zum Hauptinhalt
Seit mehr als 100 Jahren fährt die Hochbahn am Schlesischen Tor - und quietscht.

© Kai-Uwe Heinrich

Quietschgelb: Gerade erst saniert – warum ist die Hochbahn durch Kreuzberg so laut?

Eine Anwohnerin beschwert sich nach der Hochbahn-Sanierung über Lärm. Die BVG prüft die Schienen. Der Ärger könnte eine andere Erklärung haben.

Das Problem ist so alt wie die Hochbahn. Wenn die U-Bahn durch Kreuzberg fährt, dann quietscht es, kreischt es, lärmt es. Nun gab es wieder Beschwerden von Anwohnern.

„Seit der Sanierung der Trasse im Abschnitt zwischen Görlitzer Bahnhof und Schlesisches Tor kommt es leider zu einer starken Lärmbelastung“, beschwerte sich eine Bewohnerin der Skalitzer Straße bei der Verkehrsverwaltung. Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel vor. Ein Gespräch bei offenen Fenster zur Straße hin sei kaum noch möglich, der Lärm dringe bis in die zum Hinterhof gerichteten Räume ein, schreibt die Anwohnerin.

Richtig schlimm sei es nach der gerade beendeten Sanierung der Trasse geworden. Sie vermutet, dass der Verzicht auf Schotter am Lärm schuld sei. Von April 2020 bis April 2021 war die Hochbahn an ihrem östlichen Ende gesperrt wegen einer Generalsanierung

Das nun fehlende Schotterbett sei aber nicht schuld am Quietschen. Es sei „bewusst durch eine elastische Fahrbahn ohne Schotter ausgetauscht“ worden, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Die Schienen müssten sich erst „einfahren“, sagte eine Sprecherin. Die Strecke sei noch einmal kontrolliert worden, „einzelne Lärmquellen des Oberbaus wie schlagende Stöße oder Schienenauszugsvorrichtungen konnten nicht festgestellt werden“.

Dennoch werde man „den Streckenabschnitt noch einmal untersuchen und gegebenenfalls den Schleifzug einsetzen“, sagte Unternehmenssprecherin Petra Nelken. Zudem würden schwingungsdynamische Untersuchungen durchgeführt und in Abhängigkeit der Ergebnisse weitere Maßnahmen ergriffen.

"Flüstergleise" haben keinen Schotter

Dem Vernehmen kann könnte der Ärger über den Lärm einen ganz einfachen Grund haben, hieß es: Möglicherweise hätten sich die Anwohner in dem einen Jahr ohne Züge so an das fehlende Quietschen gewöhnt, sodass es jetzt als störend wahrgenommen werde. 

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Als vor etwa 20 Jahren die Sanierung der Strecke begonnen wurde, hatte die BVG "fast eine Halbierung" des Lärms angekündigt, seit 2003 wurden sogenannte „Flüstergleise“ auf einer so genannten festen Fahrbahn eingebaut, ohne den herkömmlichen Schotter.

Es quietscht dann, wenn die Strecke eine Kurve macht, je enger, desto lauter. Besonders laut kann das im Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn sein. Zwar leiden darunter keine Anwohner, Fahrgäste halten sich aber oft die Ohren zu.

[Konkrete Bezirksnachrichten, viele Termine und persönliche Tipps: Die Tagesspiegel-Newsletter für die 12 Berliner Bezirke gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Noch mehr als die Kreuzberger Hochbahn verläuft die Tunnelstrecke in teilweise engen Bögen. Dann ist die äußere Schiene länger als die innere, die beiden Räder auf der Achse drehen sich aber natürlich gleich schnell. Dies führt bei einem Rad zu einer Reibung, die wiederum den Lärm erzeugt. 

Schienenschmierapparate für die neueren U-Bahnen

Vor Jahren hatte die S-Bahn im Tunnel vor fast jeder Kurve sogenannte Schienenschmierapparate installiert. Diese gaben Fett ab, das die Räder besser auf den Schienen gleiten lassen soll. Der Erfolg hielt sich aber in Grenzen. 2015 erhielten die ersten Straßenbahnzüge testweise eine Schmieranlage für die Räder.

Nach Angaben einer Sprecherin sind mittlerweile auch die neueren U-Bahnen damit ausgestattet. Der "Lärmaktionsplan" 2019-2023 des Senats verweist bei der U-Bahn auf mehrere Verbesserungen in den vergangenen Jahren: So seien die Hochbahnviadukte der U 1 und der U 2 „durch eine hochelastische Lagerung der Schienen entdröhnt“ worden. 27 Kilometer des U-Bahn-Netzes sind oberirdisch. 

Zudem wurden mehrere „Schienenkopfschmieranlagen zur Reduzierung der Kurvengeräusche eingebaut“. Generell seien die neu beschafften Wagen leiser. Etwa 66.000 Berliner seien durch Lärm von Straßen- und U-Bahnen belastet, war 2017 errechnet worden sowie knapp 80.000 durch die Eisenbahn. 90.000 galten durch Flugzeuge in Tegel belastet – dies ist nun vorbei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false