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Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung und Bauen, auf dem Landesparteitag der Berliner SPD in Berlin.

© Imago / Foto: Ipon/Stefan Boness

Update

Senator Geisel lehnt Rücktritt erneut ab: Landeswahlleiter bereitet sich auf Wahlwiederholung in Berlin vor

Trotz Kritik will Geisel nicht zurücktreten. Der künftige Landeswahlleiter will zügig mit den Vorbereitungen für eine Wahlwiederholung beginnen. Bundespräsident Steinmeier hat sich zurückhaltend geäußert.

| Update:

Berlins Bausenator Andreas Geisel hat trotz massiver Kritik des Berliner Verfassungsgerichtes an den vielen Wahlpannen am 26. September 2021 Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Angesichts entsprechender Forderungen der Opposition hat er am Nachmittag nochmals unterstrichen, dass er wegen der Wahlpannen vor einem Jahr nicht an einen Rücktritt denke.

In einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung verwies der SPD-Politiker darauf, dass er als Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen viel zu tun habe. „Ich bin fest entschlossen, mich weiterhin dieser Verantwortung zu stellen und die zahlreichen Aufgaben zur Verbesserung der Wohn- und Mietensituation für die Menschen in unserer Stadt erfolgreich fortzuführen.“

Die Wahlpannen vom 26. September 2021 dürften sich nie mehr wiederholen, so Geisel weiter. „In meiner Funktion als Innensenator habe ich nach Bekanntwerden der gemachten Fehler umgehend Einspruch beim Verfassungsgerichtshof eingelegt und eine Expertenkommission einberufen, um sämtliche Unstimmigkeiten lückenlos zu identifizieren und daraus resultierend Handlungsempfehlungen zur Durchführung einer fehlerfreien Wahl zu geben.“

„Es ist nicht so, dass ich nicht Verantwortung spüre. Aber die Frage ist, welche Entscheidung trifft man, um die Sache besser zu machen, und ich habe mich entschlossen zu arbeiten“, sagte der damalige Innensenator am Mittwochabend bei einem Leserforum der „Berliner Morgenpost“.

Laut Wahlgesetz und Verfassung habe er nicht die Fachaufsicht, sondern die Rechtsaufsicht, sagte der SPD-Politiker. „Ich selbst war Kandidat und hätte nicht eingreifen dürfen“, betonte Geisel und fragte: „Was würde es besser machen, wenn ich zurücktrete?“

Er habe eine Aufgabe in Berlin, die darin bestehe, die Stadt weiterzuentwickeln und Wohnungen zu bauen. „Und wenn ich mich prüfe und mich frage: Hast du die Wahl organisiert, dann sage ich: Nein, du hast die Wahl nicht organisiert. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht dafür zu sorgen haben, dass das nie wieder passiert.“

Geisel war bis 2021 Innensenator und damit für das Thema Wahlen zuständig. Nach der vorläufigen Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichts müssen sich Politikerinnen und Politiker in der Hauptstadt auf eine komplette Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus einstellen.

Die vielen Wahlpannen waren aus Sicht des Gerichts mandatsrelevant - sie hatten demnach Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate. Das Gericht hat nun drei Monate Zeit für ein Urteil.

FDP-Fraktion fordert Regierungserklärung von Giffey

Derweil fordert die FDP-Fraktion von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) eine Regierungserklärung. „Ihre SPD trägt die alleinige Verantwortung für dieses Desaster - doch die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Parteivorsitzende schweigt“, kritisierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja am Donnerstag. Giffey müsse darlegen, welche Konsequenzen sie ziehen wolle und einordnen, wie es nun weitergehe.

Stephan Bröchler, neuer Landeswahlleiter Berlin, steht im Roten Rathaus für ein Porträt.
Stephan Bröchler, neuer Landeswahlleiter Berlin, steht im Roten Rathaus für ein Porträt.

© picture alliance/dpa

Neuer Landeswahlleiter bereitet sich auf Wahlwiederholung vor

Berlins künftiger Landeswahlleiter Stephan Bröchler will angesichts einer drohenden Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus zügig mit den Vorbereitungen dafür beginnen. „Wir beginnen nicht von Null“, sagte Bröchler dem RBB. „Ich bin noch gar nicht im Amt - aber mittendrin“, sagte Bröchler, der sein Amt am 1. Oktober antritt. So sei er seit etwa drei Wochen beratend tätig für die eingesetzte Arbeitsgruppe Wahlen.

Zuvor gehörte der Verwaltungswissenschaftler einer Expertenkommission an, die der Senat eingesetzt hatte, um die Pannen bei der Wahl im September 2021 aufzuarbeiten.

Deren Empfehlungen seien eine gute Grundlage für die anstehende Arbeit. „Das ist für uns eine große Chance, dass das, was wir herausgefunden haben, in die Praxis umgesetzt wird“, sagte Bröchler dem Sender am Mittwochabend. Die Kommission hatte in ihrem im Juli vorgelegten Abschlussbericht etliche Defizite bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen im Zusammenspiel zwischen Senat, Landeswahlleitung und Bezirksebene kritisiert. Eine Konsequenz daraus ist die Schaffung eines Landeswahlamtes.

Die frühere Landeswahlleiterin Petra Michaelis war nach den zahlreichen Wahlpannen zurückgetreten. Ihre Stellvertreterin Ulrike Rockmann hatte das Amt als ihre Stellvertreterin vorübergehend übernommen.

Linke stellt Planungen auf komplette Wahlwiederholung um

Auch die Linke bereitet sich auf eine komplette Wiederholung der Wahl ein. Die Partei justiert ihre Wahlkampfvorbereitungen neu. „Die bisher in Szenarien laufenden Planungen werden wir nun auf eine komplette Wiederholungswahl fokussieren“, sagte Landesgeschäftsführer Sebastian Koch am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

„Wir entwickeln mit unserer Kommunikationsagentur eine Kampagne und stellen die entsprechenden finanziellen Mittel bereit. Zudem werden wir unsere Organisation und Landesgeschäftsstelle in den nächsten Wochen auf Wahlkampf umstellen“, schilderte Koch. „Wir sind bereit zu starten, sobald ein Wahltermin bekannt gegeben ist.“

Ein Problem dürfte für die Linke wie auch für alle anderen Parteien die Finanzierung eines weiteren Wahlkampfes sein. „Ein Wahlkampf außer der Reihe ist immer eine finanzielle Belastung“, sagte Koch. „In der Regel wird die Wahlkampfkasse zwischen den Wahlen aufgefüllt. Wir werden den Wahlkampf aber durch einen Griff in unsere Rücklagen stemmen können.“

In der Vergangenheit habe die Linke für Berliner Wahlkämpfe zwischen 800.000 und eine Million Euro ausgegeben, ergänzte Koch. „Für eine Wiederholungswahl in kurzer Frist kann es auch weniger werden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich zurückhaltend zu einer möglichen Wiederholung der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus geäußert. „Es wäre überhaupt nicht klug, das zu kommentieren, bevor das Verfassungsgericht Gelegenheit hatte, eine abschließende Entscheidung zu fällen“, sagte das Staatsoberhaupt am Donnerstag nach einem Besuch der Brandenburger Landesgartenschau in Beelitz auf die Frage eines dpa-Reporters. „Ich kenne natürlich die Vorberichterstattung aus den Berliner Zeitungen, aber ich glaube es ist gut, wenn wir die abschließende Entscheidung abwarten.“ (dpa)

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