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Ein Ermittler untersucht Fingerabdrücke.

© dpa

Gefahrenatlas für Berlin: Kriminalitätsstatistik Kiez für Kiez

Erstmals haben Ermittler einen detaillierten Gefahrenatlas für die Stadt erstellt, der am Montag vorgestellt werden soll. So lässt sich feststellen, welche Delikte wo am häufigsten begangen werden - und dass z.B. in Spandau mehr passiert als in Neukölln.

Die Berliner Polizei hat die in der Stadt registrierten Straftaten in einem vorerst internen Atlas zusammengefasst. Dadurch sollen Kriminalitätsschwerpunkte für Ermittler, Politiker und Stadtplaner deutlich gemacht werden. Das Polizeipräsidium hat dafür Fälle von Raub, Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Diebstahl, Brandstiftung, Sachbeschädigung und Drogendelikten von 2006 bis 2011 ausgewertet. Die auffälligsten Ortsteile sind Spandau, Mitte und Tiergarten. Gesundbrunnen und andere Kieze in Wedding folgen noch vor Neukölln.

Es falle dabei auf, heißt es in dem Bericht, „dass einige Ortsteile über die Jahre und zu unterschiedlichen Delikten immer wieder zu den Ortsteilen mit der höchsten Häufigkeitszahl zählen“. Innensenator Frank Henkel (CDU) will den Kriminalitätsatlas am Montag vorstellen. Dann tagt auch der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Wie viele Statistiken schützt auch der Kriminalitätsatlas nicht vor missverständlichen Schlussfolgerungen. So haben sich in den vergangenen Jahren die Kennzahlen besonders für das eher beschauliche Frohnau und das in der Öffentlichkeit kaum auffällige Hansaviertel verschlechtert: Dort hatte es zwar registrierte Straftaten gegeben – wegen der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl geben in solchen Fällen aber wenige Taten einen statistisch starken Ausschlag.

SCHLÄGEREIEN: Die meisten Körperverletzungen gab es in Tiergarten, Spandau, Mitte. Bei häuslicher Gewalt lagen Gesundbrunnen und Wedding mit fast der Hälfte aller Taten auf den ersten Plätzen.

AUTODIEBSTAHl: Besonders viele Autos wurden 2011 in Charlottenburg-Nord und Siemensstadt gestohlen. Die Polizei geht von einem Zusammenhang mit den Parkplätzen am Flughafen Tegel aus.

EINBRÜCHE: Stadtweit hat die Zahl der Einbrüche zugenommen, 2011 vor allem in Tiergarten. Laut Atlas hat das auch mit den vielen Touristen zu tun. Bei dem vielen An- und Abreisen der Urlauber fielen Einbrecher nicht auf. Mitte lag vergangenes Jahr erstmals auf Platz zwei.

TASCHENDIEBSTAHL: Vor allem in Mitte und Tiergarten hat es davon viele gegeben. Womöglich hängt dies auch mit den zahlreichen unübersichtlichen Großveranstaltungen zusammen, die jedes Jahr in Tiergarten und Mitte stattfinden: Fanmeilen zu den Fußballturnieren, Christopher Street Day, Silvesterparty, Weihnachtsmärkte.

DROGENKRIMINALITÄT: In Neukölln, Mitte und Wedding sind zahlreiche Drogendelikte festgestellt worden. In Neukölln sind der Volkspark Hasenheide und der Hermannplatz Schwerpunkte. Vor allem die U8 gilt als Linie, in der sich Dealer und Konsumenten treffen. Als Umschlagplatz gelten die Bahnhöfe Rosenthaler Platz (Mitte), Kottbusser Tor (Kreuzberg), Schönleinstraße und Hermannplatz (Neukölln). Vor allem für Wedding führt die Polizei auch Internetcafés und Lokale als Treffpunkte an.

Wie reagiert die Politik auf den neuen Bericht?

Politisch sind die Reaktionen auf den neuen Bericht über „Kriminalitätsbelastung im öffentlichen Raum“, wie der Atlas offiziell heißt, verhalten. Zwar liegen dem Sprecher der Senatsinnenverwaltung für Inneres, Stefan Sukale, zufolge den meisten Experten die Unterlagen schon vor – eine Einschätzung wollen sie nicht abgeben. Auch der innenpolitische Sprecher Linken im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, will sich erst am Montag äußern. Ähnliches war vom SPD-Innenexperten Frank Zimmermann zu hören. Er äußerte dennoch Kritik am Prinzip der Studie, nämlich die Kriminalität nach Bezirken aufzulisten. Der Innenexperte der Grünen, Benedikt Lux, sagte: „Vor allem dort, wo die sozialen Perspektiven für viele Bewohner am schlechtesten sind, ist die Kriminalität am höchsten.“ Eine gute Innenpolitik müsse auch Armut und soziale Schieflagen im Blick haben. Die Sprecher von CDU und Piraten äußerten sich am Freitag nicht.

Erstmals seit Jahren ist die Kriminalität im Vorjahr wieder gestiegen. Dies geht aus der Kriminalstatistik, die der Senat im April veröffentlicht hat: Stark erhöht hatte sich die Zahl der Eigentumsdelikte. Die Gesamtzahl der angezeigten Taten betrug 494 385 Fälle, was ein Plus um 4,1 Prozent oder 19 346 Fälle zu 2010 ausmacht. Zu erklären ist dies mit mehr Diebstählen und Einbrüchen. Hier wurden 213 008 Fälle registriert, fast zwölf Prozent mehr als 2010. Insbesondere Wohnungseinbrüche sowie Fahrrad- und Taschendiebstahl stiegen. Außerdem wurden mehr politisch motivierte Taten festgestellt. Weniger geworden sind Drogenhandel, Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Gruppengewalt von Jugendlichen.

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