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Berlin will beim Bauen schneller werden. (Archivbild)

© dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

Schneller-Bauen-Gesetz im Überblick: So will die Koalition Bauprojekte in Berlin beschleunigen

Das Abgeordnetenhaus stimmt über eines der zentralen Vorhaben von Schwarz-Rot ab: das Schneller-Bauen-Gesetz. Das sind die wichtigsten Maßnahmen und Kritikpunkte.

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Es ist eines der zentralen Vorhaben von CDU und SPD in Berlin: Rund anderthalb Jahre haben die Senatsbauverwaltung und die schwarz-rote Koalition am sogenannten „Schneller-Bauen-Gesetz“ gearbeitet. Am Donnerstag soll das Paket, das Änderungen an zehn Gesetzen und einer Verordnung vorsieht, im Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

„Ziel ist es, in den unterschiedlichen Bereichen des Planens und Bauens bestehende Hindernisse abzubauen und Beschleunigungspotentiale zu nutzen“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen und Kritikpunkte.


Mehr Kompetenzen für den Senat

Planungs- und Entscheidungsbefugnisse liegen bei Bauvorhaben in der Regel bei den Bezirksverwaltungen. In Zukunft soll der Senat deutlich mehr Eingriffsrechte bekommen, unter anderem, indem die Hauptverwaltung Bauvorhaben bereits ab einer Grenze von 50 Wohneinheiten an sich ziehen kann. Bisher liegt die Grenze bei 200.

Liegt die Entscheidung über einen Bauantrag bei der Senatsbauverwaltung, sollen bei Natur-, Arten- und Denkmalschutzfragen zudem nicht mehr die bezirklichen Behörden beteiligt werden, sondern die entsprechenden Behörden der Hauptverwaltung. Gleiches gilt bei Widerspruchverfahren gegen Entscheidungen auf Bezirksebene.

Es wird nicht zu schnellerem Bauen führen, wohl aber zu einem dramatischen Verlust an Stadtgrün.

Kritik an dem Gesetzesvorhaben kommt von Melanie von Orlow vom Naturschutzbund Berlin

Eine weitere Änderung: Der Senat soll zukünftig auch eingreifen können, wenn ein Bauvorhaben nur mittelbar von einer Bezirksentscheidung betroffen ist. Im Gesetzentwurf heißt es: „So können zum Beispiel auch Übertragungen von im Fach- oder Verwaltungsvermögen der Bezirke befindlicher Grundstücke an die Hauptverwaltung zwangsweise durchgesetzt werden, wenn diese für die jeweilige Erschließung von Bauvorhaben von dringendem Gesamtinteresse Berlins erforderlich sind […].“


Kürzere Fristen

Durch die Einführung zahlreicher Fristen erhofft sich die schwarz-rote Koalition eine Beschleunigung bei der Bearbeitung verschiedener Anträge, die für Bauvorhaben notwendig sind. Die Prüfung, ob Anträge – etwa ein Bauantrag oder ein Antrag auf Baustelleneinrichtungen – vollständig sind, soll maximal vier Wochen dauern. Die gleiche Frist soll für die meisten verwaltungsinternen Stellungnahmen gelten.

Denkmalbehörden sollen genehmigungspflichtige Maßnahmen künftig innerhalb von drei Monaten stattgeben oder versagen müssen.

Naturschutzvereinigungen, die bei bestimmten Bauvorhaben das Recht auf Beteiligung haben, müssen ihre Stellungnahmen innerhalb von einem Monat abgeben.

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Absenkung von Standards

Die Absenkung von Standards betrifft vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, Vorgaben im Natur- und Artenschutz. Ziel ist es laut Gesetzentwurf, landesrechtliche Anforderungen an Bauvorhaben, die bundes- und europarechtliche Vorgaben übertreffen, zu reduzieren.

Dazu gehört beispielsweise, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Natur- und Artenschutz künftig nicht mehr innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden müssen, sondern in einer „angemessenen Frist“. Zudem können die Maßnahmen anders als bisher auch an Dritte übertragen werden.

Insbesondere bei Vorhaben von besonderer Bedeutung für den Wohnungsmarkt sollen „flexible und die Vorhabenträger entlastende Lösungen für die Durchführung naturschutzrechtlich erforderlicher Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen“ ermöglicht werden, heißt es im Entwurf.

0,2
Hektar große Flächen mit Bäumen sollen definitionsgemäß kein Wald mehr sein.

Eingriffe in Biotope sollen künftig auch „aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich der Verwirklichung bedeutsamer Vorhaben des Wohnungsbaus oder der sozialen Infrastruktur“ möglich sein. Die unbedingte Pflicht von Ausgleichsmaßnahmen entfällt damit.

Flächen mit Bäumen, die kleiner als 0,2 Hektar sind, sollen der Definition nach kein Wald sein, was Ausgleichsmaßnahmen bei Rodungen erleichtert.

Weitere Änderungen betreffen die Bauordnung: Die Mindestraumhöhe von Aufenthaltsräumen bei Neubauten wird von 2,50 auf 2,40 Meter gesenkt. Bei der Umwandlungen von Nutzräumen, wie beispielsweise Büros, in Wohnräume müssen bestimmte Anforderungen etwa beim Brandschutz nicht mehr erfüllt werden. In zahlreichen Gesetzen wird zudem die Privilegierung des Wohnungsbaus bei Abwägungsentscheidungen explizit verankert.

Viel verspricht sich die Koalition auch von der Einführung von Bauantragskonferenz. Bei Bauvorhaben ab 50 Wohneinheiten müssen auf Verlangen des Bauherren alle beteiligten Fachbereiche im Vorfeld des Bauantrags zusammenkommen, um Anforderungen und Bedarfe abzusprechen.


Kritik von Bezirken und Naturschutzverbänden

Kritik am „Schneller-Bauen-Gesetz“ kommt insbesondere von den Bezirken. Parteiübergreifend kritisieren diese, dass durch die Kompetenzverschiebung zum Senat Doppelstrukturen geschaffen werden und sich dadurch Bauvorhaben verzögern. Konkret befürchten viele Bezirke, dass die Senatsverwaltung ihnen Personal abwirbt.

Umwelt- und Naturschutzverbände sehen in dem Vorhaben einen massiven Angriff auf den Natur- und Artenschutz. „Es wird nicht zu schnellerem Bauen führen, wohl aber zu einem dramatischen Verlust an Stadtgrün, der nach diesem Gesetz auch nicht mehr konsequent ausgeglichen werden muss“, sagte Melanie von Orlow, Geschäftsführerin des Naturschutzbundes Berlin.

„In Zeiten von Artensterben und Klimakrise ist das ein großer Rückschritt für eine zukunftsfähige Stadtplanung“, sagt Lena Assmann, Referentin für Stadtgrün bei der Nichtregierungsorganisation Grüne Liga. Der Naturschutz müsse als Sündenbock für Verzögerungen bei Bauvorhaben herhalten.

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Textes stand, dass die Naturschutzvereinigungen ihre Stellungnahmen innerhalb von zwei Wochen abgeben müssen. Tatsächlich liegt die Frist bei einem Monat. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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