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Einen Bahnhof für S-Bahnen, Fern- und Regionalzüge gibt es bereits. Folgt bald eine U-Bahnstation?

© Soeren Stache/dpa

Neukölln warnt vor Verkehrschaos: Fährt die U7 bald bis zum BER durch?

Bezirksbürgermeister Martin Hikel fordert einen Plan für den Verkehr rund um den BER – idealerweise mit U7-Ausbau. Doch die Verkehrssenatorin ist skeptisch.

Neukölln fürchtet das Chaos. Wenn Ende Oktober der Flughafen BER aufmacht, wird Rudow im Stau stehen. Dies sagte der Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) am Montag – und forderte, „jetzt endlich Dampf zu machen“ mit der Verlängerung der U-Bahn-Linie 7 zum BER.

Hikel unterstützt eine Bürgerinitiative in Rudow, die am Montag eine Unterschriftensammlung startete. Wenn dann alle paar Minuten Busse am U-Bahnhof Rudow ankommen und abfahren, werde der Verkehr an der Rudower Spinne (so heißt die Kreuzung an der U-Bahn) zusammenbrechen.

„Die Passagiere werden nicht sicher pünktlich zum Flugzeug kommen“, prophezeite Hikel. Eine U-Bahn zum BER sei „viel Infrastruktur für wenig Geld“. Denn selbst wenn die Strecke eine Milliarde Euro kosten würde, „75 Prozent kommen vom Bund“, sagte Hikel. Und den Rest könnten sich zwei Bundesländer teilen.

Die BVG erwartet 38.000 Fahrgäste pro Tag auf dem Abschnitt. Auch die Gemeinde Schönefeld will die U-Bahn – denn auch dort wird Dauerstau befürchtet. Wie viel die Strecke genau kosten könnte, ist immer noch unklar. Ende 2018 hatte Verkehrssenatorin Regine Günther auf Druck der Berliner SPD drei Machbarkeitsstudien (U6 auf das Flugfeld Tegel, U7 zum BER und U8 ins Märkische Viertel) in Auftrag gegeben – die sind immer noch nicht veröffentlicht.

„Seit 2018 ist zu wenig passiert“, kritisierte der Bürgermeister. Wie berichtet, sollte die Machbarkeitsstudie längst veröffentlicht sein – nachdem noch eine vierte Studie (U7 von Spandau nach Heerstraße Nord) hinzukam, änderte Günther ihre Meinung, alle Studien sollen nun gleichzeitig veröffentlicht werden. Hikel erwartet die Studie im Herbst – zwei Jahre nach Beginn. Mit Planung und Bau werden weitere 15 Jahre verstreichen.

Unterirdischer Bahnhof wäre technisch möglich

Bekanntlich gilt Günther – wie fast ihre gesamte Partei – als U-Bahn-Skeptikerin und Straßenbahnbefürworterin – wegen der hohen Kosten beim U-Bahn-Bau. Allerdings bröckelt die harte Linie der Partei. Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek sagte am Montag dem Tagesspiegel: „Die Strecke zum BER macht Sinn – aber nur, wenn es einen unterirdischen Bahnhof gibt.“

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Sie habe sich von Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup zeigen lassen, dass dies technisch möglich wäre, sagte Kapek. Dieser Vorschlag überrascht. Aus Kostengründen hat die BVG in ihren internen Plänen darauf verzichtet, die U-Bahn unterirdisch enden zu lassen. Auch Kapek sagte, dass diese Lösung „sehr kostenintensiv sei“, sie sei aber „zwingende Voraussetzung“, wenn die U7-Verlängerung Sinn machen solle.

Regine Günther (Bündnis 90/Die Grünen Berlin), Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
Regine Günther (Bündnis 90/Die Grünen Berlin), Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.

© Mike Wolff

Die BVG rechnet intern mit 700 Millionen Euro für die acht Kilometer, Günther hatte 2018 eine Milliarde geschätzt. Anders als zum Beispiel beim Bau der U5 Unter den Linden erwarten Ingenieure keine Schwierigkeiten. Nur bis zur Stadtgrenze würde die Strecke im Tunnel liegen, danach oberirdisch geführt werden. Dies ist deutlich billiger als ein Tunnel.

