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Neuverschuldung in Milliardenhöhe: CDU und SPD verständigen sich auf Haushaltsentwurf
Um den Spardruck im Berliner Landeshaushalt zu mindern, nutzt die Koalition die Kreditmöglichkeiten, die ihr der Bund gewährt. Es wird weiterhin mehr Geld ausgegeben als eingenommen.
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Die schwarz-rote Koalition hat eine grundlegende Einigung über den Doppelhaushalt 2026/2027 erzielt. Das bestätigten Vertreter beider Parteien dem Tagesspiegel. Demnach seien nur noch wenige Detailfragen zu klären, große Konflikte gebe es keine mehr. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) wird den Haushaltsentwurf am kommenden Dienstag präsentieren. Das Land wird in den kommenden beiden Jahren wieder jeweils rund 40 Milliarden Euro ausgeben.
Zur Einigung gehört auch die von SPD-Fraktionschef Raed Saleh angekündigte Beibehaltung der Gebührenfreiheit in der Bildung. Sowohl die Kita-Betreuung als auch das Schulmittagessen und das Schülerticket bleiben für alle kostenlos. Offiziell wollte sich am Montag zwar kein führender Christdemokrat dazu äußern, aus Parteikreisen wurde die Einigung dem Tagesspiegel jedoch bestätigt. Im Gegenzug habe die CDU unter anderem durchgesetzt, dass es keine Kürzungen bei der Schulbauoffensive geben werde.
Möglich ist der Verzicht auf Kürzungen in diesen Bereichen auch, weil sich der weiterhin hohe Spardruck in Berlin durch Entscheidungen auf Bundesebene verringert hat. So dürfen sich die Bundesländer ab dem kommenden Jahr wieder im geringen Maß strukturell verschulden. Für Berlin bedeutet das zusätzliche Kreditaufnahmen in Höhe von 780 Millionen Euro pro Jahr, wie aus einer Präsentation der Senatsfinanzverwaltung hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Dazu kommt das Infrastruktursondervermögen des Bundes. Aus diesem stehen Berlin in den kommenden zwölf Jahren 430 Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Krediten zur Verfügung. Anders als ursprünglich geplant muss dieses Geld nun nicht für zusätzliche Brücken oder Straßen ausgegeben werden, sondern kann für bereits geplante Investitionen verwendet werden.
Sondervermögen kann für bereits geplante Investitionen genutzt werden
Berlin profitiert davon unter anderem bei der Wohnungsbauförderung. Ursprünglich klaffte im Budget von Bausenator Christian Gaebler (SPD) ein Loch von einer Milliarde Euro, weil durch verbesserte Förderbedingungen der Bau von mehr Sozialwohnungen genehmigt wurde und dementsprechend mehr Geld benötigt wird.
Dieses Defizit konnte der Senat nun „auch dank des Sondervermögens des Bundes“ wieder schließen, erklärte Gaebler am Montag während einer Besichtigung mehrerer Bauprojekte in Berlin.
Als dritte Option steht dem Land die sogenannte konjunkturbedingte Kreditaufnahme zur Verfügung. Schwächelt die Wirtschaft darf Berlin mehr Kredite aufnehmen, um wegfallende Steuereinnahmen auszugleichen. Im kommenden Jahr belaufen sich diese Kreditaufnahmen nach Tagesspiegel-Informationen auf rund eine Milliarde Euro. Zudem plant die Koalition weiterhin Notlagenkredite für die Unterbringung von Geflüchteten aufzunehmen.
Von „Entwarnung“ bezüglich des Haushalts sprach ein Koalitionspolitiker angesichts dieser Umstände am Montag. Allerdings weisen einige in der Koalition darauf hin, dass Berlins Haushalt weiterhin in einer Schieflage ist. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen – dies wird mit Krediten in Milliardenhöhe überdeckt, die darüber hinaus die Zinsbelastung in den kommenden Jahren erhöhen.
„Wie viele andere deutsche Länder und Großstädte befindet sich auch das Land Berlin in einer extrem angespannten Haushaltslage“, sagte Finanzsenator Stefan Evers dem Tagesspiegel. Es brauche vor allem wirtschaftspolitische Impulse, um strukturelle Wachstumshemmnisse abzubauen und die deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. „Hierfür erwartet das Land Berlin, dass der Bund die von ihm zu verantwortenden Belastungen im Sinne des Konnexitätsprinzips ausgleicht.“
Damit spielt Evers auch auf das sogenannte „Wachstumspaket“ der Bundesregierung an, das am Freitag vom Bundesrat beschlossen wurde. Geplant sind unter anderem mehrere Steuererleichterungen für Unternehmen.
Ein größeres Fragezeichen dürfte zudem noch hinter dem Etat von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) stehen. Wie berichtet behalten sich die Berliner Hochschulen vor, gegen die Kündigung der Hochschulverträge und die entsprechenden Kürzungen vorzugehen.
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Abgeordnetenhaus (WDP) kam kürzlich zu dem Schluss, dass die Verträge bindend sind und nicht einseitig vom Senat gekündigt werden können. Laut WPD ist die Haushaltslage keine ausreichende Grundlage für eine Sonderkündigung. Am Montagabend war eine weitere Verhandlungsrunde zwischen Senat und Hochschulen angesetzt.
Nach der Vorstellung des Haushaltsentwurfs durch den Senat wird dieser nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause im Abgeordnetenhaus debattiert und dort schließlich Ende des Jahres beschlossen.
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