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Vom Staub befreit: Ohne Ehrenamtliche ginge im Heimatmuseum Steglitz nichts

Sie hüten die Historie der Bezirke: Die Heimatmuseen dieser Stadt. In zwei Bezirken führen Vereine mit Freiwilligen die Häuser - ein Besuch in Steglitz.

Von Bedingungen wie in der Villa Oppenheim, dem gerade eröffneten Museum Charlottenburg-Wilmersdorf, können die Macher des Steglitzer Heimatmuseums nur träumen. Fördergelder in Millionenhöhe, den Senat als Unterstützer – das alles gibt es an der Drakestraße nicht. Doch in diesem Heimatmuseum ist trotzdem jede Menge los. Gerade hängt Peter-Hans Zippler Bilderrahmen an die Wand und sein Mitstreiter Herbert Walter misst mit einem Zollstock nach, ob auch alles gerade hängt. Am Wochenende hat die neue Ausstellung eröffnet – bis dahin musste alles tiptop sein.

Dass den Berlinern historische Schätze erhalten bleiben wie das Modell der ersten Berliner Straßenbahn, die in Lichterfelde verkehrte, haben sie auch den Ehrenamtlichen aus dem Steglitzer Heimatverein zu verdanken. „Das Heimatmuseum in Zehlendorf und unsere Einrichtung sind die einzigen beiden Berliner Heimatmuseen, die komplett von einem Verein getragen und von Ehrenamtlichen betrieben werden“, sagt die Vereinsvorsitzende Gabriele Schuster.

Seit 1923, drei Jahre, nachdem das größte Dorf Preußens durch das Groß-Berlin-Gesetz zu einem Ortsteil der Reichshauptstadt wurde, kümmern sich Interessierte im Steglitzer Heimatverein um die Geschichte ihres Bezirks. In eigenen Räumen zeigt das Museum etwa die Geschichte der im 19. Jahrhundert in Lichterfelde entstandenen Hauptkadettenanstalt. „Wir stellen zum Beispiel Uniformen und Tagebücher der Soldaten aus, das Lehrmaterial von damals, das Essgeschirr und die Helme der Gardeschützen“, sagt Museumsleiterin Gabriele Schuster.

Außerdem ist unter anderem die Geschichte der Ortsteile Lankwitz und Südende dokumentiert. Ein Archiv sammelt Zeitungsausschnitte und andere Schriftstücke zum Bezirk Steglitz und seinen Bewohnern. Und in einer Bibliothek können sich Besucher Literatur zum Bezirk ausleihen.

Damit diese Angebote aufrechterhalten werden können, braucht es viele Helfer. Rund 25 Vereinsmitglieder engagieren sich Woche für Woche in der alten Lichterfelder Villa, zehn von ihnen sind fast täglich an der Drakestraße anzutreffen. „Im Prinzip kann bei uns jeder mitmachen – vom Hausmeister bis zum Professor“, sagt Gabriele Schuster. Mitzubringen sei nur ein Interesse an der Steglitzer Geschichte. „Ansonsten haben wir für jeden etwas zu tun.“

Auch praktische Fähigkeiten seien gefragt: Eine Ehrenamtliche leitet etwa den kleinen Museumsshop, andere betreuen während der Veranstaltungen des Museums das Café, schenken den Wein aus und schmieren die Brote. Und immer wieder müssten auch kleinere handwerkliche Tätigkeiten erledigt werden. „Im Archiv dagegen brauchen wir vor allem Menschen, die genau oder sogar penibel sind“, sagt Ulrich Roeske. Der ehemalige Referatsleiter im Bundesarchiv betreut als Pensionär das Archiv des Heimatvereins, das neben den Zeitungsausschnitten auch über 6500 Fotos und 2000 Postkarten zur Steglitzer Geschichte umfasst. „Wenn wir hier etwas aus Versehen falsch einordnen würden, würden wir es nur durch Zufall wiederfinden“, sagt Roeske. Wer sich hier engagieren möchte, müsse also sehr genau und detailgetreu arbeiten. Und Interessenten müssten die Bereitschaft mitbringen, etwa an einem Sonntag im Museum mitzuhelfen. Denn gerade am Wochenende werden die Ausstellungen des Heimatmuseums von den Steglitzern und ihren Gästen gern besucht. Dann strömen sie vorbei an den ausgestellten Sekretären, Esstischen und den Gemälden, die vom Wohlstand des Stadtviertels zeugen. Der Erfolg belohnt die Mühen der Ehrenamtlichen: Wenn beispielsweise eine Biografie etwa zu einem in Lichterfelde wohnenden Wissenschaftler geplant ist oder eine Familiengeschichte zu schreiben ist, fragen die Autoren regelmäßig auch beim Steglitzer Heimatverein an. Rund 3000 Anfragen bearbeiten die Ehrenamtlichen pro Jahr. Denn es hat sich herumgesprochen, dass der Steglitzer Heimatverein einen unschätzbaren Fundus an Informationen zu bieten hat.

Derzeit steht die Arbeit des Museums ganz im Zeichen der aktuellen Ausstellung „Rückkehr ins Leben“, die am Sonnabend mit einem Festakt in der Lichterfelder Johanneskirche eröffnet wurde: Die Schau zeigt die Geschichte von Angehörigen der Verschwörer des 20. Juli 1944, die von den Nationalsozialisten in Sippenhaft genommen und später als Geiseln nach Tirol verschleppt wurden. „Eine ganze Reihe der in der Ausstellung beschriebenen Personen hat Beziehungen nach Steglitz gehabt“, sagt Gabriele Schuster. „Die Familie von Hammerstein etwa oder die Kabarettistin und spätere Ordensfrau Isa Vermehren.“

Über deren Schicksale können sich Interessierte in der neuen Ausstellung informieren, ebenso während eines umfangreichen Vortrags- und Führungsprogramms, das der Heimatverein parallel dazu bis zum Sommer anbietet. Geleitet wird es, natürlich, von Ehrenamtlichen.

Das Heimatmuseum an der Drakestraße 64 A ist noch bis 30. April jeweils montags von 16 bis 19 Uhr, am Mittwoch von 15 bis 18 Uhr und am Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Archiv und Bibliothek stehen montags und mittwochs für Benutzer zur Verfügung. Alle Informationen zu Museum, Heimatverein und Angeboten unter Telefon 833 21 09 und im Internet unter www.steglitz-museum.de.

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