Neue U-Bahnstation „Air Town“

Geplant sind mehrere Zwischenstationen, unter anderem im Rudower Frauenviertel (Liselotte-Berger-Platz) und am S-Bahnhof Schönefeld. Eine weitere Station, Arbeitstitel „Air Town“, vor dem Passagierterminal würde den Angestellten der vielen Firmen, die dort schon sitzen oder noch bauen, eine Anbindung bieten.

Derzeit wird geprüft, ob und wie die Strecke bis zum neuen Hauptstadtflughafen BER verlängert werden kann.
Derzeit wird geprüft, ob und wie die Strecke bis zum neuen Hauptstadtflughafen BER verlängert werden kann.

© Sören Stache/dpa

Enden würde die Trasse vor dem Terminal. Die BVG hat zwei Standorte im Blick: Entweder in Höhe Parkhaus P4 oder gegenüber der Feuerwache Ost. Auf dem riesigen Flughafengelände sei ebenfalls ausreichend freier Platz für eine oberirdische Führung, hieß es.

Länder planen Station für S-Bahn, Regional- und Fernzüge

Bekanntlich hatten Berlin und Brandenburg darauf verzichtet, am BER einen U-Bahnanschluss mitzuplanen. Gebaut wurde nur ein gemeinsamer Bahnhof für S-Bahn, Fern und Regionalzüge. Diese Station liegt unter dem Terminal, für eine U-Bahn gibt es aber keinen Platz mehr. Hier müsste zuerst eine Verbindung geschaffen werden.

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„Mit der Forderung nach einem unterirdischen U-Bahnhof ist das Projekt tot“, wird nun BVG-intern befürchtet. Offen blieb, ob die Machbarkeitsstudie der Verkehrsverwaltung die Variante eines unterirdischen Bahnhofs überhaupt enthält. Ein Sprecher konnte die Frage am Montag nicht beantworten.

Neuköllns Bezirkbürgermeister Martin Hikel befürchtet ein Verkehrschaos, wenn der angrenzende BER eröffnet.
Neuköllns Bezirkbürgermeister Martin Hikel befürchtet ein Verkehrschaos, wenn der angrenzende BER eröffnet.

© imago/Christian Ditsch

Vom oberirdischen U7-Bahnhof ins Terminal wäre es ein längerer Fußmarsch. Allerdings verweist die BVG darauf, dass der Flughafen erweitert werden soll – dann würde die Station direkt an einem der neuen Terminals liegen. Und noch ein Argument hat die BVG für einen separaten Bahnhof – in dem Moment, in dem zum Beispiel ein verdächtiger Koffer im DB-Bahnhof unter dem Terminal gefunden wird, hätte der Großflughafen eine alternative Bahnanbindung.

U5-Ausbau soll Vorbild sein

BVG-intern ist auch zu hören, dass man mit dem U5-Team „geballte Kompetenz“ bieten könne für Planung und Bau. Bekanntlich hatte die BVG die technisch komplizierte Verlängerung der U5 zwischen Hauptbahnhof und Alexanderplatz erstmals an eine eigens gegründete Tochterfirma ausgegliedert.

Da die U5 Ende dieses Jahres fertig wird, würde sich die Truppe in alle Winde zerstreuen, so die Befürchtung. Oder Berlin ringt sich doch durch, wieder U-Bahnen zu bauen. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller hatte sich 2018 für einen U7-Ausbau ausgesprochen, ebenso die IHK und die Bauwirtschaft.

Bürgermeister Hikel warb damit, dass die Trasse in Neukölln seit Jahrzehnten von Bebauung frei gehalten wurde, eine U-Bahn lasse sich also kostengünstig in offener Grube bauen. Deshalb stehen auf dem Lieselotte-Berger-Platz auch keine Bäume, so Hikel: Der Platz soll dem künftigen U-Bahnhof als Deckel dienen.

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