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Schulsanierungen: Bauarbeiter schuften im Klassenzimmer

Viele Schulen werden in den Ferien saniert. Die Gelder reichen jedoch trotz der Mittel aus dem Konjunkturpaket II nicht aus.

Ferienzeit ist Hammer- und Bohrzeit an Berlins Schulen. Für diesen Sommer gilt das ganz besonders: Bis Ende des Jahres müssen 196 Millionen Euro für die Schulen aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung verbraucht sein. Derzeit ist deshalb eine Bautätigkeit von enormem Ausmaß im Gange: In Marzahn-Hellersdorf etwa ist das Schulbaubudget in diesem Jahr mit 24 Millionen Euro rund doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr. Allein in Friedrichshain-Kreuzberg wird in den Sommerferien an 29 Schulen in größerem Umfang gebaut.

Zwei Beispiele aus Tempelhof-Schöneberg zeigen, dass es mit den Umbauten vorangeht: Im Hof der Friedenauer Friedrich-Bergius-Oberschule ziehen Arbeiter derzeit einen 15 Meter hohen und 4,5 Millionen Euro teuren Anbau hoch, in dem bald Mensa, Freizeiträume und Sporthalle untergebracht werden sollen. „Mitte Oktober ist Richtfest“, sagt Bauleiter Christian Müller. Wenn dann der Rohbau fertig ist, müssen Schüler und Lehrer der künftigen Sekundarschule noch einige Monate Lärm aushalten, bis sie die neuen Räume nutzen können.

An der Maria-Montessori-Grundschule in Tempelhof kann der Neubau hingegen wohl schon zu Schuljahresbeginn genutzt werden. Derzeit verputzen Arbeiter die Fassade, legen Fliesen im Treppenhaus und nesteln Kabel aus der Mensadecke, die löchrig wie ein Schweizer Käse aussieht. Lampen, Schränke und Küchenmöbel werden laut Architekt Andreas Kopp rechtzeitig angeliefert. 2,5 Millionen Euro kostet das Projekt insgesamt. 1,1 Millionen davon kamen noch aus dem Topf des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) der Regierung Schröder für Ganztagsgrundschulen.

Die Montessori-Schule ist damit der letzte Nachzügler im Bezirk, in den noch IZBB-Gelder geflossen sind. Neben dem Konjunkturpaket II stehen für bauliche Maßnahmen an Schulen berlinweit außerdem Mittel aus verschiedenen anderen Töpfen und den regulären Haushalten zur Verfügung. In Tempelhof-Schöneberg etwa kommen in diesem Jahr 12,4 Millionen Euro aus dem zweiten Konjunkturpaket, 3,4 Millionen Euro aus dem Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm des Landes sowie zwei Millionen Euro für energetische Sanierung aus dem Investitionspaket „Bund, Länder und Gemeinden“. Mehr als sechs Millionen Euro bringt der Bezirk für den baulichen Unterhalt der Schulen auf.1,9 Millionen Investitionsmittel kommen hinzu – mehr als 25 Millionen Euro zum Verbauen also allein in Tempelhof-Schöneberg.

Dass aller Ärger von Schülern, Eltern und Lehrern über den maroden Zustand vieler Berliner Schulen jetzt verraucht, dürfte jedoch nicht der Fall sein. Allein die neuen Sekundarschulen etwa werden in absehbarer Zeit baulich nicht durchweg für ganztätigen Unterricht gerüstet sein. „Wir bräuchten eigentlich ein eigenes Investitionsprogramm für diese Schulreform“, sagt Roger Gapp, Schulplaner in Tempelhof-Schöneberg. Elf neue Sekundarschulen gebe es im Bezirk, an dreien wird momentan gebaut. Andere Sekundarschulen jedoch müssen meist in den kommenden Jahren erweitert werden. Woher das Geld dafür kommen soll, sei allerdings unklar, so Gapp. An der Gustav-Langenscheidt-Schule etwa kümmert sich erst einmal das Nachbarschaftsheim Schöneberg um Freizeitangebote. Zum Essen bleibt den Schülern vorerst nur die kleine Cafeteria. „Die überwiegende Zahl der Gebäude für die Sekundarschulen wurde – wenn erforderlich – durch Baumaßnahmen entsprechend hergerichtet“, heißt es dazu jedoch aus der Senatsverwaltung für Bildung.

Ähnlich ist die Gemengelage in den anderen Bezirken. Aus Friedrichshain-Kreuzberg heißt es immerhin, der Beginn des neuen Schuljahres in den Sekundarschulen sei gesichert. „An vielen Standorten wird es wegen der noch laufenden Baumaßnahmen jedoch Einschränkungen geben“, sagt Baustadträtin Jutta Kalepky (parteilos, für die Grünen).

In Lichtenberg wurden sechs Schulen ohne Umbauten zu Sekundarschulen umgewandelt, vier weitere Schulen werden zu zwei Sekundarschulen zusammengelegt – allerdings frühestens 2012, denn die Bauarbeiten können erst 2011 beginnen, wie Immobilienstadtrat Andreas Prüfer (Linke) berichtet. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurde die Mensa der neuen Sekundarschule Wilmersdorf noch vor den Ferien fertiggestellt, an der Sekundarschule am Schloss können die neuen Räume ebenfalls nach den Ferien genutzt werden. Allein an der Peter-Ustinov-Schule wird das Zusatzgebäude mit Mensa erst Anfang 2011 fertig sein.

Die Mittel aus dem Konjunkturpaket II wurden in den Bezirken nicht zwingend für Sekundarschulen verwendet, zumal ein Teil der Gelder für energetische Sanierung eingesetzt werden musste. Viele dieser kleineren Fassadendämmungs- und Heizungsbauarbeiten sind bereits abgeschlossen.

Großflächiger Sanierungsstau besteht dennoch – das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg etwa beziffert ihn auf 110 Millionen Euro. Neubauten und Energiesanierung änderten nichts an Verschleißerscheinungen in vielen Schulen, sagt Wolfgang Daus, Leiter der Immobilienabteilung in Charlottenburg-Wilmersdorf. In seinem Bezirk gebe es für die Schulen einen Rückstau von 45 Millionen Euro allein für Reparaturen etwa an Fenstern, Dächern und Toiletten. Hinzu komme ein Bedarf von rund 15 Millionen für Investitionen in Schallschutz und Energiesanierung.

Die Bezirke berichten, mit dem Verbauen der Gelder aus dem Konjunkturpaket im Plan zu sein. Aber immer wieder gibt es Engpässe bei Materialien. Von einer Knappheit an Metallteilen berichtet etwa Uwe Stäglin (SPD), Baustadtrat in Steglitz-Zehlendorf.

Auch Architekt Andreas Kopp sagt, ohne Improvisation könne man an der Montessori-Grundschule derzeit schwer im Zeit- und Budgetplan bleiben. „Wir haben zum Beispiel an der Fassade gespart“, sagt Kopp. Der Neubau bekommt also kein Klinkerkleid wie das Hauptgebäude, sondern wird nur verputzt. Auch auf ihren Kletterraum müssen die Schüler noch etwas warten: „Zurzeit sind einfach keine Seile zu bekommen“, sagt der Architekt.

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