
© Madlen Haarbach
„Wir werden nicht einknicken“: Hunderte demonstrieren nach Neonazi-Angriff in Lichterfelde
Vor einigen Tagen haben mehrere mutmaßliche Neonazis Wahlkampfhelfer der SPD im Berliner Süden attackiert. Heute sind hunderte Menschen für Demokratie und Freiheit auf der Straße.
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Am Bahnhof Lichterfelde Ost haben sich am Samstagmittag mehrere hundert Menschen versammelt, um gegen Rechtsextreme zu demonstrieren. Vor einer Woche hatte eine Gruppe Neonazis hier zwei Wahlkämpfer:innen der SPD angegriffen, ein Mann wurde schwer verletzt.
Bei der Kundgebung sind neben SPD- und anderen Parteifahnen unter anderem viele Plakate der Omas gegen Rechts zu sehen. Zunächst spricht Ruppert Stüwe, Bundestagsabgeordneter der SPD und Spitzenkandidat für die anstehende Bundestagswahl. Neben Vertreter:innen der Lokalpolitik sind unter anderem Senatorin Ina Czyborra und mehrere Abgeordnete anwesend.
„Wir möchten nicht, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden“, sagt Stüwe. „Wir möchten nicht, dass man nicht mehr diskutieren und keine Kompromisse mehr finden kann. Wir möchten nicht, dass Gewalt ein Mittel der politischen Auseinandersetzung wird.“ Er dankt explizit auch der Polizei, die bei dem Angriff auf die Wahlkämpfer:innen die Demokratie verteidigt habe. Bei dem Vorfall waren auch zwei Beamte verletzt worden.
Wir möchten nicht, dass Gewalt ein Mittel der politischen Auseinandersetzung wird
Ruppert Stüwe (SPD) über den Angriff von mutmaßlichen Neonazis gegen seine Parteigenossen.
Stüwe betont, dass es gerade auch in Lichterfelde wichtig sei, ein Zeichen für Weltoffenheit zu setzen. Auf der anderen Seite des Bahnhofs befindet sich etwa die „Staatsreparatur“ des früheren AfD-Abgeordneten Andreas Wild, in der regelmäßig neurechte Denker und Rechtsextreme zu Besuch sind.
Eine Vertreterin der lokalen SPD schildert den Angriff auf vier ihrer Genoss:innen. „15 Neonazis wollten zur Demo in Lichtenberg und konnten nicht lesen, sie sind stattdessen in Lichterfelde ausgestiegen“, sagt sie. Sie beschreibt die schweren Verletzungen, die ein angegriffener Genosse erlitten hatte. „Er hatte Glück, dass die meisten Tritte in den Wahlkampfstand gingen, den er in der Hand trug, trotzdem wurde er grün und blau geschlagen“. Der letzte Samstag sei ihre persönliche Zeitenwende gewesen. „Das waren nicht unsere Kiezfaschisten von gegenüber, das waren Rechtsterroristen in Bomberjacken und Springerstiefeln“, sagt sie. Der Vorfall erinnere an die „Baseballschlägerjahre“ in den 1990ern.
Wir sind bis auf die Knochen erschrocken, aber wir werden nicht einknicken
Eine Vertreterin der SPD Lichterfelde über den Angriff auf ihre Genoss:innen.
„Wir sind bis auf die Knochen erschrocken, aber wir werden nicht einknicken“, sagt sie und stimmt einen Redechor „Wir sind mehr“ an. Auch Nina Stahr, Landesvorsitzende der Grünen, dankt den Einsatzkräften. „Es kann nicht sein, dass es von Glück abhängt, ob etwas passiert oder nicht“, sagt sie und ruft die demokratischen Parteien dazu auf, die Demokratie zu verteidigen und mit politischen Gegnern Kompromisse zu suchen. „Der Vorfall zeigt, dass wir Hass und Hetze keinen Raum geben dürfen und zusammenstehen müssen“, sagt sie.
Auch Redner der lokalen CDU, FDP und Linken verurteilten die Taten der Neonazis, erklärten der SPD ihre Solidarität und sprachen sich für einen demokratischen Diskurs aus.
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