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Am Grab von Orazio Giamblanco: Lebenspartnerin Angelica Stavropolou und ihre Tochter Efthimia Berdes. 

© Frank Jansen

Spenden für Opfer rechter Gewalt: Tagesspiegel-Leser unterstützen Hinterbliebene von Orazio Giamblanco mit 20.000 Euro

Bis heute leiden die Hinterbliebenen des Italieners, der 1996 nach dem brutalen Angriff eines Neonazis in Brandenburg zum Pflegefall wurde. Auch nach Giamblancos Tod braucht seine Familie weiter Unterstützung.

Von Frank Jansen

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Die Hilfsbereitschaft vieler Leserinnen und Leser des Tagesspiegels bleibt auch nach dem Tod von Orazio Giamblanco (1941-2024), einem schwer behinderten Opfer rechter Gewalt, überwältigend. Bei der Spendenaktion für Giamblancos Lebenspartnerin Angelica Stavropolou und ihre Tochter Efthimia Berdes sind bislang 20.444 Euro eingegangen. Der Tagesspiegel hatte am 1. Advent über das Schicksal der Frauen berichtet. Stavropolou und Berdes haben fast 28 Jahre lang Giamblanco gepflegt, bis zur völligen Erschöpfung. Ihr Leben ist ruiniert.

Ein Skinhead hatte Giamblanco im September 1996 in der brandenburgischen Kleinstadt Trebbin eine Baseballkeule gegen den Kopf geschlagen. Der Italiener überlebte die Attacke nur knapp und litt bis zu seinem Tod im Mai 2024 in Bielefeld unter spastischer Lähmung, Sprachstörungen, Depressionen und weiteren Beschwerden. Ohne die stetige Hilfe der griechischen Lebenspartnerin und ihrer Tochter wäre Giamblanco früher gestorben, sagen Ärzte und Physiotherapeuten. Der Italiener wurde 83 Jahre alt.

Auf diesem Foto aus dem Jahr 2023 sind Orazio, seine Lebenspartnerin Angelica Stavropolou und ihre Tochter Efthimia Berdes (links) zu sehen.

© Frank Jansen/TSP

Die Frauen zahlen für ihren Einsatz einen hohen Preis. Beide erkrankten an Depressionen, die zierliche Stavropolou pflegte auch mit hohem Blutdruck Giamblanco weiter. „Ich bin Schrott“, sagte die 73-Jährige, als der Tagesspiegel im November die Frauen in Bielefeld besuchte. Seit 1997 berichtet der Tagesspiegel über den Fall Giamblanco; die jährlichen Reportagen sind als Langzeitstudie zu den humanitären Folgen rechter Gewalt angelegt. Seit der Wiedervereinigung haben Rechtsextremisten mehr als 10.000 Menschen körperlich geschädigt und etwa 200 getötet. Wie es Verletzten und Angehörigen nach der Tat geht, ist kaum bekannt.  

Stavropolou hat seit der Tat 1996 nicht mehr gearbeitet, ihre Rente ist schmal. Berdes, heute 50 Jahre alt, opferte ihren Lebenstraum, eine Familie zu gründen, der Hilfe bei der Pflege für Orazio. „Ich habe mich für meine Mutter entschieden“, sagt sie. Partner von Berdes sprangen ab, weil die Griechin oft Freizeit für die Pflege aufgab. Um Geld zu sparen, zog Berdes nach Giamblancos Tod in die Wohnung der Mutter. Die Frauen sind nun noch enger beieinander.

Der Tagesspiegel setzt mit dem Potsdamer Verein Opferperspektive und der Stadt Trebbin die Spendenaktion fort. Trebbins Bürgermeister Ronny Haase (parteilos) war im November mit nach Bielefeld gefahren und versprach den beiden Frauen, sie nicht im Stich zu lassen.

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