
© Jakob Tillmann
Moses-Mendelssohn-Preis : Mit Hummus Brücken bauen
Oz Ben David und Jalil Dabit leisten mit ihrem israelisch-palästinensischen Restaurant „Kanaan“ Verständigungsarbeit. Dafür wurden sie jetzt ausgezeichnet.
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Wer macht den besseren Hummus, du oder ich? Über diese Frage kann man sich die Köpfe einschlagen. Man kann sich aber auch zusammentun und gemeinsam den allerbesten Hummus kreieren. Und dann ein Restaurant eröffnen, in dem alle willkommen sind: ein Ort der Geselligkeit für Palästinenser und Israelis, Juden, Christen, Muslime, für Queers und Heteros.
Mit dem „Kanaan“ in der Schliemannstraße in Prenzlauer Berg haben Jalil Dabit und Oz Ben David einen solchen Ort geschaffen. Jalil Dabit, klein und quirlig, ist Palästinenser, Oz Ben David, groß und schlank, ist jüdischer Israeli, aber sie arbeiten zusammen und glauben daran, dass auch im Nahen Osten Palästinenser und Juden friedlich zusammenleben können.
„Make Hummus, not war“ steht draußen an ihrem Lokal angeschrieben, ihr gemeinsames Kochbuch präsentiert Gerichte und Geschichten aus Israel und Palästina. Die beiden haben sich auch nicht beirren lassen, als Ende Juli das Interieur ihres Lokals von Unbekannten verwüstet wurde. „Einen Tag später haben wir wieder eröffnet“, sagt Oz Ben David.

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Für ihre Arbeit wurden Jalil Dabit und Oz Ben David jetzt mit dem Moses-Mendelssohn-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet, Kultursenator Joe Chialo überreichte ihn im Festsaal des Roten Rathauses. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis ist, ganz im Sinne des Aufklärers Moses Mendelssohn (1720–1786), der Förderung der Toleranz gegenüber Andersdenkenden und zwischen den Völkern und Religionen gewidmet und wird, auf Anregung der Mendelssohn-Gesellschaft, seit 1980 alle zwei Jahre verliehen.
Die beiden Gastwirte stehen somit in einer Reihe mit illustren früheren Preisträgern wie Jan Philipp Reemtsma, Ahmad Mansour, Inge Deutschkron, Micha Ulmann, Wolfgang Thierse und Anetta Kahane.
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„Sie sind Vorbilder“, sagte Chialo. Denn Essen ist viel mehr als nur Nahrungsaufnahme, wie Tina Hüttl, Gastro-Kritikerin der „Berliner Zeitung“, in ihrer Laudatio sagte. Essen bringt Menschen zusammen, baut Brücken, schafft neue Erzählungen, das gemeinsame Essen kann verhärtete Positionen lösen. „Essen ist ein Kanal der Kommunikation, der offen ist, wenn alle anderen verbaut sind.“

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Die beiden nennen sich daher auch „energy creators“: Sie bringen positive Energie, in Form von Kalorien, aber auch in Form von Träumen und Zuversicht.
Den Traum eines sicheren und friedlichen Israels träumen beide: Oz Ben David, der in einer zionistischen Siedlung aufwuchs, und Jalil Dabit, der mit seiner Familie in fünfter Generation ein Restaurant in Ramallah im Westjordanland betreibt. „Dieser Traum kann nicht erreicht werden ohne Würde und Freiheit für die Palästinenser“, sagte Oz Ben David. Und Jalil Dabit fasst es so: „Wenn wir einander zuhören und die Geschichten der anderen verstehen, dann ist dieser Perspektivwechsel ein Geschenk für alle.“
Hummus gab es am Abend der Preisverleihung natürlich auch: Caterer eßkultur hatte zehn verschiedene Sorten Hummus – mit Bohnen, Erbsen, Roter Bete, Ingwer, Granatapfel – auf den Stehtischen platziert. Jeder wollte alles probieren und kam so auch mit allen ins Gespräch: der praktische Beweis für die verbindende Kraft des Essens.

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Oz Ben David und Jalil Dabit möchten diese Kraft in die Welt tragen. „Wir planen, im Kanaan Geflüchtete anzulernen und dabei zu unterstützen, eigene Restaurants zu eröffnen“, erzählt Ben David. Mit dem Café Levantina in der Rigaer Straße ist bereits ein erstes Beispiel entstanden, perspektivisch könnte eine „Kette des Friedens“ die wohlschmeckende Praxis der Toleranz immer weiter verbreiten.
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