zum Hauptinhalt
Kürbiszüchter Oliver Grafe neben seinem etwa 876 Kilogramm schweren Kürbis der Sorte Atlantic Giant.

© dpa/Patrick Pleul

So entsteht ein XXL-Kürbis: Ein Brandenburger Gemüsezüchter jagt die 1000-Kilogramm-Marke

Heizkabel im Boden, Kerzen im Tunnel: Oliver Grafe züchtet XXL-Kürbisse. Für die erstmals geplante Indoor-Kürbisregatta in Fürstenwalde sind seine Riesen aber zu groß.

Von Anja Sokolow

Stand:

Ein Meer aus Blättern, dazwischen zwei riesige, orangefarbene Hügel: Kürbisse, vor der Sonne geschützt durch Schirme und Tücher. Im 220 Quadratmeter großen Gewächshaus von Oliver Grafe dreht sich alles um ein Ziel: die 1000-Kilogramm knacken.

Der Kürbiszüchter aus Großthiemig (Elbe-Elster) ist bereits Brandenburg-Meister. Vor zwei Jahren verfehlte er mit 989,5 Kilogramm nur knapp die magische Marke. „Das hat wehgetan“, erinnert er sich. Mit dem Gewicht hält er den Brandenburg-Rekord.

Der Guinness-Weltrekord-Halter ist der US-Amerikaner Travis Gienger mit 1247 Kilogramm. Er hat eigenen Angaben zufolge 30 Jahre auf diesen Erfolg hingearbeitet. Oliver Grafe begann vor zehn Jahren. „Ich habe bei Facebook Riesenkürbisse gesehen und dachte mir: Das kann ich auch“, erzählt er.

Neue Hoffnung für die Wiegemeisterschaft in Klaistow

Bei der nächsten Wiegemeisterschaft am 28. September in Klaistow will Grafe erneut den Brandenburg-Titel holen. Die Chancen, die 1000-Kilo-Marke zu knacken, stehen dieses Jahr jedoch etwas schlechter. Sein größtes Exemplar bringt etwa 876 Kilogramm auf die Waage. Höhe und Umfang misst Grafe regelmäßig und schätzt das Gewicht mithilfe einer Tabelle. „Man hofft immer, dass sie am Ende schwerer sind als gemessen“, sagt der Kürbis-König aus Brandenburg.

1247
Kilogramm schwer ist der Kürbis von Guinness-Weltrekord-Halter Travis Gienger

Bis zum Wiegen müssen die Riesenfrüchte gut geschützt werden. „Es kann noch alles passieren – sie könnten platzen oder einfach zerfallen“, sagt der 38-Jährige.

Seit Monaten dreht sich bei ihm alles um zwei Exemplare der Sorte „Atlantic Giant“. „Am 22. April habe ich zwei kräftige Pflanzen in die Erde gesetzt“, berichtet Grafe. Ein Folientunnel mit Kerzen schützte die Jungpflanzen im Frühjahr vor Kälte. Zusätzlich sorgt ein Heizkabel im Boden für Wärme.

Tägliche Pflege und teures Saatgut

Täglich verbringt Grafe zwei bis drei Stunden im Gewächshaus, das direkt hinter seinem Arbeitsplatz – einer Speditionsfirma – und Wohnung liegt. Die Blüten bestäubt er per Hand, um unerwünschte Kreuzungen zu vermeiden. Die Kürbiskerne verkauft er später als Saatgut. Etwa 20 bis 50 Euro pro Stück seien nicht ungewöhnlich. „In den USA bieten Züchter bei Auktionen sogar bis zu 1000 Dollar für einen Kürbiskern“, erzählt er.

Damit die Pflanzen möglichst viele Nährstoffe aufnehmen, bedeckt Grafe alle Ranken mit Erde, sodass sich zusätzliche Wurzeln bilden. Überzählige Seitentriebe entfernt er regelmäßig, gedüngt wird mit Blattdünger per Sprühnebel und Flüssigdünger über Bewässerungsschläuche. Bereits im Herbst zuvor hat er zwei Tonnen Mist in den Boden eingearbeitet. „Es dauert, bis die Nährstoffe verfügbar sind“, erklärt er.

Kürbiszüchter Oliver Grafe neben seinem etwa 876 Kilogramm schweren Kürbis der Sorte Atlantic Giant.

© dpa/Patrick Pleul

Auch gegen Schädlinge und Krankheiten muss gespritzt werden. Und Wasser brauchen die Pflanzen reichlich: 150 Liter pro Tag und Pflanze. Ventilatoren sorgen dafür, dass die Stiele direkt an der Frucht trocken bleiben – damit sie nicht faulen.

Freizeit bleibt da kaum. Sommerurlaub ist für den Vater von drei Kindern nicht drin. Warum nimmt er all das auf sich?

„Es ist faszinierend, wie so eine Frucht in 90 Tagen wächst“, sagt Grafe. Auch der Austausch mit anderen Züchtern begeistert ihn. Der Weltverband „The Great Pumpkin Commonwealth“ (GPC) bietet zusätzliche Anreize – etwa Jacken und Aufnäher für besondere Leistungen.

Regeln und Standards für Riesengemüse

Ziel des GPC ist es, das Hobby des Riesengemüse-Anbaus zu fördern. Die Organisation legt Standards für Qualität, faire Wettbewerbe und die Anerkennung von Leistungen fest. Auch die Wiegemeisterschaft am 28. September in Klaistow folgt den GPC-Richtlinien.

Moderator und Wiegemeister ist Oliver Langheim aus Fürstenwalde, selbst ehemaliger Riesenkürbis-Züchter. „Kürbis-Olli“, wie er sich nennt, hat für dieses Jahr eine neue Idee: „Am 18. Oktober findet in Fürstenwalde die erste Indoor-Kürbisregatta statt. Dafür suchen wir noch Teams“, erzählt er.

Einen eigenen Kürbis braucht man nicht – vorbereitet werden Exemplare mit einem Gewicht von etwa 350 bis 450 Kilogramm. Die Zweierteams müssen jeweils 50 Meter zurücklegen – aufgeteilt in je 25 Meter pro Paddler. Austragungsort ist das Freizeitbad Schwapp in Fürstenwalde.

Zu groß für die Regatta – aber beliebt bei Zoo und Fest

Die Kürbisse von Oliver Grafe kommen dafür nicht infrage – sie sind zu groß. Meist werden sie bei Kürbis-Schlachtefesten an Interessierte verteilt. „Einen habe ich auch mal ins Elefantengehege des Dresdner Zoos gebracht“, erzählt Grafe und zeigt ein Video davon, wie der Elefant zunächst mit einem Stoßzahn in den Kürbis sticht. „Danach hat er sich mit einem Bein draufgestellt und den Kürbis dann gefressen“, so Grafe.

Der gelernte Koch isst Kürbis übrigens selbst gar nicht. „So große Kürbisse sind längst nicht so aromatisch wie ein Butternut“, sagt er. Auch „Kürbis-Olli“ ist kein Liebhaber des Gemüses in gekochter Form.

Nach der Wiegemeisterschaft in Klaistow plant Oliver Grafe eine Pause von mindestens zwei Jahren einzulegen. „Der Boden muss sich erholen und es soll auch mehr Zeit für die Familie bleiben“, sagt er. Sein Kollege Oliver Langheim konzentriert sich inzwischen auf Zierkürbisse und sein neues Projekt, die Paddel-Meisterschaft. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })