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„Sie haben das Chaos angerichtet“: Verbände wollen E-Scooter-Anbieter in Berlin für Abstellflächen zahlen lassen
Alle hundert Meter steht in Berlin ein E-Scooter im Weg, zeigt eine neue Studie. Doch an neuen Abstellstationen spart der Senat. Verbände fordern, die Betreiber zur Kasse zu bitten.
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Wegen der anhaltenden Probleme mit falsch abgestellten E-Scootern in Berlin fordern der Fußgängerverband FUSS e.V. und der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin (ABSV) mehr verpflichtende Abstellflächen für die Fahrzeuge, die zudem künftig von den Anbietern selbst finanziert werden sollen.
„Sie haben das Chaos angerichtet und machen Geschäfte auf öffentlichem Grund“, sagte Roland Stimpel, Vorsitzender von FUSS e.V. Bislang allerdings würden die Anbieter nur für den Teil ihrer Flotte, der innerhalb des S-Bahnrings unterwegs ist, monatlich drei Euro an Sondernutzungsgebühren je Roller zahlen. Für Fahrzeuge außerhalb davon fallen keine Gebühren an.
Stationen auf Staatskosten sind so, als würde ein Gastronom für sein Straßencafé nicht nur ein Stück Gehweg fordern, sondern auch Tische, Stühle und Biergläser.
Roland Stimpel, Vorsitzender von FUSS e.V. zur Gebührensituation bei E-Scootern
Insgesamt seien dadurch im vergangenen Jahr 700.000 Euro gezahlt worden. Zu wenig, um den Aufbau neuer Abstellflächen zu finanzieren, deren Kosten bislang das Land trägt, resümierte Stimpel: „Stationen auf Staatskosten sind so, als würde ein Gastronom für sein Straßencafé nicht nur ein Stück Gehweg fordern, sondern auch Tische, Stühle und Biergläser auf Staatskosten.“
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Die Anbieter sollten daher die Wahl haben. Entweder sie errichten selbst für 20 Prozent der Fahrzeuge, die sie betreiben, feste Stationen, oder sie sollten einen Teil ihrer Flotte stilllegen, forderte der Fußgänger-Vertreter.
Wie wichtig und wirksam die Stationen sind, zeigt eine neue Untersuchung der beiden Verbände. Demnach stehe im Durchschnitt in Berlin etwa alle hundert Meter ein störend abgestellter E-Scooter auf dem Gehweg herum.
Noch deutlich höher ist die Quote im untersuchten Gebiet um die Hauptstraße in Schöneberg. 72 Prozent aller Roller ständen dort im Weg. Anders in der historischen Mitte Berlins: Seit dort flächendeckend verpflichtende Abstellstationen eingerichtet wurden, sank der Anteil falsch positionierter E-Scooter auf nur noch 14 Prozent, so die Studie.
Paris und Madrid haben E-Scooter verboten
Allerdings hat der Senat die Mittel für den Ausbau des Stationsnetzes im kommenden Jahr aus Spargründen weitgehend gestrichen. Das E-Scooter-Chaos droht also bestehen zu bleiben.
„Die aktuelle Situation ist untragbar“, sagte Thomas Hiby, Geschäftsführer des ABSV. Blinde und sehbehinderte Menschen hätten das Recht, sich sicher und selbstständig im öffentlichen Raum bewegen zu können. „Die Stadt muss endlich handeln und wirksame Maßnahmen ergreifen.“
Andernorts seien bereits drastische Maßnahmen ergriffen worden, erklärte er. Nur ein Jahr nach Paris habe auch Madrid beschlossen, den E-Scooter-Verleih zu verbieten. Auch deutsche Städte wie Gelsenkirchen und Oranienburg zögen nach. Die Entscheidungen seien auch von den Verwaltungsgerichten bestätigt worden.
Dass Berlin diesem Beispiel nicht folgt, kann Roland Stimpel nicht nachvollziehen. „Es stellt mich vor ein Rätsel, dass die letzten drei Verkehrssenatorinnen eine unpopuläre Politik verfolgt haben. Millionen Menschen werden gestört, um 60.000 E-Scooter-Fahrer zu privilegieren.“ Die neue Senatorin Ute Bonde, ergänzte Stimpel, habe nun die Chance, es anders zu machen.
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