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Bälle werden hin- und hergeworfen. Das Demokratielabor ist ein spielerischer Lernort für Demokratiebildung.

© Dustin Ueckert/Gesicht Zeigen

Klassensprecher-Losen und Spiele spielen : Mit dem mobilen Demokratielabor unterwegs

Mit Bällen und Lostopf – an einer Berliner Schule wird Demokratie außerhalb des Klassenraums trainiert. Im mobilen Demokratielabor lernen Schüler auf spielerische Weise, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben.

Zur laufenden Musik wandern die Schüler kreuz und quer durch den Raum. Jeder von ihnen hat einen Ball in der Hand – gelb oder grün. Die Bälle werden beliebig getauscht. Dann stoppt die Musik. Nur noch zwei Schüler haben gelbe Bälle in der Hand, der Rest grüne. Die Zwei mit den gelben Bällen dürfen sich nun einen Befehl aussuchen, den die restlichen Schüler befolgen müssen. Wie fühlt es sich an, in der Minderheit oder Mehrheit zu sein? Die Macht zu haben?

Das Spiel „Wer ist am Ball“ wird in der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule in Moabit gespielt. Hier ist die erste Version des „Mobilen Demokratielabors“ in einem Raum der Schule aufgestellt – ein Modellprojekt von Gesicht Zeigen!. Der Berliner Verein leistet seit über 15 Jahren Bildungsarbeit gegen Rassismus, rechte Gewalt und fördert die Vermittlung demokratischer Werte.

„Unter Demokratie verstehen wir mehr als nur Bundestag und Wahlen“, erklärt Projektleiterin Larissa Mogk. „Es geht um zwischenmenschliche Beziehungen“. Um Demokratie an junge Schüler zu vermitteln, ist das Konzept interaktiv und spielerisch gestaltet und bietet eine Abwechslung zum gewöhnlichen Unterricht im Klassenraum. Schüler sollen lernen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen.

Demokratie ist fachübergreifend

Nicht nur in Fächern wie Politik und Geschichte könne man im Demokratielabor an die jeweiligen Unterrichtsinhalte anknüpfen. Das Demokratietraining lasse sich genauso mit den Fächern Kunst, Mathe oder Sport verbinden. So könne man das Ball-Spiel im Sportunterricht mit mehr Schnelligkeit verbinden. „In keinem Schulbereich ist Demokratie fachfremd. Demokratie ist eine fachübergreifende Aufgabe“, sagt Mogk.

In keinem Schulbereich ist Demokratie fachfremd. Demokratie ist eine fachübergreifende Aufgabe

Larissa Mogk, Projektleiterin des mobilen Demokratielabors

Ein Lehrer der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule habe das Demokratietraining mit seiner neunten und zehnten Klasse ausprobiert. „Mir fiel es leichter, das Training mit dem Deutsch- und nicht wie zuvor erwartet mit dem Politikunterricht zu verbinden“, sagt er.

Im Deutschunterricht lese die Klasse momentan „Die Welle“ – ein Roman von Morton Rhue, in dem ein Geschichtslehrer ein Experiment startet, um seinen Schülern zu zeigen, wie eine Diktatur entsteht. Machtspiele, bei denen ein zufällig ausgewählter Schüler plötzlich Regeln aufstellen kann, knüpften gut an das Buch an, meint der Lehrer.

Klassensprecher werden aus dem Lostopf gezogen

„Plötzlich wird einer der Schüler zum Klassensprecher gelost“, erklärt der Lehrer der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule. Mit seinen Schülern spielte er das Spiel „Du hast die Wahl“ – ebenfalls Teil des Mobilen Demokratielabors. Aus einem großen Lostopf wird ein Schülername gezogen. Dieser Schüler wird daraufhin zum Klassensprecher.

Zunächst habe das Spiel die Schüler verwirrt, sagt der Politik- und Deutschlehrer. Daraus sei jedoch eine spannende Diskussion entstanden. Darüber, warum demokratische Wahlen wichtig sind oder worauf es beim Bestimmen ankommt. „Es ist interessant, den Aha-Effekt bei den Schülern mitzubekommen“, sagt er. „Nach kurzer Zeit betrachten sie das Thema auf einer größeren Ebene“.

Schule soll einen Rahmen schaffen, in dem Schüler mitbestimmen können.

Larissa Mogk, Projektleiterin des mobilen Demokratielabors

Ziel des Projekts sei es, für eine langfristige Veränderung in Schulen zu sorgen. „Schule soll einen Rahmen schaffen, in dem Schüler mitbestimmen können“, sagt Mogk. Gesicht Zeigen! versuche dabei mit dem mobilen Demokratielabor vor allem in Schulen zu gehen, in denen Schüler kein demokratisches Zuhause haben.

Bundesweit ist das Demokratielabor aktuell an drei weiteren Schulen im Einsatz. Spiele sowie Raumelemente des Labors sind „mobil“ und somit in jedem Raum einsetzbar. Nach einführender Fortbildung von Gesicht Zeigen! könne das Projekt von alleine in den Schulen weiterlaufen.

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