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Wegen Teilnahme eines umstrittenen Imams: Neuköllner CDU-Stadträte bleiben Gedenkstunde für Samuel Paty fern
Stadtrat Falko Liecke schrieb, er lasse sich nicht instrumentalisieren. Der Verfassungsschutz beobachtet eine beteiligte Moscheegemeinde.
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Bei einer Gedenkkundgebung für die Opfer islamistischer Anschläge in Frankreich und Dresden in Neukölln haben am Montag die beiden CDU-Stadträte gefehlt. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) hatte Vertreter aus der Neuköllner Zivilgesellschaft eingeladen - auch Imam Taha Sabri von der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) nahm teil.
Gesundheitsstadtrat Falko Liecke und Umweltstadtrat Bernwart Eberenz (beide CDU) blieben der Veranstaltung wegen des Imams fern. Der Grund: Die NBS wurde wiederholt im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin aufgeführt, galt dort als der Muslimbruderschaft nahestehend. Die NBS hatte jedoch dagegen geklagt und wird deshalb seit 2018 nicht mehr im Verfassungsschutzbericht aufgeführt, aber weiter beobachtet.
Die Rolle des Moscheevereins ist umstritten, weil sich Imam Taha Sabri auch immer wieder öffentlich für interreligiösen Dialog ausspricht, mit Kirchen-Vertretern zusammenarbeitet. Er erhielt dafür bereits den Verdienstorden des Landes Berlin
Auf Facebook schrieb CDU-Mann Liecke: „Als Vertreter des Islam wurde Taha Sabri, der Imam der NBS.ev – Dar Assalam Moschee, eingeladen. Jener Moscheegemeinde, die fortgesetzt vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Jener Moscheegemeinde, die dem legalistischen Islamismus zugerechnet wird und die wohl Verbindungen zu den islamistischen Moslembrüdern hat.“
Er lasse sich nicht instrumentalisieren, schrieb Liecke weiter, "nicht von diesen Extremisten und von keinen anderen". Ein ehrliches Gedenken an die Opfer der islamistischen Gewalttaten würde anders aussehen.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel verteidigte die Einladung von Taha Sabri. Er sagte dem Tagesspiegel: "Wir haben gestern ein Zeichen des Zusammenhalts gesetzt. Die Stimmung war nach den Anschlägen vor allem durch die Demos und Provokationen sehr aufgeheizt." Damit spielte Hikel auf die geplante Koran-Verbrennung dänischer Rechtsextremisten und das Verbrennen von Emmanuel-Macron-Masken eines syrischen Youtubers in Neukölln an.
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Hikel sagte: "Diese Situation gilt es zu beruhigen, mit Menschen die einen Ausschnitt der Neuköllner Religionsgemeinschaften darstellen. Unser Konsens in Neukölln ist, dass wir das Grundgesetz verteidigen gegen seine Feinde und jede Form von Gewalt ablehnen. Das wurde gestern durch alle Teilnehmenden deutlich." Die Nicht-Teilnahme einzelner Parteien wollte er nicht kommentieren.
Auf der kurzen Gedenkveranstaltung am Montag hatte Hikel gesagt: „Wir Neuköllner halten zusammen, gegen Hetze und Gewalt. Egal ob gläubig oder nicht, egal welche Hautfarbe, welche Sprache. Im Kampf gegen Terrorismus stehen wir zusammen.“
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Neben ihm nahmen der Grünen-Politiker Cem Özdemir, die Bezirksstadträte Karin Korte (SPD) und Jochen Biedermann (Grüne) teil, außerdem Imam Taha Sabri, Superintendent Christian Nottmeier vom Evangelischen Kirchenkreis Neukölln, Lissy Eichert vom Pastoralteam Neukölln der katholischen Kirche und Nader Khalil, der Leiter des deutsch-arabischen Zentrums (DAZ).
Kritik an der Veranstaltung kam auch vom Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Sie fragten via Twitter, warum durch die Einladung von Taha Sabri "der Bock zum Gärtner gemacht" werde. Cem Özdemir dagegen schrieb: "Gut, dass ein Imam dabei war. Schweigen geht nicht mehr!"
Richtigstellung: In einer früheren Version des Textes hatten wir geschrieben, die NBS habe gegen die Erwähnung im Verfassungsschutz geklagt und sei damit "vorerst gescheitert". Das war falsch. Die Klage des Vereins war erfolgreich. Die entsprechende Textstelle haben wir korrigiert. Die Redaktion
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