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Zwei Schüler gehen am frühen Morgen auf dem Schulweg zu ihrer Grundschule. Künftig müssen sie auch bei Kontakt zu Infizierten nicht mehr in Quarantäne.

© Julian Stratenschulte/dpa

Durcheinander an Berlins Schulen: Quarantänefreiheit für Schüler widerspricht Corona-Schutzverordnung

Die Weisung der Berliner Amtsärzte gegen Quarantäne bei Schülern sorgt für Aufregung. Eltern klagen über wenig Informationen. Der Senat ist überrumpelt.

Verwirrung verursacht die Entscheidung der Berliner Amtsärzte, die Kontaktnachverfolgung in Schulen und Kitas einzustellen. "Kontaktschüler" von Infizierten müssen nun nicht mehr in Quarantäne. Das widerspricht der aktuellen Corona-Verordnung des Berliner Senats, wonach Kontaktpersonen von infizierten Schulkindern weiterhin fünf Tage in Quarantäne müssen.

Weder die Gesundheitsverwaltung noch die für Schulen zuständige Bildungsverwaltung konnten diesen Widerspruch am Sonntag auflösen und schienen von der Entscheidung überrumpelt. Am Sonntag twitterte der Staatssekretär für Jugend, Aziz Bozkurt (SPD): "Nach meiner Kenntnis ist vor diesem Beschluss der Amtsärzte niemand an unsere Verwaltung herangetreten - das wäre mir neu. Und dabei ist Abstimmung und geordnete Kommunikation aktuell so wichtig."

Eine entsprechende Änderung der Infektionsschutzverordnung, die nun notwendig wäre, ist nach Informationen des Tagesspiegel deshalb noch nicht auf der Tagesordnung für die Senatssitzung am kommenden Dienstag.

Laura Hofmann, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Eltern, Schulen und Kitas brauchen klare Quarantäne-Regeln, auf die sie sich verlassen können. Die Bildungsverwaltung ist mit uns im Austausch, um hier eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden.“

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Die für Schulen und Kitas zuständige Bildungsverwaltung bezeichnete das Ende der Kontaktverfolgung als „professionelle Entscheidung der Amtsärzte“. Laut Reinickendorfs Amtsarzt Patrick Larscheid war die Senatsverwaltung aber anders als von Staatssekretär Bozkurt dargestellt über den Beschluss informiert. „Das ist beschlossen worden am Mittwoch – und die Schulleitungen sind von ihren Schulaufsichten Donnerstagfrüh darüber informiert worden“, sagte er.

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Carsten Schatz, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, hält diese Entscheidung für falsch. Er sagt dem Tagesspiegel: „Ich halte es für mehr als gewagt, bei erkannten Infektionen enge Kontaktpersonen wie Sitznachbar:innen oder gute Freund:innen von der Quarantäne zu befreien.“

Elternvertreter haben kaum Informationen erhalten

Amtsarzt Larscheid betont dagegen, dass positiv getestete Schüler weiterhin nach Hause geschickt werden. Die Klassenkameraden in ihrem Umfeld allerdings sollen nur noch täglich schnellgetestet werden. Fraglich ist allerdings, wie betroffene Eltern künftig an Quarantäne-Bescheinigungen für ihre Arbeitgeber kommen. Diese wurden bislang von den Gesundheitsämtern erstellt.

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Martin Klesmann, Sprecher der Bildungsverwaltung, sagte: „Sichergestellt werden muss, dass Eltern auch in Zukunft sehr zügig eine Bescheinigung für den Arbeitgeber erhalten, wenn sie mit ihrem Kind in Quarantäne sind.“ Eine ähnliche Sorge äußerte auch der Vorsitzendes des Landeselternausschusses, Norman Heise.

Der Elternvertreter sah sich allerdings nicht in der Lage, die neue Situation abschließend zu beurteilen. Er habe schlicht "keine offizielle Information". Es sei für ihn aber "eine große Merkwürdigkeit", wie viel auch nach fast zwei Jahren Pandemie in der Kommunikation noch schief laufe. Heise sagte: "Wir nehmen eine große Unruhe wahr bei den Eltern und über das Wochenende ist kaum jemand in den Schulen ansprechbar."

Ähnliche Regelung könnte bundesweit folgen

Der Bezirk Spandau hat zumindest für die Frage der Quarantäne-Bescheinigungen für Eltern schon eine Lösung entwickelt: Dort schickt nicht mehr das Gesundheitsamt Schüler in Quarantäne, sondern die Eltern legen fest, ob ihre Kinder in Quarantäne gehören – etwa, weil die beste Schulfreundin infiziert ist. Die Familien können sich dann per E-Mail an das Gesundheitsamt wenden und erhalten die Quarantäne-Bescheinigung.

Die Entscheidung der Amtsärzte ist kein Berliner Alleingang. Am 14. Januar hat das Robert-Koch-Institut klargestellt, dass die Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung priorisieren können. Bei der Gesundheitsministerkonferenz am Sonnabend wurde diese Haltung politisch bestätigt: Künftig sollen sich die Ämter nun auf Fälle im Klinik- und Pflegebereich und in Behinderteneinrichtungen konzentrieren.

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