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Enthüllungstermin: Ronald Pofalla, Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn (DB), Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, und Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn,am Dienstag in Cottbus.

© Soeren Stache/dpa

Neues ICE-Werk in Cottbus: Schnellzüge sollen Kohle für die Lausitz bringen

Der Bund macht Tempo beim Bau des neuen ICE-Instandhaltungswerkes der Bahn in Cottbus. So sollen Jobs für die Zeit nach der Braunkohle entstehen.

Noch scheint die Sonne an diesem Sommertag auf eine trockene Brache an den Gleisen hinter dem Cottbuser Hauptbahnhof. Doch bereits im kommenden Jahr wird sich die Fläche in eine Großbaustelle verwandelt haben. Dann ist Baustart für das neue Bahnwerk – ein Jahr früher als geplant. Vorbereitungen wie etwa die Sondierung des Baugrundes sind bereits gelaufen, wie Deutsche-Bahn-Vorstandschef Richard Lutz bei Vorstellung der Pläne am Dienstag mitteilte. „Hier in Cottbus entsteht Zukunft, schneller, früher als ursprünglich geplant.“ Das Cottbuser Werk werde das mit Abstand größte Instandhaltungswerk im gesamten Deutsche-Bahn-Konzern, betonte er.

Bereits ab 2024 – da wird das alte Cottbuser Bahnwerk 150 Jahre alt – sollen nach den Plänen in der Lausitz die ersten ICE gewartet werden. Bis dahin will die Bahn mehr als 500 neue Beschäftigte einstellen, bis zum Jahr 2026 kommen noch einmal 700 neue Stellen dazu. Insgesamt sollen in Cottbus 1200 Industriearbeitsplätze entstehen – nach Worten von Lutz eine „verdammt stolze Zahl“. Den Menschen vor Ort solle gezeigt werden, dass Politik kombiniert mit Unternehmensverantwortung imstande sei, eine schwierige Situation für eine Region zu überwinden, ergänzte Pofalla. „Damals haben wir gesagt, die Kohle geht und die Bahn kommt. Heute können wir sagen, die Bahn kommt und dann geht die Kohle“.

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So soll am Standort des heutigen Bahnwerks Cottbus bereits bis 2024 zunächst eine zweigleisige Halle gebaut werden. Bis 2026 folgt eine weitere Halle mit vier Gleisen. Mit diesem Konzept werden Teile des neuen Werks früher in Betrieb genommen. Damit stehen die Kapazitäten für die Instandhaltung der neuen ICE-4-Züge schneller bereit. In beiden Hallen können ganze ICE-Züge von fast 400 Meter Länge gewartet werden. Die ursprünglich geplante neue Halle für Hybridlokomotiven wird in das bestehende Werk integriert. Im Laufe der Vorplanungen hat sich herausgestellt, dass dadurch effizientere Produktionsabläufe möglich sind. Nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) soll es das modernste und umweltfreundlichste Bahninstandhaltungswerk in Europa werden.

Computersimulation der neuen Anlage in Cottbus.

© Deutsche Bahn, Rita Böttcher/TSP

Das Werk ist das erste große Vorhaben, das auf Basis des Strukturstärkungsgesetzes des Bundes finanziert wird. Vorgesehen sind daraus Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro. Bund und Länder unterstützen mit dem Gesetz die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen beim Aufbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze und neuer Wirtschaftsstrukturen. Pofalla sprach von großem Vertrauen zwischen Bund, Land und Deutscher Bahn bei der Verwirklichung des Großprojekts in Cottbus. „Wenn es nicht das gemeinsame Bewusstsein gegeben hätte, die durchaus beträchtlichen Probleme beiseite zu räumen und einer Lösung zuzuführen, hätte das nicht geklappt“, führte er aus.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wies noch einmal auf die Sorgen der Beschäftigten und der Stadt hin, die sich mit dem Großprojekt inmitten von Cottbus gelöst hätten. Mit Blick auf die Klima-und Energiewende sagte er, in den kommenden Jahren komme es im Wesentlichen auch auf die Bahn an, wie gut Deutschland beim Klimaschutz vorankomme.

Arbeiter untersuchen bei einer Tiefensondierung das künftige Baugelände des neuen ICE-Instandhaltungswerk nach Weltkriegsmunition.

© Soeren Stache/dpa

Vizekanzler Olaf Scholz griff in seiner Rede das Thema der langwierigen Genehmigungsverfahren in Deutschland auf. „Angesichts der Tatsache, dass es mit den Planungen und Genehmigungen doch sehr lange dauert, bin ich sehr froh, dass wir hier ein gutes konstruktives Beispiel dafür haben, wie es gelingen kann, wenn man Tempo macht“, sagte der Bundesfinanzminister. Um die gesteckten Klimaziele aber erreichen zu können, müssten Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Das gelte für Bereiche wie die Verkehrsinfrastruktur, die Stromerzeugung – das gelte aber auch für ein Werk wie das in Cottbus.

Auch für die umliegenden Kommunen in der Lausitz ist die Erweiterung des Bahnwerks ein deutliches Signal für die ganze Lausitz, wie die Sprecherin der Lausitzrunde und ehemaliges Mitglied der Kohlekommission, Christine Herntier, der dpa sagte. Es handele sich um die Schaffung von echten industriellen Arbeitsplätzen gerade auch für die Beschäftigten des Energieunternehmens Leag und bei den Dienstleistern. „Abwanderung wird gestoppt und Zuzug ermöglicht.“

Auswirkungen für das ICE-Werk in Berlin-Rumnmelsburg?

Das Werk Cottbus soll konzernintern nicht in Konkurrenz zu anderen Instandhaltungswerken wie Wittenberge im Kreis Prignitz im Nordwesten Brandenburgs oder Dessau in Sachsen-Anhalt stehen, sondern zusätzliche Kapazitäten bieten angesichts des steigenden Zahl von ICE im Streckennetz, wie ein DB-Sprecher des Tagesspiegel sagte. Auch seien keine Job im ICE-Werk in Berlin-Rummelsburg, wo der Staatskonzern seit Sommer 2019 rund 260 Millionen Euro in den Ausbau investiert, in Gefahr. „In Berlin werden die Züge gereinigt, das Catering aufgefüllt und mal eine Klimaanlage repariert. Wenn ein ICE in Cottbus einrollt, zerlegen wir den in Einzelteile. Der bleibt dann rund vier Wochen dort“, sagte der Sprecher. Solche schweren Instandhaltungen würden nach etwa einer bis anderthalb Millionen Kilometern auf der Schiene fällig.

dpa und Kevin P. Hoffmann

Silke Nauschütz

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