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Sicherheitsleuchten und Überwachungskameras sind vor einem Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel zu sehen.

© dpa / Paul Zinken

Update

Nach Flucht aus der JVA Tegel: Berliner Justizsenatorin verteidigt Lockerungen für geflohenen Gewalttäter

Der Häftling war nach dem Freigang nicht in die JVA zurückgekehrt. Lena Kreck rechtfertigte nun, warum ihm unbegleiteter Ausgang gewährt wurde.

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Knapp zwei Wochen nach der Flucht eines verurteilten Gewalttäters hat Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) die Lockerungen für den Mann verteidigt. Vor der Entscheidung habe es eine umfassende Prüfung gegeben, erklärte sie am Mittwoch im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Dabei seien alle vorgeschriebenen Standards eingehalten worden, ergänzte die für den Justizvollzug zuständige Abteilungsleiterin Susanne Gerlach.

„Diesen Einzelfall des Scheiterns müssen wir aushalten“, sagte Gerlach und verwies auf die insgesamt wenigen Verstöße gegen Lockerungen im Strafvollzug. Laut Justiz gab es etwa 2018 insgesamt 200.080 Lockerungsmaßnahmen, lediglich in 81 Fällen kam es zu Verstößen. „Die Zahlen belegen, dass es sich nicht um ein systemisches Problem handelt“, betonte Kreck.

Die Fraktionen von CDU und FDP hatten eine Erklärung verlangt, warum dem Gewalttäter überhaupt Lockerungen wie ein unbegleiteter Ausgang gewährt wurden. Der 28-Jährige hatte seinen ersten unbegleiteten Ausgang am 27. August zur Flucht genutzt und war nicht wie vereinbart in die Justizvollzugsanstalt Tegel zurückgekehrt. Seitdem wird nach dem Mann gesucht. Die Fahndung wurde nach Justizangaben eine Stunde nach dem Zeitpunkt ausgelöst, an dem der Häftling eigentlich im Gefängnis hätte zurück sein müssen.

Recht auf Resozialisierung – Lockerungen keine „fixe Idee“

„Wie kann ein hochkrimineller Mensch bereits nach drei Jahren Ausgang erhalten?“, fragte der rechtspolitische Sprecher der CDU, Alexander J. Herrmann. Aus Sicht des FDP-Abgeordneten Holger Krestel ist dies umso unverständlicher, als dass der Mann Verbindungen zur organisierten Kriminalität und Verbindungen ins Ausland hatte.

Es gebe ein gesetzliches Recht und die Verpflichtung auf Resozialisierung, betonte Senatorin Kreck. Bei den Lockerungen handele es sich nicht um eine „fixe Idee“ ihrerseits. Bei der Entscheidung über derartige Maßnahmen müsse abgewogen werden, ob das Restrisiko vertretbar sei, erklärte Gerlach.

Der Mann verbüßte nach Schüssen 2016 am Kottbusser Tor in Kreuzberg eine achtjährige Haftstrafe wegen Mordes. Nach Justizangaben war der damals bereits mehrfach vorbestrafte Mann nicht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil das Landgericht Berlin wegen Drogenkonsums von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen war.

Nach Angaben der Justizverwaltung ist der 28-Jährige nicht mehr dem Rockermilieu zuzuordnen. Zudem sei ein früherer Vermerk zu Bezügen der organisierten Kriminalität nach seiner Verurteilung gelöscht worden.

Im Gefängnis habe der Mann, der inzwischen ein Kind habe, in den vergangenen Jahren an allen Gruppen- und Einzelmaßnahmen teilgenommen. Ziel der Lockerungen sei vor allem gewesen, den Mann an eine Arbeit heranzuführen, weil diese wesentlich sei nach einer Entlassung aus der Haft.

Vor dem unbegleiteten Ausgang gab es laut Gerlach seit 2021 vier Ausgänge mit Aufsicht. Im Juli habe es ein umfangreiches Testverfahren und Besprechungen gegeben, bevor dann der unbegleitete Ausgang erlaubt wurde. „Die Prognosen haben sich bedauerlicherweise nicht bestätigt“, erklärte Gerlach. (dpa)

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