Neues Schichtsystem geplant: Berliner Lieferdienst Gorillas will schnelle Fahrer bevorzugen
Wer nicht kommt zur rechten Zeit: Das Start-up möchte Schichten künftig zuerst an Beschäftigte vergeben, die besonders viele Bestellungen pro Stunde ausfahren.
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Der Berliner Lieferdienst Gorillas will offenbar ein neues Schichtsystem einführen, das schnelle Fahrer bevorzugt. Das geht aus einem internen Dokument hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Der Entwurf für eine Betriebsvereinbarung sieht vor, dass Schichten in Zukunft durch einen Algorithmus vergeben werden sollen. Der "Spiegel" hatte zuerst darüber berichtet.
Dem Plan zufolge sollen die Beschäftigten ihre "präferierte Wunscharbeitszeit" vorab in die Personaleinsatz-Software Quinyx eintragen, jeweils am Sonntag vor Beginn der Arbeitswoche. Der Arbeitgeber erstellt gleichzeitig eine Prognose über das Bestellvolumen sowie andere Faktoren, die sich auf den Personalbedarf auswirken, wie zum Beispiel Wetter, Verkehrsaufkommen oder Krankenstand.
Auf dieser Grundlage sollen für jede Tageszeit die notwendigen Schichten erstellt werden, entweder manuell oder per Algorithmus. Aus diesen Schichten können die Rider wählen. Ihre Wahl müssen sie in einem bestimmten Zeitfenster von zehn Stunden eintragen.
Besonders leistungsstarke Fahrerinnen und Fahrer sollen sich ihre Schichten aber vor den anderen aussuchen können: "Der Arbeitgeber ist berechtigt, innerhalb des Zeitfensters ein weiteres Zeitfenster festzulegen, in dem nur Rider am Shift Picking teilnehmen dürfen, die in ihren letzten 20 tatsächlichen Arbeitstagen (Urlaub/Krankheit bleiben außer Betracht) besondere Leistungen erbracht haben."
Problem für Gorillas: niedrige Umsätze pro Einkauf
Gemeint sind jene 25 Prozent des Teams, die die meisten Bestellungen pro Stunde ausgefahren haben. Gorillas bezeichnet diese Referenzgröße als "Utility Rate", behält sich aber vor, weitere Kenngrößen heranzuziehen, "solange dabei eine objektive Vergleichbarkeit der Mitarbeiter gewährleistet wird."
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Innerhalb der beiden Gruppen sollen alle Schichten nach dem Prinzip "first come, first served" vergeben werden. Soziale Faktoren werden in dem Dokument nicht genannt. Zum Beispiel spielt es für die Gedankenspiele der Chefs offenbar keine Rolle, ob die Beschäftigten durch ein Studium oder eine Familie andere Verpflichtungen haben.
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Hintergrund dieser Idee dürfte ein Problem sein, das Gorillas schon lange verfolgt: Die Umsätze pro Einkauf sind niedrig, die Personalkosten aber vergleichsweise hoch. Um Gewinne zu erwirtschaften, muss dieses Missverhältnis ausgeglichen werden. Das fordern Berichten zufolge die Investoren. Eine Möglichkeit dafür wäre es, die Zahl der Fahrten pro Stunde zu erhöhen.
Das Management hat bereits seit Wochen Tests mit dem neuen Schichtsystem durchgeführt. Wie der Tagesspiegel aus Beschäftigtenkreisen erfuhr, wurde in einer Filiale in der Martin-Luther-Straße in Schöneberg damit experimentiert. Aktuell verhandelt die Geschäftsführung demnach mit dem Betriebsrat über die Einführung dieses unternehmensintern umstrittenen Systems.
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