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Publix – Haus für Journalismus öffnet in Berlin : „Rolle von Journalismus in der Gesellschaft neu formen“
Die Schöpflin Stiftung eint in einem Neubau unterschiedliche Initiativen und Medienprojekte. So soll der Journalismus in Deutschland gestärkt werden.
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Es sind hehre Ziele, die sich das Team von „Publix“ gesetzt hat: Der Neubau an der Neuköllner Hermannstraße soll den Qualitätsjournalismus in Deutschland stärken, die Vielfalt in der Medienlandschaft verbessern und so auch die Demokratie stärken.
„Die Demokratie braucht unabhängigen Journalismus – und unabhängiger Journalismus kann nur in einer Demokratie existieren“, sagt die Publix-Intendantin Maria Exner. Exner war unter anderem Chefredakteurin des „Zeit Magazins“, bevor sie 2022 zu Publix wechselte. Das Haus solle künftig „Impulse geben, die die Rolle von Journalismus in der Gesellschaft neu formen“ und sei europaweit wohl einzigartig, sagte Exner bei einer Pressekonferenz am Dienstag.
Aber was genau soll das eigentlich bedeuten? In dem Neubau auf dem früheren Friedhofsgelände finden auf sechs Etagen Büros und Coworking-Spaces ebenso ihren Platz wie professionelle Ton- und Videostudios, Veranstaltungsräume und eine öffentliche Kantine. Im Dachgeschoss sind mehrere Atelierwohnungen untergebracht, in denen Besucher und Exil-Journalistinnen kurzzeitig untergebracht werden können.
Finanziert wurde der rund 25 Millionen Euro teure Neubau aus Mitteln der gemeinnützigen Schöpflin-Stiftung. Aktuell finanziere sich der Unterhalt schon zu rund zwei Dritteln durch eigene Einnahmen, etwa durch Mieten und Veranstaltungen. Weitere Mittel kommen etwa von der schweizerischen Mercator-Stiftung und der Zeit Stiftung Brucerius.

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Zu den Mietern des Neubaus zählen gemeinnützige Medienorganisationen wie das Netzwerk Recherche, der Verein Reporter ohne Grenzen und die Rechercheplattform Correctiv. Dazu kommen Produktionsfirmen, Investigativkollektive und Nichtregierungsorganisationen.
„Wir wollen Initiativen verbinden, die Antworten geben und nicht nur den Status Quo beschreiben“, formuliert Maria Exner das Ziel des Hauses. Tim Göbel von der Schöpflin-Stiftung ergänzt: „Ziel des Hauses ist es, das ganze Ökosystem Journalismus zu stärken.“
Das hier ist die Schokoladenfabrik des Journalismus.
David Schraven, Mitgründer und Leiter des Recherchezentrums Correctiv
Zu den großen Vorteilen des Hauses gehöre, dass man hier inmitten eines Netzwerkes von Kolleginnen und Kollegen arbeite, sagt auch David Schraven, Leiter des Recherchezentrums Correctiv. Durch die vielen Begegnungen im Haus entstünden neue Impulse, Ideen und Perspektiven: „Das hier ist die Schokoladenfabrik des Journalismus“, sagte Schraven. Und mit Blick auf die Neuköllner Nachbarschaft: „Wir sind hier mittendrin, wir sehen, was hier passiert.“

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Das sei schließlich ein weiterer Vorteil des neuen Standorts, betont Maria Exner: Das Haus befinde sich inmitten „einer der wohl vielfältigsten Nachbarschaften Deutschlands“. Außer der Organisation von Workshops und Konferenzen für Journalist:innen und Medienschaffende will Publix auch der Öffentlichkeit Angebote machen, etwa eine Wortwerkstatt für Kinder und Jugendliche. Das Erdgeschoss und der Garten hinter dem Gebäude seien frei zugänglich.
Angebote für die Nachbarschaft geplant
Alles andere als frei zugänglich sind dann, das zeigt sich bei einem Rundgang durch das Haus, die oberen Etagen: Tim Göbel spricht von einem „ausgeklügelten Sicherheitskonzept“ für das Haus. Außer Zugangscodes und Chipschlüsseln gehören dem Vernehmen nach auch Notfallknöpfe mit direkter Verbindung zur Polizei dazu.
Dass die nötig werden können, sagt viel über die Lage des Journalismus in Deutschland aus: „Starker und unabhängiger Journalismus ist das Lebenselixier einer demokratischen Gesellschaft – und dieses Lebenselixier versiegt zunehmend“, sagt Tim Göbel.
Außer durch Angriffe auf Medienhäusern, zuletzt etwa auch in Berlin auf das Tagesspiegel-Gebäude, sei der Journalismus auch finanziell und durch die sozialen Medien in Bedrängnis geraden. Exner spricht von „Nachrichtenwüsten“, die gerade im Lokaljournalismus drohen. Hier wolle man ansetzen, etwa auch durch Stipendienprogramme. Und so verhindern helfen, dass sich die Krise im Journalismus noch mehr verschärft.
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