
© Elisabeth Binder
Sommerfest im Künstlerhof: Juristinnen setzen in Berlin auf Frauenpower
Beim Sommerfest des Deutschen Juristinnenbundes blickte Ursula Raue auf die Anfänge der Berliner Sektion zurück. Jutta Allmendinger widmete sich den künftigen Aufgaben.
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Kämpferisches zur Gleichstellung, Nachdenkliches zur Geschichte und ganz viel Austausch zu aktuellen Rechtsproblemen: Berlins Juristinnen feierten am Donnerstagabend erstmals ihr Sommerfest am neuen Veranstaltungsort.
Georgia von Wettern, die Vorsitzende des Berliner Landesverbandes im Deutschen Juristinnenbund (djb), bat für den Blick auf die Wurzeln im lauschigen Künstlerhof Alt-Lietzow 12 in Charlottenburg Ehrenpräsidentin Ursula Raue auf die Bühne. Sie hatte vor 41 Jahren mit 13 Mitstreiterinnen begonnen, den Berliner Landesverband aufzubauen.
Es sei eine gute Erfahrung gewesen zu erleben, wie kontrovers und gleichzeitig zugewandt Frauen miteinander umgehen. Bis heute werde der Zusammenschluss gelobt, weil er gerade auch für junge Frauen attraktiv sei. Aus Ursula Raues Sicht gibt es dafür eine ganz einfache Erklärung: „Hier wird gute Arbeit geleistet.“
Anlass für die Gründung des Landesverbandes war 1983 ein Juristinnen-Treffen in West-Berlin, für das es natürlich auch ein touristisches Programm zu gestalten galt. Gar nicht so einfach sei das gewesen mit zwei kleinen Kindern, sagte sie später am Rande. Immerhin lernte sie bei der Vorbereitung der Busrundfahrt, dass es einen ganzen Generalszug durch Berlin gibt: Straßennamenspaten wie Clay, Yorck, Gneisenau waren alle Generäle.
Seit seiner Gründung 1948 in Dortmund setzt sich der Juristinnenbund für Geschlechtergerechtigkeit ein. Vorkämpferinnen wie die verstorbene frühere Senatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit waren dort engagiert. In den 50er Jahren etwa ging es darum, dass Beamtinnen nach ihrer Heirat nicht mehr aus dem Dienst entlassen wurden. Später setzten sich die Frauen dafür ein, dass Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde, was seit 1997 gilt. Aktuell bestimmen Themen wie reproduktive Gerechtigkeit, digitale Gewalt und Diskriminierungsabbau in Unternehmen die Diskussionen.
Hilfe für Juristinnen aus der früheren DDR
Noch bis zum Fall der Mauer galten die Berliner im Bundesverband etwas abgeschlagen, als „die da aus dem Osten“, erinnert sich Ursula Raue. Mit der Wende kam auch der Aufstieg des Landesverbandes. Tätige Hilfe für die Kolleginnen in der früheren DDR, die mit dem neuen System erst vertraut werden mussten, gaben der Arbeit zusätzlichen Sinn.
Besonders begrüßt wurden Generalstaatsanwältin Margarete Koppers und Ex-Senatorin Heide Pfarr, die im Juli im Roten Rathaus mit dem Frauenpreis ausgezeichnet wird. Heute ist der Berliner Landesverband mit 1400 Mitgliedern und unterschiedlichen Berufen der größte bundesweit.
Likör und Speiseeis
Für Brigitte Arndt, die neben dem Künstlerhof auch einen „Essbaren Garten“ betreibt, war es eine gute Gelegenheit, die Juristinnen mit der sinnlichen Geschichte ihres neuen Treffpunkts vertraut zu machen. 1888 ließ dort ein Pferdefutterhändler eine Weißbierbrauerei errichten. Später kamen eine Wäscherei hinzu, ein Trickfilmatelier und eine Speiseeisproduktion. Nach dem Krieg entstand unter dem Werbemotto „Bärenliköre schaffen eine Bärenstimmung“ eine Spirituosenfabrik. Dann kamen Filmschaffende, Musiker und nun die Juristinnen in das offenbar inspirierende Haus.
Dass es für diese noch viel zu tun gibt in Sachen Gleichstellung, erklärte Festrednerin Jutta Allmendinger anschaulich, temperamentvoll und unter manchmal übersehenen Aspekten. Da ging es unter anderem um die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz für Männer, die den Namen ihrer Frau annehmen. Wobei den Unmut eher die Frauen abbekämen, weil sie den Männern ihren Namen „überstülpen“.
Auch das Thema Dating wurde nach ihren Ausführungen bereits unter Gleichstellungsgesichtspunkten erforscht. Danach bekamen Frauen in Männerberufen weniger Herzen als solche, die in den oft geringer bezahlten Frauenberufen arbeiten. Und umgekehrt ergab sich bei den Männern das gleiche Bild.

© Jacintha Nolte
Ungerechtigkeiten beim Einkommen, bei der Care-Arbeit, in Steuersachen wie dem Ehegattensplitting scheinen selbst auf längere Sicht nicht zufriedenstellend lösbar zu sein. Optimistisch stimmte dagegen die sommerfrohe Versammlung aus tatkräftigen, einsatzbereiten und vertrauenswürdigen Frauen.
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