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Die Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteien im Land Berlin Bettina Jarasch, Klaus Lederer und Franziska Giffey gehen auf dem EUREF Campus.

© Annette Riedl/dpa

Update

Regierungsbildung in Berlin: Rot-Grün-Rot verhandelt Verkehrsthema bis in die Nacht

Ergebnisse sollen frühstens am Freitag vorgestellt werden. Die Fachgruppe konnte zuvor in vielen Punkten keine Einigkeit erzielen.

Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grüne und Linke in Berlin geht es am Mittwoch um einige der konfliktträchtigsten Themen zwischen den Parteien: Auf der Tagesordnung des Treffens der Dachgruppe auf dem Euref-Campus in Schöneberg stehen die Bereiche Energie, Klima-, Umwelt- und Naturschutz sowie Mobilität.

Für lange Diskussionen dürfte unter anderem die künftige Verkehrspolitik sorgen. Vorsorglich verlegten die drei Parteien die Debatte gleich bis in den späten Abend hinein - bis nach dem Zwischenstatement vor der Presse. Sie stellten zuerst den Bereich Klimaschutz vor. Verhandler gingen davon aus, dass über strittige Verkehrsthemen noch bis über den Tag hinaus verhandelt würde.

Bis vergangenen Sonntag hatte die Facharbeitsgruppe zu diesem Thema in etlichen Runden getagt. Doch längst nicht alle Differenzen konnten von den Fachpolitikern ausgeräumt werden. „Es sind noch viele Dissense geblieben. Die Dachgruppe hat da viel zu tun“, heißt es aus Verhandlungskreisen.

Unter den Konfliktthemen befindet sich dem Vernehmen nach so mancher Brocken. Immer noch gebe es demnach keine Festlegung darauf, ob und bei welchen U-Bahn- und Tramlinien der Ausbau in den kommenden Jahren vorangetrieben werden soll.

Viel Gesprächsstoff wird auch die zusätzliche Finanzierungssäule für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bieten. Eine Grundsätzliche Verständigung gibt es offenbar darüber, künftig ein Pflichtticket für Touristen einzuführen und die Parkgebühren zu erhöhen.

Allerdings gehen insbesondere bei letzterem die Ansichten über die tatsächliche Höhe zwischen den Parteien noch auseinander, heißt es. Geht es nach den Grünen, soll es beim Parken einen kräftigen Preisaufschlag geben. SPD und Linke wollen das in dieser Vehemenz nicht.

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Auch über die Einführung einer City-Maut, wie sie die Grünen fordern oder ein Nutznießermodell, bei dem Immobilienbesitzer und Unternehmen einen Beitrag für eine gute Anbindung zahlen müssen und das sich die Linke vorstellen könnte, wurde gesprochen. Jedoch gibt es dagegen unter den Verhandlungspartnern jeweils große Vorbehalte.

Verkehrsaktivisten machen Druck auf die SPD

Schon vor dem Start der Verhandlungen am Mittwoch demonstrierten Verkehrsaktivisten von Changing Cities und dem Volksentscheid „Berlin Autofrei“ für eine sozial gerechte Verkehrswende mit weniger Autos in Berlin. Ihre Apelle richteten sie dabei insbesondere an die Sozialdemokraten. Deren Spitzenkandidatin Franziska Giffey hatte im Wahlkampf wiederholt erklärt, das Autofahren in Berlin nicht einschränken zu wollen und die Bürger:innen stattdessen durch ein besseres ÖPNV-Angebot zum Umstieg bewegen zu wollen.

Die Aktivisten befürchten, damit werde die Verkehrswende um weitere fünf Jahre ausgebremst. „Wenn die SPD zu ihrem Namen steht, liegt es in ihrer Verantwortung, die Verkehrswende aktiv voranzubringen. Denn sozial gerecht ist, eine Mobilität unabhängig vom Auto zu ermöglichen – für alle“, sagte Nina Noblé, Sprecherin des Volksentscheids Berlin Autofrei. „Nachdem die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes in den letzten Jahren verschleppt wurde, brauchen wir jetzt eine mutige Verkehrspolitik, damit sich alle Berlinerinnen und Berliner in Zukunft sicher, gesund und klimafreundlich fortbewegen können. Das geht nur mit weniger Autos.“

Koalitionsverhandlungen könnten sich erneut verzögern

Bei den vergangenen Runden der Dachgruppe war es schon bei deutlich weniger konfliktreichen Themen zu erheblichen Verzögerungen des Zeitplans gekommen. Aus diesem Grund wurde der ursprünglich ebenfalls für Mittwoch angesetzte Punkt Stadtentwicklung gestrichen.

Erst am Montag musste der Bereich Wissenschaft aus Zeitgründen von der Tagesordnung genommen werden. Er findet nun am kommenden Montag gemeinsam mit dem Thema Verwaltung statt.

Bereits diesen Freitag tagt die Dachgruppe zum Thema Stadtentwicklung. Hier soll auch das Ergebnis der Verhandlungen aus dem Bereich Verkehr vorgestellt werden, kündigte SPD-Chefin Franziska Giffey am Mittwochabend an. Am Sonnabend folgt dann gleich eine Sitzung zu öffentlicher Sicherheit, Inneres und Justiz.

Giffey betonte: "Wir sind nicht verzögert, wir sind voll im Zeitplan." Sie geht weiterhin davon aus, dass am 27. November ein Koalitionsvertrag steht. "Das geht nun zulasten unserer Tageslängen, aber so ist das eben." Am 21. Dezember soll Giffey vom Parlament zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden. (mit jb)

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