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Die Inspekteure müssen jetzt warten.

© Getty Images/The Image Bank RF

Fünf Jahre Stillstand bei der Schulinspektionen: Berlins Bildungspolitik reagiert zu spät auf klare Expertenansagen

Schulinspektionen sollen künftig dort ansetzen, wo es am dringendsten ist. Dafür hat Berlin fünf Jahre gebraucht. Dass so viel Zeit verloren gegangen ist, bleibt ein Armutszeugnis.

Susanne Vieth-Entus
Ein Kommentar von Susanne Vieth-Entus

Stand:

Die CDU-geführte Berliner Bildungsverwaltung hat entschieden, die Millionenausgaben für die Schulinspektionen nicht mehr mit der Gießkanne zu verteilen, sondern nur noch die Schulen in den Blick zu nehmen, die es tatsächlich nötig haben.

Was ebenso naheliegend wie logisch klingt, wurde bisher allerdings noch nicht offiziell vom Senat bestätigt, sondern wabert wie üblich nur durch die Gänge der Behörde und der Schulen. Andeutungsweise soll die große Neuigkeit „in den nächsten Wochen“ im Rahmen einer großen „Qualitätsstrategie“ verkündet werden.

Das klingt komisch, ist aber so. Nicht komisch, sondern einfach nur peinlich ist hingegen der Umstand, dass ein großer Thinktank mit den besten deutschen Bildungsspezialisten genau dies, nämlich die Konzentration der Schulinspekteure auf das Wesentliche, schon vor ziemlich genau fünf Jahren empfohlen hatte.

Der damaligen Expertenkommission, dem besagten Thinktank, war vorausgegangen, dass Berlin einfach nicht aus dem tiefen Tal der miserablen Schülerleistungen herauskam. Daher hatte die damalige SPD-Senatorin Sandra Scheeres die Expertise in Auftrag gegeben.

Ein hochkarätiger Thinktank, dessen Rat versickerte

Doch anstatt die sehr rasch überreichten und öffentlich vorgestellten wertvollen Empfehlungen ruckzuck umzusetzen, nahm sich Berlin fünf Jahre Zeit, um über diese und andere Empfehlungen nachzudenken. Und das, obwohl Deutschlands anderer großer Stadtstaat, nämlich Hamburg, längst vorgemacht hatte, wie man mit wissenschaftsbasierten Schulreformen Erfolg haben kann.

Das Berliner Zögern ist vor allem deshalb unverzeihlich, weil sich die Wissenschaftler und Praktiker, die der Expertenkommission angehörten, ganz gezielt um die größten Baustellen der Stadt in Kita und Schule gekümmert hatten. Denn auch die Berliner Kitas bleiben noch immer weit unter ihren Möglichkeiten bei der Förderung der Kinder, die es doch so bitter nötig hätten, in den Krippen, bei den Tagesmüttern und in den Kindergärten das Maximum an Sprache und anderen Grundfertigkeiten vermittelt zu bekommen.

Auch bei den Kitas also nimmt sich Berlin alle Zeit der Welt für die Umsteuerung, obwohl hier die Grundlage für einen besseren Schulbeginn gelegt werden müsste.

Während es sich aber bei der Neuausrichtung der über 2000 Berliner Kindertagesstätten um ein wirklich extrem dickes Brett handelt, wäre die rasche Umstellung der Schulinspektion hin zu einer Feuerwehr für wirklich schwere Fälle vergleichsweise einfach gewesen.

Corona und Neuwahlen reichen nicht als Entschuldigung

Ja, es gab Corona. Ja, es gab die unplanmäßige Neuwahl. Beides wirkte sich zu Recht bremsend auf die Reformvorhaben aus. Aber Pardon wird dennoch nicht gegeben, denn der besagte Thinktank von 2020 hatte nicht nur plausible Empfehlungen hinterlassen, sondern auch einen fulminanten Beirat. Dieser Beirat stand die ganze Zeit bereit, um die drei seither im Amt befindlichen Bildungssenatorinnen bei der Umsetzung der Empfehlungen zu beraten. Alle drei haben diese Expertise zu wenig genutzt.

Nun also: Zurück zum Anfang. Die Schulinspektionen sollen sich auf jene Schulen konzentrieren, die es am nötigsten haben. Zu Recht fordert SPD-Bildungsexpertin Maja Lasić, dass die Inspekteure nicht erst dann gerufen werden dürfen, wenn eine Schule „kurz vor dem Kollaps steht“.

Wenn es dabei bleibt, dass Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) dieses Ziel auf die Agenda ihrer verbleibenden elf Monate im Amt setzt, bleibt nur zu hoffen, dass es nicht wieder fünf Jahre dauert, bis die nächste Arbeitsgruppe entschieden hat, nach welchen Kriterien die zu inspizierenden Schulen ausgesucht werden. Berlin hat keine Zeit. Schon lange nicht mehr.

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