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Senatorinnen Felor Badenberg (Justizverwaltung, CDU) und Ina Czyborra (Gesundheit, SPD).

© IMAGO/KreativMedia Berlin / Marten Ronneburg

Sparkurs in Berlin erhöht den Druck : „Will der Senat den Kollaps des Maßregelvollzugs?“

Ärzte und Richter sind alarmiert, weil sich die Zustände in der Spezialklinik für Straftäter trotz aller Proteste nicht verbessern. Nun streicht der Senat Geld für die Sanierung.

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Die gefährliche Lage im Berliner Maßregelvollzug könnte sich noch zuspitzen. Das fürchten Ärzte, Richter und die Opposition. Am Montag wird Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) im Abgeordnetenhaus befragt. Denn wegen des schwarz-roten Sparkurses soll die Sanierung des Krankenhauses des Maßregelvollzugs (KMV) in Reinickendorf deutlich kleiner ausfallen als angekündigt: Von fünf Millionen Euro bleiben 1,7 Millionen Euro übrig.

Damit wird sich der Platzmangel kaum beheben lassen. Die Personalnot hält ohnehin an, immer wieder griffen Insassen zuletzt Bedienstete an. In den Maßregelvollzug werden Verurteilte eingewiesen, die wegen psychischer Leiden oder einer Sucht als nur eingeschränkt schuldfähig galten.

Wir können unseren Auftrag nur erfüllen, wenn das Krankenhaus des Maßregelvollzugs ausreichend ausgestattet wird

Richterrat am Landgericht Berlin I

Der Richterrat am Landgericht Berlin I schreibt an Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU), der gesetzgeberische Auftrag lasse sich nur erfüllen, „wenn das Krankenhaus des Maßregelvollzugs für seine Aufgaben ausreichend ausgestattet wird. Es steht zu befürchten, dass angeordnete Unterbringungen in Zukunft wegen mangelnder Aufnahmekapazitäten nicht vollzogen werden oder Fortdauerentscheidungen trotz bestehender Gefährlichkeit für die Allgemeinheit aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht erfolgen dürfen.“

Erst im April hatte der Krankenhaus-Vollzugsleiter Sven Reiners aus Protest gekündigt. Er wünsche sich, schrieb der Chefarzt, dass „die Gesundheitsverwaltung endlich ihrer Verantwortung nachkommt und ihr langjähriges Organisationsverschulden am KMV, dessen rechtsstaatliche Aufarbeitung sie offenbar nicht befürchtet, sofort beendet“.

Damals kündigte Senatschef Kai Wegner (CDU) an, die „unerträgliche Situation“ zu verbessern. Berlins Ärztekammer-Präsident Peter Bobbert sagte nun: „Sollte tatsächlich auch noch an der Sanierung des Maßregelvollzugs gespart werden, wäre das ein glatter Wortbruch des Senats. Will die Landesregierung den Kollaps dieses Krankenhauses tatsächlich hinnehmen?“

Zuletzt zählte das Krankenhaus 620 stationäre Insassen. Behördlich sind 549 Plätze vorgesehen. Trotz Extra-Zulagen für KMV-Pflegekräfte sind viele Stellen unbesetzt. Wegen des Platzmangels kamen im vergangenen Jahr 21 verurteilte Straftäter zunächst auf freien Fuß.

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