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Update

Nach 89 Tagen Hungerstreik in Berlin: Klimaaktivist Metzeler-Kick kehrt aus dem Krankenhaus ins Camp zurück

Er fordert eine Kanzler-Erklärung zum Klima: Seit dem 7. März befindet sich Wolfgang Metzeler-Kick im Hungerstreik. Am Montag brach er im Streikcamp zusammen.

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Der Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick hat nach einem Kreislaufkollaps das Krankenhaus wieder verlassen und ist ins Hungerstreik-Camp zurückgekehrt. Das teilte die Initiative „Hungern, bis ihr ehrlich seid“, zu der Metzeler-Kick gehört, am Dienstag mit.

Wegen seines lebensbedrohlichen Zustandes war der 49-Jährige am Montagabend nach Angaben der Initiative ins Bundeswehr-Krankenhaus eingeliefert worden. „Nach kurzzeitiger stationärer Behandlung stabilisierte sich sein Zustand, woraufhin er sich auf direktem Weg zurück ins Camp begab“, hieß es am Dienstag von der Initiative. In dem Camp im Invalidenpark setze er gemeinsam mit drei weiteren Aktivisten seinen Hungerstreik fort.

Im Krankenhaus habe Metzeler-Kick eine Elektrolyt-Lösung erhalten, hieß es von der Initiative. Er habe ein paar Stunden geschlafen und entschieden, trotz akuter Lebensgefahr seinen Hungerstreik fortzusetzen. Seine Partnerin habe ihn im Rollstuhl ins Camp gebracht.

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In einem Videostatement erklärte Metzeler-Kick, dass es ihm wieder besser gehe. Seine Labor- und Blutgaswerte seien unauffällig gewesen und er sei aus dem Krankenhaus entlassen worden.

„Ich möchte nicht sterben. Ich bin bereit, mein Leben zu riskieren, damit die wissenschaftlichen Fakten zur Klimakatastrophe endlich öffentlich ausgesprochen werden“, sagte Metzeler-Kick laut Mitteilung der Initiative.

Er ist entschlossen genug, um seinen Hungerstreik im Camp fortzusetzen, und daran arbeiten wir gerade.

Eine Sprecherin der Initiative „Hungern, bis ihr ehrlich seid“

Der Initiative zufolge war Metzeler-Kick gegen 20 Uhr im Camp der Aktivisten im Invalidenpark zusammengebrochen, woraufhin ein Rettungswagen alarmiert wurde. Als er mitgenommen wurde, sei er allerdings bei Bewusstsein gewesen. „Der Ingenieur des technischen Umweltschutzes befindet sich nun schon seit 89 Tagen im Hungerstreik, um den Bundeskanzler Olaf Scholz zu Klimaehrlichkeit aufzufordern“, hieß es in einer um 20.44 Uhr verschickten Mitteilung.

Kurz nach Mitternacht kam die überraschende Wendung: „Er ist entschlossen genug, um seinen Hungerstreik im Camp fortzusetzen, und daran arbeiten wir gerade“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Der 49-Jährige sei bei Bewusstsein, Mitglieder der Initiative hatten demnach im Krankenhaus Kontakt mit ihm.

„Wolli will nichts annehmen, das seinen Hungerstreik beenden würde“, sagte die Sprecherin. Metzeler-Kick hatte schon vor Tagen erklärt, er sei bereit, zu sterben.

Dem Tagesspiegel gegenüber sagte Metzeler-Kick bereits vor einigen Wochen, dass er auf mehrere Szenarios vorbereitet sei. Er deutete an, dass er gleich mehrere Patientenverfügungen vorbereitet habe, die etwa auch eine Zwangsernährung untersagen. Welche Verfügung letztlich aktuell zur Anwendung kommt und wie weit die Ärzte mit lebenserhaltenden Maßnahmen gehen dürfen, ist unklar.

