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Der SV-Dynamo Mitgliedsausweis von Stasi-Chef Erich Mielke.

© dpa

Museumsraub in Berlin: Wer stahl Erich Mielkes Dynamo-Ausweis?

Plötzlich war der Dynamo-Ausweis von Stasi-Chef Erich Mielke weg. Die Polizei bittet um Hilfe bei der Suche, die Museen kämpfen mit der Sicherheit für ihre Ausstellungsstücke.

Von Markus Lücker

Vielleicht war es aus Fußball-Fantum oder aus DDR-Nostalgie. Egal weshalb, irgendjemand muss im Oktober den BFC-Dynamo-Mitgliedsausweis von Erich Mielke aus dem Ephraim-Palais in Mitte geklaut haben. Das Museum hält sich über den Fußball-Ausweis des ehemaligen Stasi-Chefs bedeckt.

Zwischen dem 22. Und 24. Oktober soll er aus der mittlerweile beendeten Ausstellung „Hauptstadtfußball“ entwendet worden sein. Auch die Polizei kann nicht viel zu dem Diebstahl sagen. Gerade wurde eine öffentliche Fahndung gestartet.

Von 1979 bis 1988 holte der BFC durchgängig den Meistertitel in der DDR-Oberliga. Mielke war damals beim Dachverband auch für den Leistungssport verantwortlich. Mit Dynamo wollte er die Überlegenheit des sozialistischen Sportssystems beweisen.

Wegen seiner Nähe zur Stasi war der Verein jedoch bei vielen anderen Mannschaften verhasst. Mittlerweile spielt Dynamo in der vierten Liga. Der Ausweis zeigt einen grimmig dreinblickenden Milke. Wie der Ausweis überhaupt geklaut werden konnte? Er lag in einer Vitrine, ansonsten gab die Polizei keine Details preis.

Ein Restrisiko bleibt

Museen reden ungern über ihre Sicherheitskonzepte. Wer seine Tricks verrät, muss sich nicht wundern, wenn das jemand ausnutzt. Und selbst die Polizei ist vor solchen Einbrüchen nicht sicher. Im September stiegen Einbrecher in das Berliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke ein. Ihr Ziel war die polizeihistorische Sammlung im Erdgeschoss des Gebäudes. Daraus klauten die Unbekannten unter anderem das Bundesverdienstkreuz von Johannes Stumm, der bis 1962 Polizeipräsident war.

Einer der sich auskennt, ist Hans-Jürgen Harras. Er ist für die Sicherheitssysteme der staatlichen Museen Berlin verantwortlich und sagt: „Man kann das Risiko nur verringern, aber nicht ausschließen.“ Nach solch einem Diebstahl werde für gewöhnlich geprüft, wie die bisherigen Sicherheitsmaßnahmen überwunden wurden und nachgebessert werden müssen.

Als im vergangenen Jahr ins Bode-Museum eingebrochen wurde, tat sich die Leitung danach direkt mit dem Landeskriminalamt zusammen, um das alte System zu prüfen. Im März 2017 brachen Diebe in das Museum ein und klauten die 100 Kilogramm schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“.

Hilfsmittel gegen Einbrüche

Gegen spontane Diebstahlgelüste von Ausstellungsbesuchern böten offensichtliche Mittel Schutz, sagt Harras. Also Sicherheitsscheiben, Vitrinen, Schlösser. Gegen ambitionierte Kriminelle sollen Wachpersonal und elektronische Warnsysteme helfen.

Letztere können nicht einfach von außen manipuliert werden, etwa per durchgeschnittenem Stromkabel. Die Elektrik der Museen funktioniert als geschlossenes System. Das größte Hindernis für einen Dieb sei aber der Gegenstand selbst, sagt Harras. „So ein Unikat wird man nicht einfach wieder los.“

Damit das so bleibt, arbeiten die Museen und das Landeskriminalamt mit Amelie Ebbinghaus vom Art Loss Register in London zusammen. Dort wird eine Datenbank über als gestohlen gemeldete Kunstgegenstände geführt. „Irgendwo in der Datenbank steht auch das geklaute Gebiss eines amerikanischen Ex-Präsidenten“, sagt Ebbinghaus. Wer als Händler Zähne angeboten bekommt oder eine Auktion abhalten will, kann eine Anfrage an das Register stellen.

Was tun, wenn es passiert

Rund 400 000 Objekte werden pro Jahr geprüft. „Das ist mittlerweile Standard im Kunsthandel, die Gegenstände verdachtsunabhängig prüfen zu lassen“, sagt Ebbinghaus. Aktuell bearbeite das Büro 150 Fälle von Raubkunst aus dem zweiten Weltkrieg und aktuelle Diebstähle aus Museen und Privatbesitz.

Berühmte Kunstwerke seien meist nur noch in abgeänderter Form wiederzufinden, sagt Ebbinghaus. Auch bei der Goldmünze aus dem Bode-Museum wird vermutet, dass die Diebe sie eingeschmolzen haben.

Andere Kunstwerke würden laut Ebbinghaus wegen fehlender Abnehmer auch oft zerstört oder weggeschmissen. „Manches landet auch einfach auf dem Flohmarkt.“ Ein Tipp: Am Sonntag im Mauerpark die Augen nach dem Mielke- Ausweis offenhalten. Vielleicht findet er sich ja neben ein paar abgehangenen Trikots, Uniformen und Armee-Fellmützen. Für die Polizei ist der Ausweis vor allem eins: ein Sammlerstück.

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