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Berlin: Sehr zügig

Nach dreimonatiger Sperrung fährt die U-Bahn-Linie 5 zwischen Alexanderplatz und Frankfurter Allee wieder. Nächstes Jahr wird weitergebaut

An den Eingängen ist immer noch DDR. Aber davon abgesehen ist die U5 seit gestern wohl die schönste Möglichkeit, vom Alex in den Berliner Osten zu kommen. Nach drei Monaten Sperrung wurde der Abschnitt zwischen Alexanderplatz und Frankfurter Allee freigegeben. Statt mit dem Schienenersatzverkehr fährt man jetzt auf neuen Gleisen unter der Karl-Marx-Allee entlang. Allerdings wurden die geplanten Aufzüge weggelassen.

Auf der U-Bahn-Säule vor dem Hotel am Alexanderplatz ist das „U5“-Schild am Montagmittag noch immer zugeklebt, aber ein zufällig anwesender BVGer weist mit gewohntem Charme (treppab zeigender Daumen plus Ansage: „Zwischengeschoss!“) den Weg. Der Bahnhof mit seinem separaten Hier-nur-Ankunft!-Bahnsteig ist wie gehabt ein Kleinod für Pfadfinder; auch sonst hat sich wenig verändert. Die mintgrünen Stahlpfeiler sind ebenso geblieben wie die bauchigen Deckenleuchten. Mussten sie auch, denn der Bahnhof steht unter Denkmalschutz. Die neuen Wandfliesen wurden fast originalgetreu nachgebrannt. Der neue Boden wurde allerdings nicht fertig – der halbe Bahnsteig ist noch gesperrt. Hinter dem Zaun rotieren Bauleute und Betonmischer, während sich davor die Fahrgäste drängen.

Mit hörbarem Geraspel geht es um die einzige Kurve der Tour zur Schillingstraße. Dort ist fast alles neu – von den lachsfarbenen Wandplatten über eine von jugendlichen Häftlingen geschnitzte Holzfigurengruppe auf dem Bahnsteig bis zum zweiten Ausgang, der allerdings mitten auf dem markierten Radweg errichtet wurde. Ein Rentner schlendert die Treppe hinab, betrachtet interessiert den großen Wasserfleck an der neuen Decke und die zugehörige Kalkablagerung auf dem Boden. Trotzdem ist der Mann, der seit 1975 in der Nähe wohnt und damit als U5-Kenner gelten darf, begeistert: „Die Farben sind hell, freundlich, erstklassig.“ Er hatte sich aufs Schlimmste gefasst gemacht, weil ihm drei Monate Bauzeit sehr knapp erschienen. Um so erstaunter ist er jetzt.

Nächster Bahnhof: Strausberger Platz. Hellgrün mit grau, auch die Uralt-Waage auf dem Bahnsteig wurde mit angepinselt. Die Wandfliesen sind auch hier durch große Platten ersetzt worden. Aus emailliertem Stahl sei die Wandverkleidung, ließ die BVG wissen und sprach von einer „zukunftsweisenden“, weil schnellen und billigen Bauweise. Immerhin sei man mit knapp 18 Millionen Euro rund 15 Prozent unter dem veranschlagten Budget geblieben. Eine Frau auf dem Weg nach oben sieht prompt, wo gespart wurde: Der Ausgang sieht heruntergekommen aus wie eh und je. „Wat is’ nu’ hier?“, fragt sie. „Wird das noch gemacht?“ Es ist geplant – später.

An der Weberwiese geben Gelb, Weiß und Beige dem Bahnhof eine freundliche Note – wenn man nicht zu genau hinschaut, denn oben ist wieder alles beim Alten – hier und da liegt das nackte Mauerwerk frei.

Am ganz in Blau gehaltenen Frankfurter Tor sagt die Kiosk-Verkäuferin: „Schön hier, aber es stinkt nach Farbe.“ Sie hat während der drei Monate in einem anderen Laden gearbeitet; jetzt genießt sie die vergleichsweise schöne Aussicht. Vorher sei der Bahnhof zwar „auch irgendwie hellblau gewesen, aber eigentlich war das gar keine Farbe mehr“. Auch ihre Kunden seien begeistert.

An der Samariterstraße sind sie eher verwundert: „Hier is’ nüscht neu!“, sagt ein Halbwüchsiger zu seinem Kumpel. Ein bisschen Farbe und neue Bänke – mehr war wegen des Denkmalschutzes nicht zu machen. Der Rest ist so geblieben wie seit der Eröffnung 1930. Nur dass viele Fliesen inzwischen gerissen sind. Das sieht trist aus im Vergleich zu den neu gemachten Stationen. Aber es ist eine Pracht, wenn man aus der anderen Richtung kommt: An der Frankfurter Allee wirkt alles grauschwarz. Hier wird erst ab Sommer 2004 geklotzt: Dann kommt der Abschnitt bis zum Bahnhof Tierpark dran.

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