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"Kurze Beine, kurze Wege", lautet die Regel für Schulanfänger. Wenn Schulraum fehlt, werden die Wege länger.

© dpa/p-a/Thomas Warnack

Schulraummangel in Berlin-Mahlsdorf: Die Schulbaudefensive

In Mahlsdorf sollten Räume für 300 Grundschüler entstehen. Dann machte der Senat einen Rückzieher. Jetzt ist die Aufregung groß.

Momentan wird viel hin- und hergemailt zwischen der Bildungsverwaltung und dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf: Der Bezirk hofft auf ein Einlenken des Senats im Streit um einen Modulen Ergänzungsbau (MEB) für eine Grundschule in der Elsenstraße, mit der die Raumnot in Mahlsdorf behoben werden sollte.

Die Behörde von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte ihren Parteifreund Gordon Lemm in doppelter Hinsicht düpiert: Sie verweigerte nicht nur unverhofft den bereits zugesagten MEB, sondern kommunizierte dies nicht einmal: Der Bezirk erfuhr davon eher beiläufig durch die Antwort der Bildungsbehörde auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Mario Czaja. Dort war zu lesen, dass der rasch zu errichtende MEB für 300 Schüler wegfallen und stattdessen ein erst noch zu planender Grundschulbau entstehen sollte, was eine jahrelange Verzögerung bedeuten würde.

Das Bezirksamt, also nicht nur Lemm, sondern auch Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke), hatten darauf, wie berichtet, ungewöhnlich scharf reagiert: „Wir fühlen uns hier vom Senat im Stich gelassen“, beschrieb Lemm seine Sicht der Dinge: Angesichts des Schülerwachstums könnten weder Eltern noch Kinder warten, bis die ganze Grundschule fertig sei.

Wurden überflüssige Gutachten verlangt?

Die Begründung des Landes verärgerte den Bezirk besonders: Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) führte den hohen Zeitverzug durch aufwendige Prüfungen zu Geruchsbelästigungen und Gefahrstoffen an – die der Senat aber selbst verlangt hatte. In der Nähe des Grundstücks befindet sich eine Sortieranlage des Entsorgers Alba für Leichtverpackungen. Im Ergebnis sei alles unbedenklich gewesen, wie der Bezirk in einer langen Pressemitteilung darlegte. Die Befunde seien dem Land Ende Februar übergeben worden. „Monatelange Recherchen, Klärungen und Anfragen, um die zusätzlich vom Senat aufgemachten Anforderungen zu erfüllen, und dann streicht der Senat einfach den dringend benötigten Ergänzungsbau, wovon wir über die Antwort auf eine Kleine Anfrage erfahren“, machte Stadtrat Lemm seinem Ärger Luft. „Da bereits eine Kita und Schule in unmittelbarer Nähe des Standortes angesiedelt sind und auch dort Alba bereits seit sehr langer Zeit existiert, war es absehbar, dass beide Prüfungen ohne Ergebnis ausfallen werden, und es stellt sich die Frage, ob diese Prüfungen und langen Verzögerungen wirklich notwendig waren.“

Das Land soll sich "an seine Zusagen halten"

Die Forderung des Bezirks ans Land lautet daher, „dass es sich an seine Zusagen hält und den MEB so schnell wie möglich umsetzt“. Auch Pohle nahm das Land in die Pflicht: „Wir sind hier gemeinsam im Wort, insofern gehe ich davon aus, dass die Senatsverwaltung für Bildung ihre Absage eines MEB am Standort Elsenstraße korrigiert und sie, wie bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beauftragt, auch bauen lässt,“ wird Pohle in der Pressemitteilung des Bezirks zitiert.

Czaja, der die Angelegenheit ins Rollen gebracht hatte, sprach in seinem Newsletter von einem „eindrucksvollen Angriff“ Pohles und Lemms auf den Senat. Er hoffe, die Auseinandersetzung bewirke am Ende doch noch etwas Gutes.

Das aber steht noch nicht fest: Auf entsprechende Nachfragen des Tagesspiegels vom Donnerstag antwortete die Bildungsverwaltung bis zum Montag nicht. Und das, obwohl Scheeres anlässlich eines anderen Richtfestes in Mahlsdorf Ende Februar „noch einmal Gesprächsbereitschaft signalisiert“ habe, wie Pohle und Lemm berichten. Unbeantwortet blieben auch die Fragen, warum die Bildungsbehörde überhaupt auf ein offenbar überflüssiges Gutachten beharrte und warum sie den Bezirk nicht selbst davon unterrichtete, dass der MEB nicht gebaut wird, sodass Lemm erst über Czajas Anfrage davon erfuhr. Am Dienstag will Scheeres’ Behörde Antworten liefern und dabei wohl auch die Bedenken zerstreuen, dass die viel gepriesene Schulbauoffensive punktuell in die Defensive gerät.

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