Klar ist allerdings, dass eine entsprechende Verfügung bindend wäre: Ärzte dürften ihn nicht gegen seinen expliziten Willen am Leben halten. Zur Anwendung käme sie dann, wenn Metzeler-Kick nicht mehr ansprechbar sein sollte. Das war am Montagabend nicht der Fall.

Sein Gesundheitszustand sei von dem betreuenden medizinischen Team zuletzt als „akut lebensgefährlich“ eingestuft worden, hatte die Initiative am Abend mitgeteilt. Und auch die behandelnden Ärzte im Bundeswehr-Krankenhaus würden ihn lieber dort behalten, ergänzte die Sprecherin.

Erst am Morgen hatte er einen trockenen Hungerstreik angekündigt

Der Klimaaktivist hatte erst am Montagmorgen in einer Pressekonferenz angekündigt, ab Mittwoch in den trockenen Hungerstreik überzugehen. Zuletzt hatte er noch Wasser mit Mineralstoffen und Vitamintabletten getrunken, darauf wollte er ab dann auch verzichten. Normalerweise sterben Menschen in solchen Fällen binnen weniger Tage. Sein 34-jähriger Mitstreiter Adrian Lack, der seit 28 Tagen hungert, will ebenfalls ab Mittwoch gar nichts mehr zu sich nehmen.

Zugleich kündigte die Kampagne bei der Pressekonferenz an, Olaf Scholz durch eine Vereinfachung ihrer Forderungen entgegenzukommen. Der Bundeskanzler soll „nur noch drei wissenschaftliche Fakten in einer Regierungserklärung öffentlich aussprechen“. Der Bundeskanzler ist auf die Forderungen bisher nicht eingegangen und hat die Aktivisten wiederholt dazu aufgerufen, ihren Hungerstreik zu beenden.

Klimaaktivist Müller: „Du gefährdest Dein Leben für nichts“

Erst am Freitag hatte der Klimaaktivist Tadzio Müller, Mitbegründer der Anti-Kohle-Kampagne „Ende Gelände“, an Metzeler-Kick appelliert, seinen Hungerstreik abzubrechen. „Eine ,ehrliche Erklärung’ des ,Klimakanzlers’ zum Klimaschutz wäre politisch wertlos“, schrieb Müller. „Du gefährdest Dein Leben also für nichts.“ Es gebe kein Szenario, in dem Scholz auf die Forderung eingehen werde – denn stets würde ihm das von der Opposition als Erpressbarkeit ausgelegt.

„Auch nach Deinem möglichen Tod würde sich kein Druck auf Scholz aufbauen, etwas zu wiederholen, das wir alle schon wissen, es aber ständig aktiv verdrängen: Alle werden beschämt wegschauen“, schrieb Müller weiter. Im Falle eines Todes des Streikenden erwartet Müller auch negative Folgen für den Ruf der Klimabewegung: „Die Klimabewegung würde von außen als noch durchgeknallter, unsympathischer und endzeitreligiöser wahrgenommen, als wir es ohnehin schon werden.“

Protestforscher: Hungerstreik-Effekt in keinem Verhältnis zu Konsequenzen

Zuletzt äußerte sich der Protestforscher Dieter Rucht skeptisch zum Hungerstreik der Klimaaktivisten. Er respektiere zwar, dass die Leute aufrichtig handelten, sagte Rucht der „taz“. „Doch der bescheidene Effekt, der durch den Hungerstreik erreicht werden könnte, steht in keinem Verhältnis zu der drastischen Aktion und den möglichen Konsequenzen für die Aktivistinnen und Aktivisten“, fügte der emeritierte Professor vom Wissenschaftszentrum Berlin und an der Freien Universität (FU) Berlin hinzu.

Die Aktivisten leben in einem Zeltcamp im Invalidenpark am Bundeswirtschaftsministerium. Der Münchener Metzeler-Kick hatte seine Aktion am 7. März begonnen, die anderen folgten nach und nach. Zwei Personen mussten den Hungerstreik aus gesundheitlichen Gründen abbrechen, am Montag verweigerten noch vier Aktivisten die Nahrungsaufnahme. (mit epd)

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