschwörungsideologe Attila Hildmann seit Tagen zur Demonstration am Mittwochmorgen im Regierungsviertel auf.

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Nach Augenzeugenberichten fanden sich gegen 9 Uhr jedoch lediglich ein Dutzend Teilnehmer vor dem Reichstagsgebäude ein, während die Polizei klar in der Überzahl war.

Die Berliner Feuerwehr wurde nach dem Zwischenfall ebenfalls zum Kanzleramt gerufen. Man sei um 10.03 Uhr alarmiert worden, sagte eine Sprecher dem Tagesspiegel. Man sei mit einem Rettungswagen und einem Lösch- und Hilfsfahrzeug vor Ort gewesen. Der Rettungswagen war auch noch 45 Minuten später vor Ort, das andere Fahrzeug war bereits wieder abgezogen worden. (mit Reuters)

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